Ultraschnelle optische neuronale Netze Künstliche Neuronen auf Basis von Halbleitertechnologien

Dr. Andreas Tittl ist Emmy-Noether-Gruppenleiter am Lehrstuhl für Hybride Nanosysteme des Nanoinstituts München.

Bild: LMU
27.06.2023

Künstliche neuronale Netze sind eine Schlüsseltechnologie im Bereich KI und Maschinelles Lernen. Viele Anwendungen erfordern die parallele und schnelle Verarbeitung riesiger Datenmengen – mit dem entsprechend großen Energiebedarf. Das neue EU-Projekt NEHO (Neuromorphic computing Enabled by Heavily doped semiconductor Optics), an dem auch der LMU-Physiker Dr. Andreas Tittl maßgeblich beteiligt ist, zielt nun darauf ab, mithilfe einer maßgeschneiderten Kombination aus Materialwissenschaft und Photonik eine energiesparendere Alternative zu entwickeln.

Das NEHO-Projekt arbeitet an ultraschnellen neuronalen Netzen, auf deren Basis in Zukunft effizientere Methoden der Informationsverarbeitung entwickelt werden könnten. „Die Bedeutung und zentrale Vision des Projekts liegt in der Realisierung von optischen Rechengeräten mit geringerer Größe, höherer Effizienz und größerer Bandbreite“, erklärt Tittl. „In Zukunft könnten diese Geräte sich als erfolgreiche Alternative zu kommerziellen Chips etablieren.“

Optische neuronale Netze

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen die Eigenschaften von Halbleitern nutzen, um ein künstliches Neuron zu schaffen, das zum Aufbau ultraschneller optischer neuronaler Netze verwendet werden kann. Von solchen photonenbasierten optischen Systemen versprechen sich die Forschenden eine schnellere und effizientere Informationsverarbeitung als bei den derzeitigen elektronenbasierten Technologien. Zudem benötigen die neuen Netze wesentlich weniger Energie.

Wenn Photonen mit Materie in Wechselwirkung treten, erzeugen sie vergleichsweise wenig Wärme, allerdings ist die Wechselwirkung so schwach, dass es sehr schwierig ist, den Photonenfluss auf kleinen Skalen zu kontrollieren. Daher werden die NEHO-Forschenden die Vorteile hybrider Elektron-Photon-Quasiteilchen nutzen, so genannter Plasmonen.

Da ein Plasmon sowohl ein Elektron als auch ein Photon trägt, kann man auf den elektronischen Teil einwirken, um eine Veränderung des photonischen Gegenstücks zu bewirken. Diese Art der Wechselwirkung erlaubt es im Prinzip, die Photonen auf kleinen Skalen zu kontrollieren.

Charakterisierung von Wellenleitnetzwerken

Im Mittelpunkt des Projekts steht die Idee, Effekte zu nutzen, die an der Oberfläche der Halbleiter auftreten, da diese durch Veränderungen der Elektronendichte auf der Halbleiteroberfläche leicht moduliert werden können. Auf diese Weise wollen die Forschenden eine Plattform für photonische integrierte Schaltkreise entwickeln. Sie nutzt die nichtlineare Photonen-Plasmonen-Halbleitertechnologie, um eine ultraschnelle und energieeffiziente Informationsverarbeitung im mittleren Infrarotbereich zu ermöglichen.

„Die Aufgabe unserer Arbeitsgruppe an der LMU ist die optische Charakterisierung und das anschließende Testen der Wellenleiternetzwerke“, sagt Tittl. Dies sei entscheidend für die zukünftige Erweiterung und Entwicklung des Projekts, da die Netzwerke fein abgestimmt werden müssen, um zu kontrollieren, durch welche Teile des Chips die Informationen fließen.

Koordiniert wird das von der EU mit drei Millionen Euro für die nächsten drei Jahre finanzierte Projekt vom Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) in Lecce (Italien).

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