Wer ein Elektrogerät kauft, erwartet nicht nur, dass das Gerät seine Funktion erfüllt, sondern dass es seine Funktion auch sicher erfüllt. Sicherheitsstandards definieren Anforderungen, die Gerätehersteller einhalten müssen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Wer die Anforderungen nicht erfüllt, wird Schwierigkeiten haben, die eigenen Produkte zu verkaufen.
Wer definiert die Sicherheitsstandards für elektrische Geräte?
Organisationen wie die Internationale Organisation für Normung (International Organization for Standardization, ISO) veröffentlichen Standards für Technik im Allgemeinen, die Internationale Elektrotechnische Kommission (International Electrotechnical Commission, IEC) ist auf Elektronik und Elektrotechnik spezialisiert. Regionale oder nationale Organisationen wie CENELEC (Comité Européen de Normalisation Électrotechnique), BSI (British Standards Institution) und DIN (Deutsches Institut für Normung) setzen die internationalen Standards in geltendes Recht ihrer jeweiligen Länder um. Die Standards für elektrische Produkte dienen der Vermeidung von Verletzungen und Schäden durch Stromschlag, Hitze, Feuer und Strahlung. Darüber hinaus gibt es auch Bestimmungen zur Vermeidung mechanischer und chemischer Gefahren.
Welche Standards genau einzuhalten sind, wird auf Ebene der Nationalstaaten und Handelszonen entschieden. So gelten zum Beispiel in den 27 Mitgliedsländern der Handelszone der Europäischen Union die EU-Richtlinien. Wenn für ein Produkt, das Ihr Unternehmen vermarkten will, Anforderungen gelten, sind Sie zur Selbstzertifizierung verpflichtet. Sie müssen also die Anforderungen erfüllen und die Konformität mit den Anforderungen dokumentieren. Anschließend dürfen Sie Ihr Produkt mit einem CE-Zeichen kennzeichnen und in der EU auf den Markt bringen.
Von manchen Produkten gehen besondere Gefahren für Verbraucher aus. Bei solchen Produkten müssen Sie mit einer Benannten Stelle zusammenarbeiten (zum Beispiel TÜV, VDE oder BSI), bevor Sie das Produkt auf den Markt bringen. Neben der CE-Kennzeichnung muss dann auch die Kennnummer der Benannten Stelle auf das Produkt gedruckt werden. Unabhängig von der Mitwirkung einer Benannten Stelle liegt die Haftung für die Produktsicherheit immer beim Hersteller. Beispiele für Produkte, bei denen eine Benannte Stelle einbezogen werden muss:
Spielzeug
Elektrische und elektronische Geräte
Medizintechnik
Medizinische In-vitro-Diagnostika
Aufzüge
So entwickeln Sie elektrisch sichere Produkte
Wie stellen Sie sicher, dass die Benutzer Ihres netzstrombetriebenen Produkts keinen Stromschlag erleiden? Ein wichtiges Sicherheitsprinzip ist die Isolierung. Also die Schaffung einer Barriere, die an zugänglichen Teilen des Geräts den Kontakt zu gefährlichen Spannungen verhindert. Typische Isolierungsarten und -ansätze sind:
Betriebs- oder Funktionsisolierung – Sicherstellung ordnungsgemäßer Funktion ohne Schutz vor elektrischem Schlag. In diese Kategorie fällt zum Beispiel Lötstopplack, der auf eine Leiterplatte aufgebracht wird. Der Lack sorgt dafür, dass die Schaltung korrekt funktioniert. Einen Schutz gegen mögliche Stromschläge stellt er jedoch nicht dar.
Basisisolierung – Schutz der Benutzer vor spannungsführenden Teilen durch Isolierungen wie Kunststoffummantelungen von Stromkabeln. Bevor es zu einem Kontakt mit gefährlicher Leiterspannung kommen kann, müsste zunächst die Isolierung beschädigt werden. Dieser Begriff ist im Standard IEC 60050-195 definiert.
Zusätzliche Isolierung – Eine zusätzliche Schutzschicht auf einem Bereich, der bereits durch eine Basisisolierung geschützt ist. Ein typisches Beispiel ist eine Kunststoffummantelung eines Stromkabels mit drei isolierten Leitern. Falls die Isolierung eines innen liegenden Leiters beschädigt wäre, würde der Benutzer durch die äußere Ummantelung weiterhin geschützt werden.
Doppele Isolierung – Schutz durch eine Basisisolierung in Kombination mit einer zusätzlichen Isolierung. Eine doppelte Isolierung kann auch als eine erhöhte Stufe der Gerätesicherheit angesehen werden. Bei doppelt isolierten Geräten der Klasse II, wie zum Beispiel Haartrocknern, wird sichergestellt, dass Benutzer nicht durch einen einzelnen Defekt einer gefährlichen Spannung ausgesetzt werden.
Verstärkte Isolierung – Isolierungsart mit einem Schutzgrad, der einer doppelten Isolierung entspricht. Um den gewünschten Schutz zu erreichen, muss die verstärkte Isolierung dicker ausgeführt sein. Bei der Anwendung in Transformatoren kann dies zu größeren Bauteilen und abgeschwächter Kopplung führen.
In Netzteilen befinden sich Netzwechselstrom und Niederspannungssekundärseite in unmittelbarer räumlicher Nähe. Aus Sicherheitsgründen ist deshalb entweder eine doppelte oder eine verstärkte Isolierung erforderlich. Dazu werden in der Regel Transformatorwicklungen aus Kupferdraht verwendet, die mit einer Lackisolierung nach IEC 60317 beschichtet sind. Für das Separieren der Wicklungen können Kunststofffolien, imprägniertes Papier mit Mylar oder ähnliche Verbundmaterialien eingesetzt werden. Weitere Techniken wie Harzbeschichtungen oder Imprägnierungen lassen sich anwenden, um das Eindringen von Feuchtigkeit und Korrosion zu begrenzen und die Bauteilfestigkeit zu erhöhen.
Was sind Schutzklassen?
Regeln zur sicheren Verwendung elektrischer Geräte und zum Schutz gegen den Kontakt mit gefährlichen Spannungen werden in Schutzklassen eingeteilt. Diese sind in der IEC 61140 definiert. Den einzelnen Schutzklassen sind jeweils Isolierungsarten zugeordnet.
Klasse I – Geräte mit Basisisolierung der internen Netzstromverdrahtung. Je nach geografischer Region werden die Gerätegehäuse über einen grün-gelben oder grünen Leiter mit einer Schutzleiterverbindung (Protective Earth, PE) verbunden. Berührt ein spannungsführender Leiter mit beschädigter Isolierung das Gehäuse, entsteht ein Körperschluss. Es kommt daraufhin zur Auslösung der Sicherung oder des Fehlerstromschutzschalters (FI-Schalters), wodurch der Benutzer geschützt wird. Bei Anwendungen dieser Art werden dreipolige Schutzkontaktstecker verwendet, die so konstruiert sind, dass die Schutzleiterverbindung beim Einstecken als erstes hergestellt und beim Herausziehen als letztes getrennt wird. Labornetzteile sind in der Regel Geräte der Klasse I und haben in der Regel einen gekennzeichneten Schutzleiteranschluss.
Klasse II – Geräte mit doppelter beziehungsweise verstärkter Isolierung der internen Netzstromverdrahtung. Bei solchen Geräten wird sichergestellt, dass Benutzer nicht durch einen einzelnen Defekt gefährlicher Spannung ausgesetzt werden. Um die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, muss die Isolierung 3000 V Wechselspannung standhalten. Bei Geräten mit dieser Schutzklasse wird kein Schutzleiteranschluss benötigt. Geräte der Klasse II müssen in Europa mit dem Symbol „Quadrat im Quadrat“ gekennzeichnet werden. Ein typisches Beispiel für Geräte der Klasse II sind Ladegeräte für Smartphones.
Klasse II FE – Wegen der fehlenden Erdung bei Geräten der Klasse II können Probleme durch Funkstörungen auftreten insbesondere bei Audio- und Medizintechnikanwendungen. In solchen Fällen kann der Schutzleiter als Funktionserde (FE) verwendet werden. Durch die doppelte/verstärkte Isolierung werden Benutzer unabhängig davon besonders geschützt.
Klasse III – Geräte, die mit einer getrennten Sicherheitskleinspannung betrieben werden (Separated Extra Low Voltage, SELV), also einer Wechsel- oder Gleichspannung, die so gering ist, dass sie auch unter unerwarteten Fehlerbedingungen als sicher angesehen werden kann. Ein typisches Beispiel sind akkubetriebene Laptops, die an geeignete Ladegeräte angeschlossen sind.
Bei der Zuordnung von Schutzklassen kann es zu Missverständnissen kommen. So sind zum Beispiel Netzteile in offener Bauform, wie sie von Herstellern wie Traco Power angeboten werden, als Komponenten innerhalb der Endanwendungen von Kunden konzipiert. Netzteile, die für den Einsatz in Produkten der Klasse II ausgewiesen sind, sollten deshalb als „für Klasse II vorbereitet“ angesehen werden, weil die endgültige Einstufung in eine Schutzklasse erst durch die Hersteller des Endproduktes erfolgt.
Schließlich sollte Klasse II nicht mit Safety Class 2 Power Units nach dem Standard UL 1310 des nordamerikanischen National Electrical Code (NEC) verwechselt werden, weil in diesem Standard lediglich Anforderungen für maximale Ausgangsspannung, Stromstärke und Leistung definiert werden.
Sicherheit hat immer oberste Priorität
Wenn Sie sich zum ersten Mal mit Fragen dieser Art beschäftigen, und Unterstützung benötigen, sollten Sie sich an Ihren Komponentenlieferanten oder an eine Benannte Stelle wenden. Versuche zur Behebung von Konstruktionsfehlern, die in der Entwicklungsphase nicht rechtzeitig bemerkt wurden, erweisen sich meist als komplex und kostspielig. Denken Sie immer daran, dass die Schutzklasse Ihres Produkts nicht durch das ausgewählte Netzteil bestimmt wird. Das Netzteil ist lediglich einer von mehreren Beiträgen zum Erfüllen der Anforderungen der angestrebten Schutzklasse.