Hoang Anh Nguyen Massenproduktion von nachhaltigem Beton mit KI

Hoang Anh Nguyen ist Head of Communications und Sustainable Construction von Alcemy, dem Berliner Start-up für eine klimafreundliche und dekarbonisierte Beton- und Zementindustrie. Er verantwortet die Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit Baunternehmen und der Immobilienwirtschaft. Zuvor war er als Digitalisierungs- und Innovationsverantwortlicher des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, dem Spitzenverband der Bau- und Immobilienwirtschaft unter anderem für die Vernetzung von etablierten Immobilienunternehmen und der Startup-Szene zuständig..

Bild: Alcemy
23.10.2023

Satte 38 Prozent der CO2-Emissionen weltweit entstehen alleine in dem Bau- und Gebäudesektor. Dabei entfallen allein auf das wichtigste Baumaterial acht Prozent der globalen und immer noch zwei Prozent der deutschen Treibhausgase. Künstliche Intelligenz kann hier einen großen Unterschied bewirken, um den CO2-Fußabdruck der Baubranche zu reduzieren und eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.

Die Beton- und Zementindustrie steht vor einem großen Nachhaltigkeitsproblem. Wie Bill Gates betonte, ist die Reduzierung der Umweltauswirkungen in diesem Sektor eine der größten Herausforderungen bei der weltweiten Dekarbonisierung. Allein in Deutschland sind Zement und Beton für zwei Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Weltweit sind es sogar acht Prozent. Um unsere Klimaziele zu erreichen und eine klimaneutrale Wirtschaft zu realisieren, müssen dringend Maßnahmen zur CO2-Reduktion ergriffen werden.

Stellen Sie sich vor, es gäbe Zement- und Transportbetonwerke, die automatisiert, effizienter und digitaler produzieren könnten. Dabei kann der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning hilfreich sein. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wird die Massenproduktion von nachhaltigem Beton durch Qualitätsüberwachung, Rezepturoptimierung, Prozessverbesserung und effizientes Materialmanagement ermöglicht. So wird ein gleichmäßiger und qualitativ hochwertiger Beton hergestellt, der Zementanteil reduziert, der Energieverbrauch gesenkt und Ressourcen werden effizienter genutzt. Auf diese Weise wird die CO2-Bilanz verbessert und ein großer Beitrag auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Bauindustrie geleistet.

In unserem Machine-Learning-System werden Daten aus der Anlagensteuerung von Zement- und Transportbetonwerken genutzt, um Vorhersagen über die Betonqualität zu treffen. So kann die Qualitätsentwicklung während der Produktion überwacht und bedarfsgerecht eingegriffen werden, um sicherzustellen, dass der Beton die gewünschten Eigenschaften aufweist. Dadurch werden Qualitätsschwankungen reduziert und die Effizienz der Produktion erhöht. Das betrifft aber nicht nur die Produktion im Werk, sondern auch den Transport des Betons zur Baustelle. Wir haben Sensoren entwickelt, die die Qualität des Betons während des Transports überwachen und den Fahrer in Echtzeit informieren.

Das Ziel ist es, die Qualität des Betons so zu gewährleisten, dass er direkt für die Verwendung auf der Baustelle geeignet ist. Neben dem Kampf gegen den CO2-Ausstoß sehen wir uns in der Betonbranche mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. Der immense Verbrauch von primären Ressourcen, wie zum Beispiel Sand und Kies, stellt ein großes Problem dar. Derzeit werden große Mengen dieser Ressourcen aus Baggerseen und anderen Quellen für die Verwendung in Beton gewonnen. Hier ist die zweite und größte Herausforderung: Nachhaltiger werden, durch den Einsatz von Sekundärrohstoffen. Künstliche Intelligenz kann auch in diesem Bereich eine Hilfe sein.

Es muss kein Wunschtraum bleiben, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in der Zement- und Betonindustrie zu verbinden. Wir verfügen über neue, spannende und intelligente Technologien, die wir dafür einsetzen können - von der Qualitätsüberwachung über Rezepturoptimierung bis hin zum effizienten Ressourcenmanagement. Das zeigt sich auch an unserem Beispiel-Projekt: dem Amazon-Tower in Berlin. Bei diesem Bauvorhaben haben wir mit dem Projektentwickler Edge, dem Bauunternehmen, dem Zementwerk Berlin und einem Zusatzmittelhersteller zusammengearbeitet, um unseren nachhaltigen Beton einzusetzen. Der verwendete Beton war mit einem CO2-Fußabdruck von nur 130 kg pro Kubikmeter im Vergleich zu über 300 kg bei herkömmlichem Beton äußerst nachhaltig. Außerdem enthielt er nur 28 Prozent Klinker und verwendete CO2-freie Ersatzstoffe. Das Projekt war ein wichtiger Meilenstein für uns und hat bestätigt, dass dieser nachhaltige Beton auch unter anspruchsvollen Bedingungen erfolgreich eingesetzt werden kann.

Langfristig wollen wir, gemeinsam mit unseren Kunden, bis 2030 jährlich 100 Millionen t CO2-Emissionen einsparen. So können wir nicht nur die Bauwirtschaft bei ihrer Transformation unterstützen, sondern gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten.

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