Während der Halbleiterproduktion werden bis zu 1.500 Prozessschritte, unter anderem zum Ätzen, Abscheiden oder der Lithografie, vorgenommen. Dementsprechend besteht ein hohes Fehlerpotential, dabei sollten fertige Wafer aufgrund ihrer hochkomplexen Strukturen nahezu mängelfrei sein. Um diese hohen Qualitätsstandards zu gewährleisten, entfallen mitunter fast 50 Prozent der Prozessschritte auf begleitende Metrologieprozesse und pro Monat werden oftmals mehrere tausend zusätzlich produzierte Kontrollwafer benötigt. Dieses Vorgehen erfordert somit einen erheblichen Mehraufwand und damit auch mehr finanzielle und materielle Ressourcen sowie zusätzliche Energie und Zeit.
Das Projekt „NEST“ (Neues Screeningtool für eine effiziente Halbleiterfertigung) hat sich genau dieser Problemstellung gewidmet: Innerhalb einer Umweltpotenzialanalyse, die von Dive, dem Fraunhofer IPMS und dem Fraunhofer IZM über letzten 1,5 Jahre hinweg durchgeführt wurde, konnte ermittelt werden, dass mit gezielten Inspektionstools nicht nur mindestens 25 Prozent der Kontrollwafer eingespart werden können, sondern auch mehr als 118.000 kg CO2-Emissionen pro Monat bei der Produktion. Dive nutzt dazu eine Spektroskopie- und Bildgebungstechnologie, die es ermöglicht, auch Fehler in tieferliegenden Schichten zu identifizieren. Den Berechnungen wurden die Bedingungen eines 28 nm Fertigungsprozess und 25.000 Waferstarts pro Monat zu Grunde gelegt. Das Projekt wurde im Rahmen des „Green ICT Space“ der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) gefördert.
Neben der allgemeinen Emissionsreduktion bietet der Einsatz solcher Screeningtools weitere ökologische Vorteile wie die Einsparung von Wasser und Chemikalien, die zur Produktion von Kontrollwafern verwendet werden. Zudem entsteht ein wirtschaftlicher Vorteil, wenn ein großer Teil an zusätzlichen Metrologieschritten gespart werden kann. Denn durch die verringerte Tool-Belegung, welche sonst durch Kontrollwafer besteht, verbessert sich auch die allgemeine Energiebilanz. Prozessabweichungen können frühzeitig erkannt werden, Fehlproduktionen werden gespart und die Produktivwaver-Ausbeute wird positiv beeinflusst.
Industrienahe Evaluation im Reinraum des Fraunhofer IPMS
Dive Imaging Systems entwickelt Inspektionstools, die die Vorteile der optischen Spektroskopie mit der Bildgebung kombinieren. Das Dive-VEpioneer-System ist das erste System von Dive, welches unter Reinraumbedingungen arbeitet. Das System erfasst Oberflächeneigenschaften, Verunreinigungen und Abweichungen von Produktionsspezifikationen innerhalb von 20 Sekunden. Durch diese zügige Überprüfung und den zusätzlichen Einsatz von KI-Algorithmen werden die Prozessschritte in der Halbleiterfertigung umfassend kontrollierbar und der Testaufwand wird reduziert.
„Die hyperspektralen Bildgebungssysteme von Dive bieten eine neue Möglichkeit zur zerstörungsfreien Prüfung ganzer Wafer. Mit der Unterstützung des Fraunhofer IPMS ist diese Technologie nun für den Einsatz in standardisierten industriellen Reinräumen verfügbar – und ermöglicht damit erhebliche Produktivitätssteigerungen und Kostensenkungen für Halbleiterfabriken.“ sagt Martin Landgraf, R&D-Manager am Fraunhofer IPMS.
Auch nach dem erfolgreichen Projektabschluss soll das Dive-VEpioneer-System am Center Nanoelectronic Technologies (CNT) des Fraunhofer IPMS verbleiben und dort weitere Wafermessungen und Evaluationen für Kunden und Partner durchführen. In weiteren gemeinsamen Projekten soll die Anlage zukünftig zudem mit einer Automatisierung des Wafer-Handlings sowie einer Equipmentkopplung für den automatischen Datentransfer weiterentwickelt werden. Mit der Übernahme von Dive Imaging Systems durch PVA TePla eröffnen sich für das Start-up weitere Evaluations- und Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere durch die Expertise und Erfahrung des Material- und Messtechnik-Spezialisten.