Werkstoffe für die „Erste Wand“

Auf dem Weg zum Fusionskraftwerk

Forschende von KIT und Partnern testen neu entwickelte Hochtemperatur- und strahlenresistente Werkstoffe für die „Erste Wand“ zukünftiger Fusionskraftwerke unter realitätsnahen Bedingungen.

Bild: iStock, Kiryl Pro motion
18.11.2025

Hitzefest, strahlenresistent und industriell produzierbar: Die „erste Wand“ künftiger Fusionskraftwerke muss extremen Reaktorbedingungen standhalten. KIT und Partner entwickeln dafür mit einer Förderung von 11 Millionen Euro neue Materialien und Prozesse.

Einen Stern auf der Erde zünden – mit Kernfusion soll das möglich werden, weshalb Fusionskraftwerke als der große Hoffnungsträger für saubere und nahezu unerschöpfliche Energieproduktion gelten. „Eine der größten technologischen Herausforderungen für zukünftige Kraftwerke ist dabei die ‚Erste Wand‘. Sie schirmt das heiße Plasma ab und muss enormen Temperaturen und Neutronenstrahlung standhalten“, erklärt Dr. Carsten Bonnekoh vom Institut für Angewandte Materialien (IAM). Im Verbundprojekt Dinerwa (steht für: Demonstration der industriellen Fertigung einer neutronenresistenten Ersten-Wand mit maximierter Betriebsdauer) entwickeln die Beteiligten aus Wissenschaft und Industrie dafür Werkstoffe und Fertigungstechnologien. Außerdem wollen sie Testkomponenten praktisch fertigen und unter kraftwerksähnlichen Bedingungen untersuchen.

Werkstoffe für extreme Belastung

Im Fokus des Projekts steht vor allem die Entwicklung von widerstandsfähigen Struktur- und Funktionswerkstoffen. Diese sollen den hohen Temperaturen und Neutronenbelastungen im Reaktorinneren möglichst lange standhalten, um Kosten für die Wartung der „Ersten Wand“ und den daraus folgenden Wartungsstillstand im Kraftwerk zu minimieren. Neben neuen Legierungen auf ODS-Basis – also oxid-dispersionsverfestigten Stählen und Kupferwerkstoffen – untersuchen die Projektbeteiligten auch nanostrukturiertes Wolfram und Hochentropie-Legierungen. Ergänzend entstehen Füge- und Fertigungsverfahren, mit denen sich diese Materialien zuverlässig zu komplexen Modulen verbinden lassen. „So wollen wir eine deutlich verlängerte Lebensdauer der ‚Ersten Wand‘ erreichen, ihre industrielle Fertigung gewährleisten und einen wichtigen Schritt hin zur Wirtschaftlichkeit industrieller Fusionskraftwerke gehen“, sagt Professor Wolfgang Theobald, leitender Wissenschaftler beim Laserfusionsunternehmen Focused Energy und Projektleiter von Dinerwa.

Wissenschaftlich begleitet wird diese Werkstoffentwicklung am KIT. Die Forschenden am IAM entwickeln und charakterisieren die neuen ODS-Stähle und -Kupferlegierungen, Partner übertragen die Laborergebnisse dann in größere Produktionschargen und fertigen daraus Testkomponenten. Diese werden anschließend am Hochwärmeflussteststand Heloka (Helium-Kreislauf Karlsruhe) am KIT unter Bedingungen geprüft, wie sie auch in einem Fusionskraftwerk herrschen würden. „Wir wollen zeigen, dass sich die Materialien nicht nur im Labor bewähren, sondern auch unter realen Belastungen stabil bleiben“, so Bonnekoh, der die Arbeiten am KIT leitet. „Damit schaffen wir die Grundlage, um die heute noch experimentellen Materialien in künftigen Kraftwerkskomponenten tatsächlich einsetzen zu können.“

Bildergalerie

  • Im Forschungsprojekt Dinerwa arbeitet das KIT gemeinsam mit dem koordinierenden Laserfusionsunternehmen Focused Energy und weiteren Partnern an Technologien für zukünftige Fusionskraftwerke.

    Im Forschungsprojekt Dinerwa arbeitet das KIT gemeinsam mit dem koordinierenden Laserfusionsunternehmen Focused Energy und weiteren Partnern an Technologien für zukünftige Fusionskraftwerke.

    Bild: Amadeus Bramsiepe, KIT

  • Mit der Forschungsinfrastruktur Hel
oka (Helium-Kreislauf Karlsruhe) werden am KIT
Komponenten für Fusionskraftwerke geprüft.

    Mit der Forschungsinfrastruktur Hel

    oka (Helium-Kreislauf Karlsruhe) werden am KIT
    Komponenten für Fusionskraftwerke geprüft.

    Bild: Amadeus Bramsiepe, KIT

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