Die Anfänge des 3D-Drucks reichen zurück ins Jahr 1983. In diesem Jahr entwickelte der US-Ingenieur Chuck Hull die Stereolithografie (SLA) das erste Verfahren der Additiven Fertigung. Dabei wird flüssiges Harz durch einen UV-Laser schichtweise ausgehärtet, wodurch nach und nach ein dreidimensionales Objekt entsteht. 1986 ließ Hull die SLA patentieren und ebnete damit den Weg für weitere Technologien wie das heute weit verbreitete Fused Deposition Modeling (FDM) und das selektive Lasersintern (SLS). Allen Verfahren gemeinsam ist das Prinzip des additiven Aufbaus: Statt Material abzutragen, wird es Schicht für Schicht aufgetragen. Dieser Ansatz ermöglicht so höchste Ressourceneffizienz.
3D-Druck etabliert sich in der industriellen Fertigung
Da er sich ideal für die schnelle Umsetzung von Prototypen, Testgehäusen oder Designstudien eignet, war der 3D-Druck bisher vor allem in der Produktentwicklung zu Hause. Doch dank steigender Materialvielfalt und immer leistungsfähigeren Druckern hält er nun auch Einzug in der Serienproduktion. Branchen von Automotive bis Medizintechnik greifen heute auf additive Fertigung zurück, vor allem für komplexe Bauteile, die mit konventionellen Methoden nicht so leicht herzustellen wären. „Das Verfahren ist auf diese Weise sehr flexibel und effizient“, weiß Dr. Philipp Baron von Lapp. „Prinzipiell erlaubt der 3D-Druck eine dezentrale, bedarfsgerechte Produktion direkt vor Ort – ohne lange Lieferzeiten oder Werkzeugkosten und das ist gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und volatiler Märkte unter Umständen ein echter Wettbewerbsvorteil.“ Als Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie setzt auch Lapp zunehmend auf das innovative Druckverfahren, das bisher weniger im Bereich der Kabel, dafür aber umso mehr im Bereich der Steckverbinder Einsatz findet.
Additive Fertigung als Treiber für Entwicklung und Serienproduktion
In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen in diesen Bereich investiert, der auch unter dem Markennamen EPIC bekannt ist: Neben Maschinen und Know-how im Bereich der Additiven Fertigung wurden auch neue Entwicklungsprozesse, neue Lieferanten und eine bessere Zusammenarbeit mit den Schnittstellen etabliert. Kundenanforderungen können mit dem 3D-Druckverfahren noch schneller und kosteneffizienter umgesetzt werden. Daher steht seit einiger Zeit eine hochmoderne Anlage am Standort in Stuttgart, mit der sowohl Prototypen als auch Serienbauteile hergestellt werden können. Mit Dr. Philipp Baron, in der Vorentwicklung zuständig für das 3D-Druckverfahren, sowie Stevens Sehic, Teamleiter Steckverbinderentwicklung, steht das notwendige Expertenwissen an der Seite der Druckmaschinen.
„Mit dem 3D-Druck fertigen wir laufend Prototypen, die wir intern selbst nutzen, um Ideen und Designentwürfe innerhalb kürzester Zeit realisieren zu können“, so Dr. Philipp Baron. „So können wir viele Teile effizient testen und mit ihnen forschen oder beispielsweise ihre Steckbarkeit prüfen.“ Aber auch die Sonderwünsche von Kunden lassen sich mit dem Verfahren leicht berücksichtigen oder schlicht und einfach testen, ob eine Komponente gut in der Hand liegt. Wenn ein neuer Steckverbinder dann alle Tests erfüllt, die am 3D-gedruckten Prototypen durchgeführt werden, können alle Neuerungen in die Serienherstellung integriert werden.
Schnelle Lösungen für komplexe Herausforderungen
Ein Kunde schilderte Lapp etwa ein Problem mit Feuchtigkeit in den von ihm produzierten Schaltschränken. Selbst eingebaute Entfeuchtungselemente halfen bei der durch Temperaturunterschiede kondensierenden Luftfeuchtigkeit an den Innenwänden der Schränke nicht. Denn kurz- oder mittelfristig sammelte sich die Feuchtigkeit im Inneren des Schaltschranks an und lief dann in Richtung der durch den Boden eingeführten Steckverbinder. Drohende Fehlfunktionen und mögliche Kurzschlüsse waren die Konsequenz. Bisher setzte der Kunde mit einem gelaserten Edelstahl-Bauteil Abhilfe, das den Steckverbinder von der Flüssigkeit abschirmte. Diese aufwändige und teure Lösung bot jedoch keinen hundertprozentigen Schutz.
Eine Herausforderung für Lapp: Eine einfache Lösung ist das Ziel, die Feuchtigkeit von den Steckverbindern abhält und mit Standard-Bauteilen kompatibel ist. Das Expertenteam stellt schnell ein Konzept auf und nimmt erste Druckversuche vor. „Bereits drei Tage später sind die ersten serienfähigen Prototypen in Lapp Orange fertiggestellt – in der Serienproduktion technisch umsetzbar mit einem UL-zertifizierten Material.“ Der Kunde ist begeistert von der Hands-on Mentalität des Unternehmens und der zügigen Lösungsfindung.
Auf diese Weise und mithilfe des Additiven Fertigungsverfahrens sind schon zahlreiche Steckverbinder und -komponenten für die EPIC-Serie entstanden. So beispielsweise auch der EPIC H-B 16, der sich durch sein verbessertes, rechteckiges Steckerdesign auszeichnet, der EPIC H-Q TS M25, eine Eigenentwicklung von Lapp, die ein neuartiges Gehäuse mit Innengewinde für Kabelverschraubungen sowie kompakter Bauform aufweist, oder auch der EPIC MCS-HC 2, ein Moduleinsatz für ein modulares Steckverbindersystem, sowie der EPIC POWER M23, ein robuster Kontaktträger aus UL-zertifiziertem Material mit filigraner Struktur.
3D-Druck als Innovationstreiber für die Industrie von morgen
Längst ist die Additive Fertigung mehr als nur eine technische Spielerei. Sie verändert grundlegend, wie in der Industrie gedacht, konstruiert und gefertigt wird. Besonders in Bereichen, in denen individuelle Kundenwünsche schnell und flexibel realisiert werden müssen, zeigt der 3D-Druck seine besonderen Stärken. Gleichzeitig bringt die Technologie komplexe Herausforderungen mit sich, etwa in Bezug auf Materialstandards, Zertifizierungen oder die Integration in bestehende Produktionsprozesse. Dennoch schreitet die Entwicklung rasant voran und eröffnet stetig neue Einsatzmöglichkeiten – auch bei Lapp. Für das Stuttgarter Unternehmen, den globalen Anbieter von Verbindungslösungen, ist die Additive Fertigung nicht nur eine Antwort auf heutige Anforderungen, sondern auch ein kreativer Schlüssel für die Herausforderungen der Zukunft.