Potenzial für die Lebensmittelindustrie Hochwertige Produkte aus Apfelresten gewinnen

Glockenbodenkolonne mit Temperaturmessstellen: Hier wird im letzten Schritt die wasserhaltige Lösung aus dem Apfeltrester destilliert, sodass reines Ethanol entsteht.

Bild: Sven Jachalke, TU Freiberg
13.01.2021

Reststoffe aus der Apfelsaftproduktion werden in Deutschland meistens zu Tierfutter verarbeitet. Aus Apfelschalen und -kernen lassen sich aber auch höherwertige Produkte herstellen. Welche das sind und wie die Lebensmittelindustrie davon profitieren kann, zeigen Wissenschaftler aus Sachsen.

Bioethanol, das als Grundchemikalie etwa in Desinfektionsmitteln oder Biokraftstoffen zum Einsatz kommt, wird bisher vorrangig aus Zuckerrüben und Getreide hergestellt. Der Universalstoff ließe sich künftig aber auch aus Resten der Apfelsaftproduktion gewinnen. Das zeigen Forscher der TU Freiberg anhand eines verbesserten Gärungsprozesses.

Besonders geeignet ist dafür Apfeltrester. Das sind die festen Bestandteile aus Stielen, Kernen, Fruchtfleisch und Schalen, die nach dem Pressen der Äpfel übrigbleiben. Darin enthalten sind neben Zucker auch Stärke, das Verdickungsmittel Pektin und Zellulose. Diese Stoffe können durch Hydrolyse und anschließende Fermentation in höherwertige Produkte wie Ethanol, aber auch Essig- und Zitronensäure umgewandelt werden.

Das Problem: Bisher handelte es sich dabei um nur geringe Ethanol-Konzentrationen. Ein Team um Chemie-Professor Martin Bertau von der TU Freiberg hat nun ein optimiertes Verfahren vorgestellt, mit dem Ethanol mit einem Alkoholgehalt von bis zu sechs Prozent hergestellt werden kann. Bisherige Methoden erreichen nur bis zu 4,7 Prozent, weiß Dr. Doreen Kaiser, die den neuen Prozess in Laborversuchen entwickelt und getestet hat.

Bessere Gärung durch alternativen Enzymkomplex

Um reineres Ethanol aus Apfeltrester herzustellen, hat das Wissenschaftler-Team einen alternativen Enzymkomplex eingesetzt, der aus dem Mikroorganismus Penicillium verruculosum gewonnen wird. Wie andere Komplexe hat der nun erstmals für dieses Verfahren verwendete Cellulasekomplex die Fähigkeit, die langkettigen Zuckermoleküle in Einfachzucker zu spalten. Werden die Einfachzucker nun mithilfe von Hefe vergärt und die wasserhaltige Lösung destilliert, erhalten die Chemiker das Ethanol in der gewünschten Konzentration.

„Im Vergleich zu den bisher eingesetzten Biokatalysatoren hat sich der Cellulasekomplex aus Penicillium verruculosum als besonders robust gegenüber Störfaktoren der Reaktion herausgestellt“, erklärt Kaiser. Aus diesem Grund lassen sich größere Mengen Apfeltrester als bei herkömmlichen Fermentationsprozessen einsetzen und in der Folge höhere Ethanol-Konzentrationen erzielen.

Potenziale für Lebensmittelproduzenten

Bis zu 650 Millionen Liter Apfelsaft werden in Deutschland pro Jahr hergestellt. Als Koppelprodukt fallen dabei laut Statista jährlich bis zu 300.000 t Apfeltrester an. Zu schade, um als Futtermittel im Schweinestall zu landen, finden die Freiberger Chemiker.

Denn das aus ihrem Verfahren gewonnene Ethanol eignet sich sehr gut für Desinfektionsmittel, das Apfelsafthersteller gleich zur Reinigung in ihrem Betrieb weiterverwenden könnten. Und auch Biokraftstoffe ließen sich laut den Forschern aus der Lösung herstellen.

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