Fahrerlose Transportfahrzeuge „Autonom allein reicht nicht“

Im A&D-Interview: Torsten Gast, Geschäftsführer von InSystems.

Bild: A&D
10.03.2017

Autonome Transportroboter werden in der modernen Logistik und Produktion immer beliebter. InSystems Automation hat sich auf kundenspezifische Modelle mit Schwarmintelligenz spezialisiert. Wir haben Geschäftsführer Torsten Gast gefragt, wie es zu der Entwicklung kam und welche Besonderheiten die proANT-Modelle bieten.

A&D:

Ihr Unternehmen startete mit Programmierung und Serviceleistungen, jetzt produzieren Sie Transportroboter. Wie kam der Schritt?

Torsten Gast:

Die zwei Geschäftsführer Henry Stubert und ich haben über zehn Jahre bei der Firma Gillette in Berlin als Betriebsingenieure gearbeitet. Dort bauten wir die Logistik auf, angefangen vom Hochregallager bis hin zur Maschinenbelieferung. Auch fahrerlose Transportsysteme führten wir damals schon ein. Obwohl zum großen Teil noch spurgeführte Fahrzeuge aktuell waren, hatten wir dort bereits erste sensorgesteuerte Fahrzeuge, die sich an Reflektoren orientierten, installiert. Nachdem wir 1999 dann unser eigenes Unternehmen gründeten, spezialisierten wir uns zunächst auf SPS-Programmierung und betreuten Automatisierungsprojekte. Vor rund fünf Jahren kam dann Gillette wieder auf uns zu, ob wir nicht die alten Transportsysteme durch ein neues und modernes System ablösen könnten. Das war für InSystems der Startschuss für die eigenen proANT-Transport­roboter.

Ist proANT eine reine Eigenentwicklung?

Ja, angefangen von der Konstruktion bis hin zur Software ist es alles von uns.

Hat Ihnen Ihre Expertise in der Programmierung und Steuerung geholfen?

Auf jeden Fall! Gewisse Themen waren dadurch für uns einfach leichter zu durchschauen. Wo wir uns im Gegenzug dafür schwer getan haben, war ehrlich gesagt die Mechanik. Zu Beginn sind wir daran noch ein wenig verzweifelt, da unsere Kundschaft über Kanten fahren wollten und ähnliches. Das ist mechanisch ein großer Aufwand, inzwischen haben wir aber ausgereifte Lösungen.

Der Fokus der proANT-Systeme liegt in der Individualisierung. Warum genügen keine Standard-Transportroboter?

Lasten, Fahrwege und Übergabehöhen sind in jeder Produktion anders, daher passen wir unsere Fahrzeuge an die Gegebenheiten an, damit der Kunde möglichst wenig an seinen bestehenden Maschinen und Lagertechnik ändern muss. Wir fühlen uns als Automatisierer, das ist für mich in dieser Hinsicht sehr wichtig. Der Kunde kommt zu uns und hat eine Aufgabenstellung, welche nicht mit einem Standardfahrzeug zu bewältigen ist. Zusammen besprechen wir die Anforderungen, darauf basierend entwickeln wir die Konstruktion, Software und deren Funktionalität. Alles muss für den Kunden zu einhundert Prozent passen, darin liegt unser Mehrwert. Die fahrerlosen Transportsysteme integrieren wir also individuell in die vorhandenen Abläufe der Fertigung.

Und was steckt hinter der Schwarmintelligenz der proANT-Fahrzeuge?

Zuerst sind unsere fahrerlosen Transportfahrzeuge natürlich personensicher. Safety-Funktionen erkennen Menschen und Hindernisse und die Fahrzeuge bleiben immer rechtzeitig stehen oder weichen aus. So navigieren die proANT-Fahrzeuge autonom, suchen sich ihren eigenen Weg, umfahren Hindernisse selbständig oder suchen sich Alternativrouten, um möglichst schnell an ihr Ziel zu gelangen. Außerdem kommunizieren unsere Transportroboter auch untereinander, um Staus zu vermeiden. Fällt beispielsweise auch ein proANT innerhalb einer Flotte aus, übernimmt automatisch ein anderer dessen Aufgabe.

Können Sie Beispiele des Flottenmanagements nennen?

Bei Gillette gibt es mittlerweile 10 proANTs. Über unsere Flotten-Software wird die Materialverfolgung durchgeführt. Das heißt, von einer Produktionsmaschine kommt ein Auftrag, den unsere Software im Hochregallager gleich bucht. Wir disponieren gleichzeitig ein Fahrzeug, welches dann das Material vom Hochregallager automatisch zur Maschine bringt. Dabei gilt es natürlich Spezialitäten zu betrachten, beispielsweise, dass die letzte Maschine am weitesten vom Lager entfernt ist, Aufträge an die proANTs werden deshalb priorisiert. Ein anderer Fall ist eine große Druckerei in Berlin, wo die Gänge extrem eng sind. In manchen Bereichen müssen die proANTs den Einbahnstraßenverkehr beherrschen. Hier ist abermals die Software entscheidend, um das darstellen und abbilden zu können.

Was sind die nächsten Entwicklungsschritte?

Natürlich wollen wir die Fahrzeugtechnik kontinuierlich verbessern und ausbauen. Konkret entwickeln wir einen Transportroboter mit spezieller Mechanik, der ein Behältnis hinter sich herzieht, ohne dass es Klemm- und Quetschstellen gibt. Der Bedarf ist riesig, Kunden fragen uns vermehrt nach diesen Lösungen.

Werden Transportroboter zu Ihrem Hauptgeschäft?

Grundsätzlich sieht es so aus. Aber ich möchte jeden anderen Kunden beruhigen, denn die Automatisierungssparte, in der wir 200 aktive Kunden haben, werden wir mit gleichem Elan weiter vorantreiben wie die proANT-Sparte.

Bildergalerie

  • InSystems entwickelt individuelle Transportroboter für Lasten von 30 bis 1.000 kg und implementiert sie als Flotte in die vorhandene Produktionssteuerung.

    InSystems entwickelt individuelle Transportroboter für Lasten von 30 bis 1.000 kg und implementiert sie als Flotte in die vorhandene Produktionssteuerung.

    Bild: Insystems Automation

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