Verfahrenstechnik So nah am Wasser

13.02.2014

Was wäre das Leben ohne Koordination? Ein totales Chaos. Bei der Dechema in Frankfurt sorgt Katja Wendler als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungs- und Projektkoordination dafür, dass dieses eben nicht ausbricht. Sie betreut verschiedenste Projekte, in denen immer wieder ein Thema auftaucht: Wasser.

Hohe Decken, alter Parkettboden, ein Eingangsbereich, der an eine Säulenhalle erinnert - das Gebäude der Dechema in Frankfurt wirkt ehrwürdig. Eine Holztreppe führt in die oberen Etagen. Die Treppe knarzt, zahlreiche Dellen zeugen von ihrer langen Geschichte. Einige Schritte weiter Szenenwechsel: moderner Neubau, die Böden sind mit Teppich ausgelegt, es wirkt alles sehr modern und offen.

Die Dechema geht mit der Zeit. Seit fast 90 Jahren gibt es die Gesellschaft schon, inzwischen gehören ihr mehr als 5.800 Mitglieder an. Damit bei so einer großen Mitgliederzahl alles rund läuft, bedarf es einer guten Koordination. Katja Wendler ist eine von den Mitarbeitern, die seit 2007 dafür Sorge trägt. Sie ist Teil der Forschungs- und Projektkoordination.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin und ihre Kollegen erarbeiten neue Forschungsthemen. Dabei folgen sie aktuellen Trends und greifen auf Expertengespräche zurück. In ihrer Arbeitsgruppe werden neue technologische Entwicklungen in der Prozess- und Umwelttechnologie analysiert und bewertet. Aufbauend hierauf werden Förderprogramme initiiert und inhaltlich mitgestaltet. Ebenso können sich Unternehmen informieren und beraten lassen, wenn sie ein Projekt starten möchten. Dort erfahren sie dann, wo es Fördermöglichkeiten gibt oder man hilft ihnen Partner für Projekte zu finden. Außerdem ist die Arbeitsgruppe dafür zuständig Forschungsprojekte und Forschungscluster zu managen und zu koordinieren. In der Arbeitsgruppe sind neben Katja Wendler noch 15 andere Mitarbeiter beschäftigt. Hauptsächlich Chemiker. Eine Umweltschutzingenieurin ist da etwas besonderes. Gerade diese Mischung ist es, die die Arbeitsgruppe ausmacht: bei schwierigen Fragen können sich die Mitarbeiter austauschen und auf die Erfahrung der anderen zurückgreifen.

Nationale und internationale Projekte

Derzeit arbeitet Wendler an zwei EU- und einem nationalen Projekt, die sie teilweise auch koordiniert – alle im Umweltbereich. Ein EU-Projekt heißt Hombre und tatsächlich geht es auch um Menschen - oder zumindest deren Lebensraum. Die Abkürzung steht für Holistic Management of Brownfield Regeneration. Hier geht es darum, Konzepte zu entwickeln, um die Entstehung urbaner Brachflächen zu vermeiden und die bereits vorhandenen Brachflächen möglichst schnell wieder in eine gute und möglichst nachhaltige Nutzung zurückzuführen. Das Projekt wurde gestartet, weil man ungenutze Flächen in der Stadt vernachlässigt, während am Stadtrand grüne Wiesen in Betonwüsten verwandelt werden. Hombre will dazu beitragen, dass diese ungenutzen Grundstücke wieder benutzt werden und der Stadtrand so bleibt wie er ist: grün. Die Akteure sollen dabei unter anderem sensibilisiert werden, mögliche Synergien zu identifizieren und zu nutzen. Bei Hombre ist Katja Wendler für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und gibt fachlichen Input. Dieses Projekt begleitet Katja Wendler seit November 2010. Abgeschlossen wird es im November dieses Jahres.

Wenn Katja Wendler über ihre Arbeit spricht, fällt auch oft der Begriff RiSKWa. Die Abkürzung steht für Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf. Es ist eine Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In diesem Projekt gibt es zwölf Einzelprojekte, die über ganz Deutschland verteilt sind, mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten. Die Dechema hat hier den Part der wissenschaftlichen Begleitung inne. Das heißt, Katja Wendler und ihre Kollegen fördern nicht nur den Austausch mit der Öffentlichkeit, sondern auch unter den Projekten. Und da, wo es Synergien oder auch Überschneidungen gibt, bringen sie die zuständigen Leute zusammen.

Polen, Belgien, Spanien, Italien, Schweden - diese Länder hat Katja Wendler beruflich schon besucht. Mit zwei kleinen Kinder könnte man meinen, das alles unter einen Hut zu bringen, muss kompliziert sein. Doch Wendler wird von ihrem Mann und ihrem Arbeitgeber hervorragend unterstützt. So fällt der Spagat zwischen Familie und Beruf für die zweifache Mutter nicht ganz so schwer. Wenn sie nicht auf Reisen ist, kann sie dank flexibler Arbeitszeiten viel für ihre Kinder da sein. Hätte sie unbegrenzt Zeit, so sagt sie: „Ich würde reisen. Rund um die Welt.“ Obwohl sie das beruflich ja schon tut. Sie reist während des Projekts, um die einzelnen Akteure zu besuchen und zu unterstützen, sie besucht teilweise die Orte an denen Forschung betrieben wird und sie ist unterwegs, um die Ergebnisse der Projekte auf Veranstaltungen vorzustellen. Das einzige, was sie daran ein wenig schade findet, ist, dass man außer den Veranstaltungsorten wenig sieht. „Spannend finde ich Reisen bei denen man auch was von der Stadt sieht. Veranstaltungen in anderen Städten oder Ländern klingen immer interessant, aber letztendlich hat man außer dem Bahnhof und dem Veranstaltungsort nicht viel gesehen. Wenn noch ein bisschen Zeit bleibt um sich umzuschauen oder mit den Leuten zu sprechen freu ich mich. Dann macht es wirklich Spaß."

Gerade die EU-Projekte lassen dafür manchmal ein wenig Luft: „Man kommt mit vielen Leuten zusammen, tauscht sich aus, man bekommt mit, was sie machen und man ist direkt an der Entwicklung und Forschung beteiligt." Die Projektthemen selbst sind auch immer verschieden, obwohl manche Abläufe gleich bleiben. Unterschiede gibt es hier zwischen EU-Projekten und nationalen Projekten. Ein weiteres Kriterium ist, in welcher Rolle die Dechema auftritt. Ist der Verein nur als Partner involviert, fällt der organisatorische Part zum größten Teil weg. Das bedeutet nicht nur weniger Arbeit für Katja Wendler, dann hat sie auch Zeit, fachlichen Input zum Projekt zu geben. Agiert die Dechema hingegen als Koordinator des Projekts, hält sie alle Fäden in der Hand, sie muss die jeweiligen Verträge mit der EU-Kommission und den anderen Partnern aushandeln. Auch die Vorarbeit in Form der Antragserarbeitung liegt dann bei ihr.

Keine Arbeiten, die man einer Umweltingenieurin zuschreibt. Wie kommt man zu diesem Beruf? Angefangen hat alles mit dem Studium, erzählt sie. 2000 hat sie in Bingen am Rhein Umweltschutz studiert. Dort lernt sie etwas über Ökologie, Bodenschutz, Wassertechnologien, Luftreinhaltung und Schallschutz, aber auch Recht und ein wenig BWL. Im Laufe des Studiums spezialisierte Wendler sich auf Abwassertechnik. Ihre Diplomarbeit schrieb sie zum Thema Abwasseraufbereitung. Sie machte dafür Versuche zur Aufbereitung von Gärresten aus einer Biogasanlage. „Das Thema Wasser hat mich auch danach begleitet.“, erklärt Katja Wendler, es ist das Thema, welches sie immer noch fasziniert.

Von der Papierfabrik zur Dechema

Nach ihrem Studium arbeitete die junge Frau dann in einer Papierfabrik. Als Prozessingenieurin war sie dort für die Abwasserreinigung und die Qualität des dort eingehenden Altpapiers zuständig. Zurückblickend sagt Wendler: „Das war eine sehr spannende Zeit, weil ich da viele Einblicke in die Praxis bekommen habe.“ Der Teil von der Abwasserreinigung war ihr noch aus dem Studium vertraut. Das Zusammenspiel von Büroarbeit und Praxis gefiel ihr gut: man konnte einfach aus dem Büro gehen und sich die Anlage ansehen. Es hängt alles zusammen. Gerade in der Fabrik: Wenn vorne die Qualität des Altpapiers nicht stimmt, dann zieht sich das durch den gesamten Prozess. „Man muss das Ganze sehen.“ Nach etwa zwei Jahren verließ Wendler die Papierfabrik und ging zur Dechema, ein Schritt den sie nicht bereut.

Gut acht Projekte hat Wendler seit damals betreut. Eins, an das sie sich gerne zurück erinnert, ist ein Projekt das im Sommer 2012 endete. Dort ging es um die Verifizierung von Umwelttechnologien. Ein Projekt, das vor allem kleinen Unternehmen helfen sollte. Die Idee war, dass man Technologien nach einem vorgegeben Protokoll prüft und somit den Anbietern ein von unabhängiger Seite bestätigtes Ergebnis an die Hand gibt. Vor allem kleineren Unternehmen kann das den Markteintritt erleichtern, wenn sie einen Beleg haben, was ihre Technologie leistet. Nach Abschluss des Projektes wurden die Ergebnisse direkt in ein europäisches Verifizierungssystem umgesetzt. Katja Wendler sagt dazu: „Bei manchen Projekten wartet man eine Weile darauf, was mit den Ergebnissen konkret passiert. Bei diesem Projekt war es schön zu sehen, dass die Dinge direkt umgesetzt wurden und man kleinen Unternehmen mit innovativen Ideen so helfen konnte."

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