Industrielle Photokatalyse für klimafreundliche Verfahren

Licht als Energiequelle: Der Weg zur grüneren Chemieproduktion

Ein gerührter Schlaufenphotoreaktor mit eingebauten statischen Mischern.

Bild: Elvira Eberhardt, Uni Ulm
10.12.2025

Wenn Reaktoren leuchten: Im EU-Projekt PROSPER untersuchen die Universität Ulm und internationale Partner, wie sich photokatalytische Prozesse auf den Industriemaßstab übertragen lassen. Das Ziel besteht darin, eine emissionsärmere Chemieproduktion zu ermöglichen, die durch ein digitales Handbuch für Photoreaktoren unterstützt wird.

Global betrachtet ist die chemische Industrie für etwa fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Besonders hohe Treibhausgasemissionen entstehen bei der Herstellung von Grundstoffen wie Ethylen, Benzol oder Ammoniak. „Die Treibhausgas-neutrale Produktion chemischer Produkte braucht viel Energie. Eine Möglichkeit zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Produktion ist die Erzeugung von Licht zur Herstellung von Chemikalien. Doch es ist noch immer eine große Herausforderung, photokatalytische Prozesse auf Industriemaßstab zu skalieren“, erklärt Prof. Dirk Ziegenbalg vom Institut für Chemieingenieurwesen der Universität Ulm.

Emissionen in der Chemie spürbar senken

Bei der Photokatalyse wird die Energie des Lichts für chemische Prozesse genutzt, um energieintensive Reaktionen bei „milderen“ Reaktionsbedingungen – also ohne großen Druck oder hohe Temperaturen – durchzuführen. Auf diesem Weg kann grüner Strom für die Herstellung genutzt und fossile Energien ersetzt werden. „Photochemische Reaktionen zeichnen sich dadurch aus, dass durch das Licht andere Reaktionspfade zugänglich werden.

Das heißt: Moleküle, für die ansonsten mehrere Reaktionen notwendig wären, können in einer einzigen Reaktion hergestellt werden“, erläutert der Chemieingenieur. Bei photokatalytischen Reaktionen kann zudem auf Zusatzstoffe wie Oxidationsmittel verzichtet werden, wodurch weniger Nebenprodukte und Abfall entstehen. Aus diesem Grund sind sie häufig nachhaltiger als konventionelle, thermische Reaktionen.

Wie Photokatalyse endlich industrie­tauglich wird

Um die Forschung zur industriellen Skalierung photokatalytischer Prozesse voranzutreiben, fördert die EU ein länderübergreifendes, interdisziplinäres Doktorandennetzwerk als sogenannte Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme mit 2,3 Millionen Euro. Zehn internationale Partner, darunter sechs renommierte Forschungseinrichtungen und Universitätsinstitute sowie vier Unternehmen aus den Bereichen Chemie und Verfahrenstechnik, bringen dafür ihre Expertise ein. Bei der digitalen Auftaktveranstaltung trafen sich Forschende, Industriepartner und zukünftige Doktorandinnen und Doktoranden zum offiziellen Projektstart. „Unser Konsortium ist ein europäisches Zukunftslabor für die Etablierung und Skalierung nachhaltiger Verfahren für die Chemieindustrie“, sagt Ziegenbalg, der das Projekt von Ulm aus koordiniert.

Die wissenschaftlichen Ziele von PROSPER sind ambitioniert: Das internationale Verbundprojekt will die Photochemie aus dem Labor herausführen und in die industrielle Anwendung bringen. Dazu sollen standardisierte Messmethoden entwickelt werden, um Photonenströme und Strahlungsfelder einheitlich zu erfassen. Außerdem soll erforscht werden, wie Wärme und Stoffe im Photoreaktor transportiert werden müssen, da dies entscheidend für dessen Leistungsfähigkeit ist. Gleichzeitig soll untersucht werden, wie sich photokatalytische Reaktionsschritte besser steuern und gezielt kontrollieren lassen. Schließlich benötigt die Industrie klare Richtlinien für den sicheren Dauerbetrieb der Anlagen.

Forschungsteam für saubere Chemie

Das Besondere an PROSPER: Die insgesamt acht Doktorandinnen und Doktoranden müssen zur wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Fragen Grundlagenforschung und Anwendung verbinden. „Es ist großartig, dass man als Doktorandin an echten Industrieproblemen arbeiten kann“, findet Shiva Amanipour. Die jungen Forschenden sollen verstehen lernen, was es bedeutet, wenn Photoreaktoren nicht nur für Versuche im Labormaßstab, sondern für die Produktion von Chemikalien im Tonnenmaßstab genutzt werden. Denn damit sind enorme chemische und verfahrenstechnische Herausforderungen verbunden.

„Mit PROSPER wollen wir Know-How schaffen, das es braucht, um Photoreaktoren überall zuverlässig und sicher einsetzen zu können. All das Wissen wird in ein ‚digitales Handbuch‘ einfließen, das Richtlinien, Konstruktionsprinzipien und Leistungskriterien zusammenführt, um in Zukunft die Entwicklung neuer Reaktoren im industriellen Maßstab deutlich zu beschleunigen“, so Dirk Ziegenbalg.

Beteiligte Einrichtungen und Partner:

Das internationale Verbundprojekt PROSPER wird als Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme von der Europäischen Union mit 2,3 Millionen Euro gefördert. Koordiniert wird es von der Universität Ulm. Beteiligte Universitäten und Forschungseinrichtungen sind das National Institute of Chemistry (Blaž Likozar, Slowenien), die Katholische Universität Leuven (Simon Kuhn, Tom Van Gerven, Belgien), das Institut National Polytechnique De Toulouse (Karine Loubière, Frankreich) sowie die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Partnerunternehmen sind Ajinmoto OmniChem NV (Bert Metten, Belgium), Corning SAS (Mengxue ZHANG, France), Evonik Industries und die Peschl Ultraviolet (Alexander Peschl, Germany).

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel