Bau und Bergbau automatisieren 5G unter rauen Bedingungen

Der Einsatz von 5G ist auch im Bau und Bergbau für die Digitalisierung und Vernetzung sinnvoll.

Bild: iStock, metamorworks
14.04.2022

Die seit Ende 2019 erforschte industrielle Anwendung der 5G-Mobilfunktechnologie soll helfen, die Digitalisierung im Bau und Bergbau voranzutreiben, die Effizienz der Arbeitsprozesse zu steigern und das Personal von monotonen und gefährlichen Arbeiten entlasten. Um die Möglichkeiten der Technologie zu erproben, werden zwei neu eingerichtete 5G-Netze genutzt: eines auf einer Referenzbaustelle in Aachen und eines in einem untertägigen Bergwerk im thüringischen Sondershausen.

5G bietet für den Bau und Bergbau neue Möglichkeiten: Arbeitsprozesse können mit teil- oder vollautonomen Maschinen und Robotern effizienter, produktiver und sicherer gestaltet, Baumaschinen aus der Ferne digital überwacht und gesteuert werden.

Die Fernsteuerung der Baumaschinen kann dann beispielsweise durch ein virtuelles dreidimensionales Abbild der Arbeitsumgebung optimiert werden, sodass ferngesteuerte Baumaschinen effizienter und sicherer genutzt werden können.

Beim Einsatz teil- oder vollständig autonomer oder ferngesteuerter Maschinen in der Bau- und Bergbauindustrie bedarf es leistungsstarker Netzwerke, die für die typischen rauen und stets wandelnden Einsatzbedingungen geeignet sein müssen. Im Projekt 5G.Namico werden verschiedene Netzwerkkonfigurationen untersucht, und Performancemessungen durchgeführt. In Bergwerken unter Tage, die oft eine weitverzweigte Wegführung besitzen, ist die kontinuierliche Positionsbestimmung von Personal und Maschinen besonders schwierig, da GPS hier nicht verfügbar ist.

5G-Netzwerktechnologie kann hier nicht nur den Datentransfer ermöglichen, sondern bringt auch das Potential zur Echtzeit-Positionsbestimmung mit. So kann die Technologie dazu beitragen, Arbeitsunfällen vorzubeugen, die auf fehlenden oder fehlerhaften Informationen eines Kommunikationsteilnehmers beruhen. Im Fall des Falles können auch Unfallopfer schneller aufgefunden und gerettet werden.

Bergbau sicherer, effizienter und nachhaltiger machen

Wurde der Einsatz der Technologie vor allem im „sauberen“ industriellen Produktionsumfeld und auf freien Arealen erprobt, finden sich im Bau und Bergbau raue und sich stets wandelnde Umgebungen: Staub, Vibrationen und Feuchtigkeit beeinträchtigen das dynamische 5G-Netz.

Damit die Kommunikation und Vernetzung von Baumaschinen und Bergbauanlagen reibungslos funktionieren kann, müssen die Technologien unter den realen Einsatzbedingungen erprobt und weiterentwickelt werden. So muss beispielsweise die Umgebung im Wirkbereich der Maschinen gründlich erfasst werden, damit die Gefährdung von Personen im unmittelbaren Umkreis ausgeschlossen werden kann. Dafür ist eine stabile und kabellose Form der Datenübertragung erforderlich, die die Signale zwischen den einzelnen Maschinen sowie auch Menschen mit geringen Latenzen übertragen kann.

Die Forschenden prüfen hier beispielsweise den Einsatz von Schlitzkabeln als Alternative zu Antennen. Diese Kabel haben kleine Schlitze, durch die Signale gesendet und empfangen werden können und lassen sich flexibel auf der Baustelle und im Bergwerk verlegen.

5G im Bau- und Bergbausektor erproben

Zusammen mit den Lehrstühlen für nachhaltige Rohstoffgewinnung (MRE) und für individualisierte Bauproduktion (IP) der RWTH Aachen sowie den Industriepartnern Construction Robotics und Nerospec SK wird das Fraunhofer IPT im Forschungsprojekt 5G.Namico in den kommenden zwei Jahren die Anforderungen und die technische Planung der beiden 5G-Netze in den Branchen Bau und Bergbau erforschen.

Als Mobilfunknetzausrüster ist das schwedische Unternehmen Ericsson in das Projekt involviert. Außerdem beteiligt sich Kabelwerk Eupen am Ausbau des Netzes. Gemeinsam untersuchen die Partner sowohl die gesamte digitale Infrastruktur als auch die Architektur der 5G-Netze und legen die erforderlichen Technologien wie Sende- und Empfangskomponenten fest. Darauf aufbauend werden die geplanten Netze installiert und die Netzparameter optimiert, um die ermittelten Anforderungen umzusetzen.

In einem letzten Schritt erproben die Partner die entworfenen und installierten 5G-Netze anhand realer Anwendungsfälle im Bergwerk und auf der Baustelle hinsichtlich ihrer Tauglichkeit. Dafür untersuchen sie einen teilautonomen und ferngesteuerten Abbau- und Rückbaubetrieb.

Das Fraunhofer IPT übernimmt im Projekt 5G.Namico die Konsortialführerschaft und bringt seine in den vergangenen Jahren gewonnene Expertise zur industriellen Nutzung von 5G ein. Bereits seit dem Jahr 2017 untersucht das Fraunhofer IPT die Nutzung von 5G in der industriellen Produktion. Im Zuge der Forschungsarbeiten haben die Aachener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen mit dem Mobilfunkausrüster Ericsson den „5G-Industry Campus Europe“ eines der weltweit ersten 5G-Forschungsnetze auf dem Campus Melaten der RWTH Aachen installiert und in Betrieb genommen.

Auf knapp einem Quadratkilometer Außen- und Innennetz erforschen die Partner seither die Anforderungen an ein 5G-Netz im Produktionskontext und zugehörige Anwendungsfälle im Bereich Sensorik, Robotik, Logistik und standortübergreifenden Produktionsketten. Die Ausweitung der Anwendung von 5G auf den untertägigen Bergbau und die Baubranche bildet also eine nahtlose Weiterentwicklung der bisherigen Forschungsaktivitäten.

Förderung

Das Projekt „5G.Namico“ wird aus den Mitteln des Landes NRW durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie mit dem Förderkennzeichen 005-2108-0111 gefördert. Die ersten Untersuchungen mit dem 5G-Netz untertage im Bergwerk Sondershausen sind ab Anfang 2023 geplant, während das 5G-Netz auf der Baustelle in der zweiten Jahreshälfte in Betrieb genommen wird.

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