Heutige Computer speichern Informationen auf magnetischen Festplatten, wodurch Dateien auch dann sicher sind, wenn das Gerät ausgeschaltet ist. Um Programme auszuführen und Informationen zu verarbeiten, sind Computer jedoch auf Strom angewiesen. Jede Berechnung erfordert einen Informationsaustausch zwischen dem elektrischen und dem magnetischen System. Dieser Hin- und Her-Transfer ist ein wesentlicher Engpass für die Geschwindigkeit moderner Computer.
Geräte, die magnetische Komponenten direkt in die Rechenlogik integrieren, würden diese Einschränkung beseitigen und Computern eine schnellere und effizientere Arbeitsweise ermöglichen. Eine neue theoretische Studie unter der Leitung von Ingenieuren der University of Delaware (UD) zeigt, dass Magnonen, eine Art magnetischer Spinwellen, nachweisbare elektrische Signale erzeugen können. Die Ergebnisse, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, zeigen mögliche Wege zur Steuerung und Manipulation von Magnonen mit elektrischen Feldern auf und weisen einen Weg zur Integration elektrischer und magnetischer Komponenten, um Computertechnologien der nächsten Generation zu ermöglichen.
Die Arbeit wurde im Rahmen des Center for Hybrid, Active and Responsive Materials (Charm) der UD durchgeführt, einem von der National Science Foundation finanzierten Forschungszentrum für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen.
Wie magnetische Wellen Informationen übertragen
Magnetismus entsteht durch Elektronen, winzige Teilchen, die um den Kern eines Atoms kreisen. Jedes Elektron hat eine Eigenschaft namens Spin, die nach oben oder unten zeigen kann. In einem normalen ferromagnetischen Eisen zeigen alle Spins in die gleiche Richtung und erzeugen so ein Magnetfeld.
„Stellen Sie sich vor, all diese Spins wären durch eine Feder miteinander verbunden. Wenn ich einen Spin ablenke, ist das so, als würde ich an der Feder ziehen. Der nächste Spin wird abgelenkt, dann der nächste und der nächste“, erklärt Matthew Doty, Seniorautor und Professor am Fachbereich Materialwissenschaft und Werkstofftechnik der UD. „Man kann sich das wie eine Spiralfeder vorstellen: Wenn man sie dehnt und dann ruckartig zusammenzieht, breitet sich eine Welle entlang der Spirale aus. Ein Magno ist genau das: eine Welle.“
In heutigen Computerchips fließen geladene Elektronen durch Drähte, erzeugen Widerstand und verlieren dabei viel Energie in Form von Wärme. Da Magnonen Informationen über die Ausrichtung der Spins übertragen, ohne elektrische Ladungen zu bewegen, stoßen sie nicht auf Widerstand und verschwenden weit weniger Energie.
Die neue Studie konzentrierte sich auf antiferromagnetische Materialien, in denen sich die Spins abwechselnd nach oben und unten ausrichten. Diese Materialien sind für Computeranwendungen interessant, da sich Magnonen in Antiferromagneten mit Terahertz-Frequenzen ausbreiten können, also etwa tausendmal schneller als Magnonen in Ferromagneten. Da jedoch der Gesamtspin in antiferromagnetischen Materialien null ist, sind antiferromagnetische Magnonen extrem schwer zu erkennen und zu manipulieren.
Ein Weg zur Detektion und Manipulation von Magnonen
Der Charm-Postdoktorand D. Quang To und seine Kollegen untersuchten mithilfe von Computersimulationen, wie sich Magnonen in antiferromagnetischen Materialien verhalten. Zu ihrer Überraschung ergaben die Berechnungen, dass die Bewegung von Magnonen elektrische Signale erzeugen kann.
„Die Ergebnisse lassen vermuten, dass wir Magnonen durch Messung der von ihnen erzeugten elektrischen Polarisation nachweisen können“, so Doty. „Noch spannender ist die Möglichkeit, dass wir externe elektrische Felder, darunter auch Lichtfelder, nutzen könnten, um die Bewegung von Magnonen zu steuern. Zukünftige Geräte, die herkömmliche Drähte durch Magnonenkanäle ersetzen, könnten Informationen viel schneller und mit viel weniger Energieverlust übertragen.“
Forschung zum Bahndrehimpuls
Das Team begann mit der Analyse dessen, was passiert, wenn eine Seite eines Materials heißer ist als die andere, wodurch Magnonen von der heißen zur kalten Seite fließen. Insbesondere wollten sie die Auswirkungen des Bahndrehimpulses von Magnonen verstehen, einer kreisförmigen Bewegung der magnetischen Wellen, die sich von ihrer Vorwärtsbewegung unterscheidet.
„Wir haben ein mathematisches Modell entwickelt, um zu verstehen, wie der Bahndrehimpuls zum Magnontransport beiträgt“, sagte To, der Erstautor der Studie. „Wir haben entdeckt, dass die Wechselwirkung des Bahndrehimpulses der Magnonen mit den Atomen im Material eine elektrische Polarisation erzeugt.“ Mit anderen Worten: Sich bewegende antiferromagnetische Magnonen können eine messbare Spannung erzeugen. „Unser Rahmen bietet ein leistungsstarkes Werkzeug, mit dem die Forschungsgemeinschaft das Verhalten von Magnonen vorhersagen und manipulieren kann“, sagte To.
Das UD-Team hat mit Experimenten begonnen, um die vorhergesagten Effekte zu überprüfen. Es plant außerdem zu untersuchen, wie Magnonen mit Licht interagieren, um festzustellen, ob der Bahndrehimpuls von Licht zur Steuerung des Transports oder der Detektion von Magnonen genutzt werden kann.