Datenschutz-Dilemma Real scannt Ihr Gesicht an der Kasse

publish-industry Verlag GmbH

Die Gesichtsscans bei Real spalten die Meinungen und erhitzen die Gemüter.

13.06.2017

Persönliche Daten im Sonderangebot? Ab sofort darf Real an den Kassen die Gesichter der Kunden mit einer Kamera erfassen - zu Marktforschungszwecken. Aktivisten wollen Anzeige erstatten.

In 40 von insgesamt 285 Fillialen hat Real bereits die umstrittenen Gesichtsscanner installiert. Damit will Real erfassen, inwieweit die Kunden an der Kasse Blickkontakt mit Werbebildschirmen aufnehmen. Dabei wird die Blickrichtung und -dauer erfasst - aber auch das Geschlecht und geschätzte Alter der Personen.

Dieses Tracking soll Real dabei helfen, die Werbung stärker auf die Zielgruppen zuzuschneiden. Das eingesetzte System stammt vom Hightech-Marketing-Unternehmen Echion aus Augsburg, das andere große Supermarktketten und auch IKEA unter seinen Referenzen aufführt.

Was passiert mit den erfassten Daten?

Was in den Supermarktfilialen passiert, mutet zunächst stark wie Vorratsdatenspeicherung an. Jedoch bleiben die erfassten Daten laut Real für gerade Mal 150 Millisekunden im System. Dabei werden nicht die Videodaten an sich gespeichert, sondern nur die ausgewerteten Metadaten. Zudem sollen die klassischen „Dieser Laden wird videoüberwacht“-Schilder die Kunden informieren. Aus diesen Gründen wertet das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht das Vorgehen der Supermarktkette als datenschutzrechtlich unbedenklich.

Datenschutz-Aktivisten protestieren

Mit dieser Einschätzung sind jedoch nicht alle einverstanden, so rief Reals Gesichtsscans Proteste bei Datenschützern hervor. Datenschutzvereine wie Digitalcourage sehen diese Praktik als einen Eingriff in die Grundrechte der Menschen und lehnen die mögliche Profilierung der Kunden stark ab. Zudem kritisieren sie, dass die Beschilderung - die eigentlich dazu gedacht ist, Ladendiebe abzuschrecken - zur Aufklärung nicht ausreicht. Deshalb will Digitalcourage unter anderem gegen Real eine Strafanzeige stellen und sammelt Stimmen gegen Vorratsdatenspeicherung.

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