Smarte Marktkommunikation Interoperable Cloud-Lösung

„IT-Systeme müssen dadurch ebenso angepasst werden wie Prozesse“, sagt Dr. Horst Wolter, bei Arvato Systems Produktmanager für die Arvato Energy Plattform (AEP) und Spezialist für die Prozesse des Energiemarkts.

Bild: iStock, Madrolly
07.06.2021

Je weiter Energiewende und Digitalisierung voranschreiten, desto wichtiger wird die Automatisierung der Marktkommunikation (MaKo). Wenn immer mehr Player in immer komplexeren Prozessen immer mehr Daten austauschen, sind Zuverlässigkeit, Performance und Flexibilität unabdingbar. Mit einer Cloud-basierten MaKo-Lösung will ein Anbieter die Energiebranche für die Zukunft wappnen.

Ohne sauberes Zusammenwirken keine funktionierende Stromversorgung. Während im Netz Erzeugung und Verbrauch im Gleichgewicht sein müssen, damit Frequenz und Spannung jederzeit stimmen, ist aus logistisch-kaufmännischer Sicht eine korrekte Marktkommunikation als Taktgeber unverzichtbar. Ein funktionierender EDIFACT- Datenaustausch ist für Energieerzeuger, Händler, Lieferanten, Netzbetreiber und Messstellenbetreiber Voraussetzung, typische Geschäftsprozesse wie Stammdatenänderung, Lieferantenwechsel, Zählerstandübermittlung oder Netznutzungsabrechnung automatisiert durchzuführen.

Herausforderung MaKo-Regeln

2006 im Zuge des Unbundlings eingeführt, haben sich die Kommunikationsprozesse zum Standard entwickelt. Im Halbjahresrhythmus durchzuführende Weiterentwicklungen sorgen in Softwarehäusern und bei den Marktakteuren jedoch immer wieder für Stress: Im Zuge der Einführung der neuen MaKo 2020 zum 1. Dezember 2019 wurde die Marktkommunikation stark diskutiert. Seitdem gibt es eine Verantwortungsteilung zwischen Verteilnetzbetreiber und Messstellenbetreiber und letztendlich die sternförmige Verteilung der Messwerte an alle übrigen Marktteilnehmer. Die Branche hat die neuen Prozesse zwar inzwischen großenteils verinnerlicht, doch durch Energiewende und Digitalisierung verändert sich der Energiemarkt rasant. „Immer mehr Marktteilnehmer sind miteinander vernetzt, und der Kommunikationsbedarf steigt“, weiß Andreas Pöhner, Geschäftsführer von Next Level Integration, ein Unternehmen der Arvato Systems Group. „Nicht nur die Anzahl der Transaktionen nimmt stetig zu, auch fachlich werden die Prozesse immer komplexer und damit aufwändiger in der Handhabung.“

Für Dr. Horst Wolter, bei Arvato Systems Produktmanager für die Arvato Energy Plattform (AEP) und Spezialist für die Prozesse des Energiemarkts, stellt die MaKo 2020 einen der größten Einschnitte in die Prozesslandschaft der Energieversorger dar. „IT-Systeme müssen dadurch ebenso angepasst werden wie Prozesse. Trotz klarer Regelungen entsteht immer wieder Interpretationsspielraum, der in der Praxis zu Dateninkonsistenzen führt und aufwändige bilaterale Klärungen erfordert. Einschlägiges Know-how aufzubauen und die Systeme up-to-date zu halten wird für die Unternehmen immer mehr zur Belastung. Parallel steigt der Kostendruck im Markt. Außerdem stehen mit dem Redispatch 2.0 sowie der Einbindung von Energiespeichern und Elektroladesäulen weitere Aufgaben vor der Tür, die ebenfalls die Marktkommunikation betreffen.“

MaKo als Basisfunktionalität

Diese vielfältigen Herausforderungen mit einer On-Premises-basierten MaKo-Software zu lösen, wird mehr als schwierig, glaubt Pöhner. „Die Marktkommunikation sollte zukünftig eine Basisfunktionalität sein, die einfach, verlässlich und automatisiert im Hintergrund läuft, damit sich die Energieversorger auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können. Deshalb bieten wir die Marktkommunikation jetzt als systemunabhängige Cloud-Lösung an. Dabei verbinden wir die technische mit der fachlichen Marktkommunikation, um die Prozesse durchgängig unterstützen und monitoren zu können.“

Die AEP MaKo Cloud – so ihr Name – wird in der Azure-Plattform von Microsoft gehostet. Lösungstechnisch basiert sie auf „B2B by Practice“, der im Energiemarkt etablierten Marktkommunikationslösung von Netz Level Integration. Die AEP MaKo Cloud ist eine Querschnittsfunktion, die über das Connectivity Framework der AEP verknüpft wird mit den fachlichen Funktionen der Arvato Energy Plattform: Billing-Engine, Gateway-Administration, Messdatenmanagement und andere. „Diese Konvergenz ist unser Alleinstellungsmerkmal und zahlt auf den Markttrend ein, dass technische Marktkommunikation und fachliche Prozesse immer enger zusammenwachsen und schlussendlich Hand in Hand gehen werden“, erläutert Pöhner.

Vorteile durch Auslagern

Für Anwender aller Marktrollen bringt das Auslagern der Marktkommunikation in die Cloud mehrere Vorteile mit sich. „Viele Stadtwerke und andere Player im Markt empfinden die nicht unmittelbar wertschöpfende Marktkommunikation als überaus lästige Pflicht“, erläutert Wolter. „Das liegt vor allem an der halbjährlichen Aktualisierung der Formate und Regeln und der damit verbundenen Notwendigkeit, ständig neue Software-Releases aufspielen zu müssen. Mit einer On-Premises-Lösung hat dies für die Unternehmen jedes Mal einen kaum kalkulierbaren Installations- und Testaufwand zur Folge. Läuft die Marktkommunikation jedoch in der Cloud und wird zentral administriert, hat der Anwender praktisch keine Last mehr mit diesen Dingen. Sein Aufwand schrumpft auf ein Minimum, und er kann seine Ressourcen im Tagesgeschäft ganz für wertschöpfende Tätigkeiten einsetzen.“

„Die MaKo-Cloud kann man sich als ein Fachmodul innerhalb der Arvato Energy Plattform vorstellen, die als Framework auch zahlreiche Systemfunktionalitäten bereitstellt, etwa Mandantentrennung, Rollen- und Rechtekonzepte und Jobkonfiguration“, erläutert Pöhner. Dabei funktioniere die Marktkommunikation nicht nur mit der AEP von Arvato Systems, sondern flexibel und hochintegrativ auch in Kombination mit beliebigen Backend-Systemen und Fachmodulen anderer Systemhersteller. Ein besonderes Merkmal ist die Anwendbarkeit der Lösung als Datendrehscheibe mit Enterprise Application Integration-Funktionalität, die zusätzlich zur klassischen EDIFACT-Kommunikation bereitsteht.

Durch den Cloud-Ansatz wird auch das Onboarding für die Anwender einfacher und schneller, betont Wolter. „Zwar müssen die Systeme selbstverständlich initial sauber miteinander verknüpft werden, aber das ist für die Anwender bei weitem kein so großes Projekt mehr. Außerdem sinkt dank standardisiertem Template-Ansatz die Gefahr fehlerhafter Konfigurationen. Ebenso treten durch die Plausibilisierungsfunktionen im Tool im Tagesgeschäft weniger Inkonsistenzen und Datenschiefstände auf. So wird wiederum die Zahl der unbeliebten Klärfälle gesenkt. Und wenn Klärfälle auftreten, kann man diese mit den integrierten Monitoring- und Analysewerkzeugen stringent auflösen, ohne sich in EDIFACT auskennen zu müssen.“

Erster Kunde in der Cloud

Mit den Leipziger Stadtwerken hat Arvato Systems bereits den ersten Kunden auf die AEP MaKo Cloud migriert. Im Fokus steht zunächst die Abdeckung der Marktrollen Lieferant und Messstellenbetreiber. Darauf aufbauend werden die Funktionalitäten der AEP-Lösung myBusiness Supplier eingesetzt, die die Prozesse des Energielieferanten vollständig automatisiert. Die Erweiterung um die Prozesse für die Marktrolle Netzbetreiber ist in Planung. Uwe Fischer, Bereichsleiter Informationsmanagement der Stadtwerke Leipzig: „Mit dem Produktportfolio von Arvato Systems auf der Lieferantenseite stellen wir weitere Weichen für die Digitalisierung unseres Geschäftes.“

Der Leipziger Weg in die MaKo-Cloud beschreibt auch die Bedürfnisse der EVU-Branche insgesamt. Am größten ist der Handlungsdruck aktuell bei Lieferanten und Messstellenbetreibern. Im diesem Kontext stehen viele Versorger vor der Frage, wie sie ihre weitere IT-Strategie in Zukunft grundsätzlich gestalten.

„Viele Versorger befinden sich aktuell in einem Sondierungs- und Findungsprozess“, hat Pöhner beobachtet. „Dabei ist den meisten gar nicht bewusst, dass es Lösungen außerhalb ihrer angestammten IT-Lösungswelt gibt. Insofern glauben wir, dass unsere mit Drittsystemen einfach zu verbindende MaKo-Cloud auch vor diesem Hintergrund für die Branche eine interessante Alternative ist.“

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  • Damit die Energieversorger auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können, gibt es die Marktkommunikation jetzt als systemunabhängige Cloud-Lösung.

    Damit die Energieversorger auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können, gibt es die Marktkommunikation jetzt als systemunabhängige Cloud-Lösung.

    Bild: Arvato Systems

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