Weißlicht-Polarisations-Interferometrie Faseroptische Sensoren in neuem Licht

Der Wegsensor basierend auf der WLPI-Technologie lässt sich leicht auf Anforderungen anpassen.

Bild: Althen
10.09.2017

Faseroptische Messtechnik ist kein neues Thema. Aber es gibt eine neue Technologie, die Vorteile gegenüber konventionellen faseroptischen Sensoren hat. Damit ergeben sich für viele Branchen neue Möglichkeiten, physikalische Messgrößen auch unter schwierigen Einsatzbedingungen verlässlich zu messen.

Seit einigen Jahren ist im Bereich der faseroptischen Messtechnik eine neue Technologie auf dem Markt, die Anwendern neue Möglichkeiten eröffnet. Sie basiert auf Weißlicht-Polarisations-Interferometrie (WLPI). Faseroptische Sensoren mit dieser Technik liefern präzise Messungen auch in anspruchsvollen Umgebungen. Zudem sind sie flexibel im Design und die Sensoren lassen sich somit an spezifische Einsatzanforderungen anpassen.

Generell bestehen faseroptische Messsysteme aus zwei Hauptkomponenten: dem faseroptischen Sensor und der Signalauswerteeinheit. Hinzu kommt ein Lichtwellenleiter (LWL, optische Faser), der je nach eingesetzter Technologie unterschiedliche Zwecke erfüllt. Ein faseroptischer Sensor besteht aus einem abgedichteten Gehäuse, in dem sich das optische Sensorelement befindet, das bezüglich der zu erfassenden, physikalischen Messgröße empfindlich ist. Die unterschiedlichen faseroptischen Messverfahren beruhen auf einer oder mehrerer der spezifischen Eigenschaften wie Intensität, Phase, Polarisation und Spektrum des Lichts. Dabei verändert die zu erfassende Messgröße eine oder mehrere der Eigenschaften, sodass ein verändertes Lichtsignal zurückgeworfen wird.

Faseroptische Sensoren lassen sich grundsätzlich in zwei Klassen einordnen: extrinsische und intrinsische Sensoren. Bei intrinsischen Sensoren ist der Lichtwellenleiter der Sensor. Populäre Vertreter beruhen auf der Faser-Bragg-Technologie. Die extrinsischen Sensoren hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass der empfindliche Teil von der optischen Faser entkoppelt ist. Diese dient lediglich der Übertragung des Lichtsignals zwischen Sensoreinheit und Signalauswerteelektronik. Temperatursensoren auf Basis von Galliumarsenid-Kristallen (GaAs) und auch die im Weiteren vorgestellten faseroptischen Sensoren, die auf der WLPI-Technologie beruhen, sind Vertreter der extrinsischen Sensorklasse.

Funktionsprinzip der WLPI-Technologie

Bei der WLPI-Technologie trifft die von der Lichtquelle ausgesandte Lichtstrahlung im Sensorkopf auf ein Interferometer mit einer definierten Hohlraumlänge. Diese bezeichnet den Abstand zwischen zwei Spiegeln, die teilweise reflektierend und teilweise durchlässig sind. Dadurch ergeben sich zwei Lichtsi­gnale mit unterschiedlichen Weglängen. Die Hohlraumlänge und damit wiederum die Weglänge des Lichtsignals sind eine Funktion der Messgröße. Anhand eines Drucksensors mit einer biegsamen Membran an der Sensorspitze wird deutlich, dass Druckänderungen die Durchbiegung der Membran verändern und somit die Hohlraumlänge. Die reflektierten Lichtsignale werden zurück in die Auswerteeinheit geleitet, in der sich ein weiteres Interferometer befindet. Dort kommt es an der Stelle, an der die Hohlraumlängen beider Interferometer ähnlich sind, zu örtlich begrenzten Interferenzeffekten des Lichtsignals. Das maximale Interferenzsignal ist an der Stelle zu finden, an der die Hohlraumlängen beider Interferometer identisch sind.

Die Hohlraumlänge des Auswerteinterferometers ist auf die Positionen eines CCD-Sensors abgestimmt. Dadurch können Hohlraumlängen in Nanometer einem Pixel auf dem CCD-Sensor zugeordnet werden. Um die Auflösung im Sub-Pixel-Bereich zu ermöglichen, erfolgt eine digitale Signalverarbeitung nach einem geschützten Verfahren. Die Echtzeitmessung der Position des Interferogramm-Spitzenwertes liefert eine eindeutige und präzise Messung der Hohlraumlänge. Entsprechend den Kalibrierwerten des Sensors wandelt die Auswerteeinheit die Hohlraumlänge des Sensors in einen Druckmesswert um.

Die WLPI-Technologie basiert also auf der Positionsbestimmung eines Signalspitzenwertes und wird, im Gegensatz zu den meisten Messverfahren, nicht durch Veränderungen der Lichtintensität beeinflusst. Daher ist dieses Verfahren robuster gegenüber Störeffekten wie optischen Verlusten durch Steckverbindungen, Biegung der Faser oder Verdunkelung aufgrund von Reaktionen mit Wasserstoff. Da das Weißlicht über ein breitbandiges Spektrum verfügt, können mögliche Verluste beispielsweise durch OH-Absorptionslinien, die bestimmte Wellenlängen betreffen, verkraftet werden.

Vorteile von WLPI

Gegenüber elektronischen Sensoren bieten faseroptische Sensoren Vorteile: zum Beispiel ihre Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen und Hochspannungen. Sie sind eigensicher, unempfindlich gegenüber Blitzeinschlägen und können mit kleinsten Abmessungen ausgeführt werden. WLPI hat darüber hinaus weitere Vorteile.

Einfachere Installation/Handhabung: Im Gegensatz zur Faser-Bragg-Technologie haben die Lichtwellenleiter in der WLPI-Technologie nur die Aufgabe, das Lichtsignal zwischen Sensor und Auswerteeinheit zu übertragen. Daher kann der LWL in der Länge angepasst werden – eine Spleißung ist nicht notwendig, optische Verlängerungskabel lassen sich über Steckanschlüsse miteinander verbinden. Montiert wird der Sensor je nach Applikation zum Beispiel durch Punktschweißen, Kleben oder auch durch vollständige Integration in ein Bauteil oder einer Konstruktion.

Einfacheres Anpassen an Anforderungen: Für die Messgrößen Dehnung, Druck, Weg und Temperatur stehen einige Standard-Sensoren zur Verfügung. Diese Sensoren werden stets an die Anforderung der Anwendung angepasst, um sowohl eine optimale Funktion als auch Schutz des Sensors zu gewährleisten. Das Design eines Drucksensors zum Überwachen eines Treibstoff-Füllstands unterscheidet sich von dem eines Sensors der an die rauen Bedingungen und hohen Temperaturen in der Tiefe einer Ölquelle angepasst wurde, obwohl die Funktionsweise und die verwendete Technologie identisch sind.

Höhere Stabilität: Schwankungen der Lichtintensität haben keine Auswirkungen auf die WLPI-Sensoren, da ihre Funktion nicht auf Intensitätsänderungen beruht, sondern auf der Weglängenänderung im Interferometer. Dadurch können sich optische Verluste, etwa aufgrund von Verlusten im Stecker, Bewegung oder Biegung der Faser, nicht auf die Leistungsfähigkeit des Systems auswirken. Der extrinsische Charakter der WLPI-Technologie ist insbesondere für die faseroptische Dehnungsmessung relevant, da die WLPI-Sensoren im Gegensatz zu Faser-Bragg-Sensoren unempfindlich gegen Querdehnungen sind. Zudem entfällt die bei Faser-Bragg-Sensoren notwendige Temperaturkompensation.

Höhere Zuverlässigkeit und Sicherheit: Bei durchgängiger Nutzung des Systems mit der maximalen Lichtintensität beträgt der MTBF-Wert 100.000 Stunden. In der Praxis wird die Lichtquelle nur selten oberhalb 50 Prozent der maximalen Intensität betrieben. Auch hinsichtlich der erzeugten Energie ist die WLPI sicherer als Laser-basierte faser­optische Messverfahren. Für den Fall, dass die Lichtquelle mit maximaler Intensität arbeitet und die Länge des LWL auf ein Zentimeter begrenzt ist, wäre die maximal messbare Intensität am Ende der Faser kleiner als einige Mikrowatt. Im Vergleich dazu kann ein Laser im Störfall eine Leistung von einigen hundert Milliwatt abgeben.

Wartungsfrei: Eine breitbandige Lichtquelle wie sie für die WLPI-Technologie verwendet wird, muss nicht kalibriert werden. Laser-basierte faseroptische Verfahren wie die Faser-Bragg-Technologie müssen regelmäßig gewartet und kalibriert werden, um das Driftverhalten zu kompensieren und die Wellenlänge und Intensität zu korrigieren.

Vielseitig aufgrund leichter und kleiner Bauweise: Die WLPI-basierten Sensoren können in kleinen Abmessungen ausgeführt werden. Zudem lassen sich alle Komponenten, die zur Si­gnalauswertung benötigt werden, auf einem Modul unterbringen, dass in etwa die Größe einer Kreditkarte hat. Es ist möglich, mit der gleichen Signalauswerteeinheit alle angebotenen Messgrößen zu erfassen.

Einsatz in diversen Branchen

In den unterschiedlichsten industriellen Anwendungen ist der Einsatz von Messtechnik notwendig, um Prozess- und Umgebungsparameter zu überwachen. Konventionelle elektronische Sensoren stoßen häufig an ihre Grenzen, da Störeffekte wie hohe Spannungen oder EMI die Funktionsfähigkeit der Systeme einschränken. Besonders in den folgenden Anwendungen können die faseroptischen Produkte mit WLPI-Technologie neue Möglichkeiten schaffen, um verlässliche Messungen zu realisieren.

In der Geotechnik und im Bauwesen ist es häufig notwendig, Sensoren im Erdreich einzubetten oder dauerhaft in schwer erreichbaren Positionen zu platzieren. Zudem treten in den Anwendungen häufig hohe Temperaturen, korrosive Flüssigkeiten und Chemikalien auf.
Die wartungsfreien faseroptischen Sensoren können hier flexibel installiert oder in Applikationen integriert werden. Auch größere Leitungslängen von bis zu drei Kilometern sind kein Problem. Die WLPI-Technologie ermöglicht eine „Plug-and-Forget“-Lösung.

Sicherheit und Verlässlichkeit der Messtechnik hat höchste Priorität - auch in rauen Umgebungen mit abrupten Witterungs- sowie großen Temperaturschwankungen, die zum Beispiel bei Start und Landevorgängen entstehen. Bei Verteidigung, Luft- und Raumfahrt gehören auch Leichtbau und elektromagnetische Störungen zu den Kernthemen in ihrer Produktentwicklung. Faser­optische Sensoren auf Basis der WLPI-Technologie bieten hier Vorteile: Unempfindlichkeit gegenüber Temperaturschwankungen oder auch Blitzschlag, Immunität gegenüber EMI, kleinste Abmessung für Gewichtseinsparungen sowie hohe Verlässlichkeit und Wartungsfreiheit.

Alternde Infrastruktur, marode Bauwerke wie Brücken und Maschinen: Die Langzeit-Überwachung von kritischen Komponenten wird immer wichtiger, da Bauteildehnungen und -verformungen die Sicherheit von Mensch und Material gefährden. Dort setzt die faseroptische WLPI-Technologie an und ermöglicht es robuste, verlässliche Sensoren zu bauen, die weder ein zeitliches Driftverhalten aufweisen noch empfindlich gegenüber Querdehnung sind. Die Unempfindlichkeit gegenüber Temperaturschwankungen ermöglicht es, Sensoren an der Messstelle zu verschweißen. Faseroptische Sensoren eignen sich für nachträgliche Aufrüstung, Überwachung einer Vorschädigung oder Integration im Neubau.

In der Energiebranche wächst der Bedarf, Zustände von Maschinen oder bestimmte Umweltzustände zu überwachen. Dies betrifft insbesondere Windräder in Offshore-Windparks oder auch Endlagerstandorte. Die Installation der Sensoren kann je nach Ausführung durch Punktschweißen, vollständige Integration, Kleben oder auch in Beton eingebettet erfolgen. Die faseroptischen Sensoren basierend auf WLPI-Technologie eignen sich zum präventiven Überwachen von Maschinen oder Windrädern zum Vermeiden von Störungen, Ausfällen sowie Schäden. Die Sensoren können etwa die Verformung der Windräder messen und den Anstellwinkel optimieren. Durch die Integration des Dehnungssensors im Komposit der Rotorblätter können die Messungen ohne Änderungen der Aerodynamik erfolgen. Die Bildung von Eis auf den Rotorblättern kann ebenso erfasst werden wie der Pegelstand des umgebenden Wassers.

Bildergalerie

  • Drucksensoren mit der WLPI-Technologie können ganz verschieden aussehen.

    Drucksensoren mit der WLPI-Technologie können ganz verschieden aussehen.

    Bild: Althen

  • WLPI-basierte Sensoren wie hier der Temperatursensor können in kleinen Abmessungen ausgeführt werden.

    WLPI-basierte Sensoren wie hier der Temperatursensor können in kleinen Abmessungen ausgeführt werden.

    Bild: Althen

  • Der extrinsische Charakter der WLPI-Technologie ist insbesondere für die faseroptische Dehnungsmessung relevant.

    Der extrinsische Charakter der WLPI-Technologie ist insbesondere für die faseroptische Dehnungsmessung relevant.

    Bild: Althen

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