Connectivity OT-Alternative zu 5G

Ralf Kaptur, Kunbus, ist beim Denkendorfer Technologielieferanten als Produktmanager tätig. Nach dem Elektrotechnikstudium arbeitete er längere Zeit in der IT-Branche, bevor er in die industrielle Kommunikation wechselte. Dort begleitete er diverse Produkte und Entwicklungen rund um die Themen OT-Infrastruktur, Sensorik und Aktorik.

Bild: Kunbus
07.08.2020

Wenn es nach den Industrie-4.0- und IIoT-Visionären geht, ist die Sache klar: In Zukunft geht fast alles kabellos und das zukünftige Funknetz in der Fabrikhalle heißt 5G. Für „anarchische Technologien wie IO-Link“ ist in solchen Szenarien kein Platz. Eine verwegene Idee also, IO-Link jetzt auch noch drahtlos zu übertragen? Wie passt das zusammen?

Ralf Kaptur ist mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten. Alle Beiträge des E&E-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

In der Tat passt da einiges nicht zusammen: Einerseits arbeiten wir an innovativen IT-Lösungen. Andererseits sehen wir im OT-Bereich noch viele RS485-ähnliche Feldbusse und analoge Schnittstellen. In der IT selbstverständliche Dinge wie Online-Parametrierung, Diagnose oder Softwareupdates stehen in der unteren Feldebene damit nicht zur Verfügung.

Die IO-Link-Schnittstelle

Dass sich daran etwas ändern muss, ist klar. Wir als Kunbus verfolgen hier einen eher evolutionären Ansatz. So wie wir mit unseren RevPi-Produkten einerseits daran arbeiten, aus der IT-Welt stammende Technologie fit für den Industrieeinsatz zu machen, wissen wir andererseits auch, warum Feldgeräte heute so aussehen, wie sie aussehen: Sie müssen klein, robust und preisgünstig sein und sich vor Ort einfach in Betrieb nehmen lassen.

Aus Sicht der Automatisierungstechnik ist die IO-Link-Schnittstelle (IOL) daher ein bedeutender Schritt in Richtung einer durchgängig digitalen Prozessverarbeitung. Ist die „digitale Lücke“ im letzten Winkel der Fabrikhalle erst einmal geschlossen, können die Daten von intelligenteren Systemen in vielfältiger Form auch für „höhere Aufgaben“ genutzt werden.

Auch mit IOL besteht jedoch der Zwang, die Feldgeräte per Kabel mit einem E/A-Knoten zu verbinden. Kabelwege müssen eingeplant werden und es muss überhaupt möglich sein, Kabel zu verlegen. Weiterhin gehen Applikationsänderungen in der Regel mit Änderungen an der Verkabelung einher.

Funklösung: IO-Link Wireless

Für uns Grund genug, an einer Funklösung für IO-Link von Beginn an maßgebend mitzuarbeiten. Ganz wichtig: Anders als Consumer-getriebene Technologien, bei denen ein Mehr an Daten gleichzeitig mehr Umsatz verspricht, müssen industrielle Lösungen immer auch effizient sein.

Bei der Entwicklung standen daher andere Parameter im Vordergrund: IO-Link Wireless (IOLW) funktioniert sicher auch in Fabrikhallen mit stark reflektierenden Maschinen und Bauteilen und kann mit anderen Funktechnologien im frei nutzbaren ISM-Band koexistieren. Innerhalb einer Fläche von 20 m x 20 m können bis zu 120 Geräte verbunden werden. IOLW ermöglicht eine gesicherte Zykluszeit von 5 ms bei gleichzeitig sehr geringer Paketfehlerrate von < 10-9.

Durch Einsatz von Großserien-BLE-Chips und ebenfalls von der Stange verfügbarer Peripherie können die Radios äußerst preiswert produziert werden. Auch Low-Power-Anwendungen mit reduzierter Zykluszeit sind im Standard vorgesehen. Durch die von IOL entlehnte Architektur und das identische Tooling überzeugt IOLW nicht zuletzt mit einer nahtlosen Integration in bestehende Steuerungssysteme, kann aber auch IIoT-Applikationen sinnvoll ergänzen.

IOLW und IOL gemeinsam nutzen

Als IOLW-Pionier bietet Kunbus voll serientaugliche Lösungen bereits seit dem Erscheinen der Spezifikation V1.1 im März 2018. Die Resonanz auf Messen und Veranstaltungen zeigt uns, dass die Vorteile der Technologie am Markt wahrgenommen werden und bestärkt uns in unserem Engagement. Nach anfänglichen Pilotprojekten beobachten wir in diesem Jahr verstärkt den Start von echten innovativen Produktentwicklungen.

Um die provokante Überschrift abschließend nochmals aufzugreifen: Der technologische Ansatz von IOLW und 5G könnte unterschiedlicher kaum sein. Die Wertungsfrage stellt sich daher so direkt nicht. Wenn es jedoch darum geht, Sensoren und Aktuatoren in der Feldebene „einzusammeln“ ist die Kombination aus IOL und IOLW mit Sicherheit die bessere und weitaus günstigere Wahl.

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