Risiko durch mangelnde Daten Warnung: Unausgereifte Technologien des chemischen Recyclings riskant

Für die Deutsche Umwelthilfe ist es klar: Unerforschte Prozesse und fehlende Daten des chemischen Recyclings sind zu riskant.

Bild: iStock, Marina Vol
18.04.2023

Neue Studien der EU-Komission zum chemischen Recycling zeigt große Datenlücken – und genau darin liegt die Gefahr: Die Umweltverträglichkeit bestimmter Stoffe ist nicht belegt. Auch ein hoher Materialverlust, giftige Nebenprodukte und ein hoher Energieverbauch sprechen gegen unausgereifte Technologien.

Anlässlich zwei neuer von der Europäischen Kommission beim Joint Research Center (JRC) in Auftrag gegebenen Studien zum chemischen Recycling von Kunststoffen warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor den riskanten und unausgereiften Technologien der Pyrolyse und Vergasung. Diese werden unter dem Begriff des chemischen Recyclings immer häufiger als Alternative zu nachweislich umweltfreundlichen werkstofflichen Recyclingverfahren ins Spiel gebracht.

Tatsächlich verbraucht das chemische Recycling jedoch besonders viel Energie, führt zu enormen Materialverlusten und erzeugt giftige Nebenprodukte. Investitionen in diese Technologien sind nach Einschätzung der DUH nicht zielführend und könnten eine umweltgerechte Kreislaufwirtschaft sogar gefährden.

Nach Einschätzung des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes setzen die JRC-Studien falsche Schwerpunkte, enthalten fragwürdige Annahmen und weisen große Datenlücken auf. Nachweise zu den angeblichen Umweltvorteilen des chemischen Recyclings gegenüber etablierten Verfahren werden nicht erbracht.

Gefahr unerforschter Prozesse

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, meint: „Die JRC-Studien der Europäischen Kommission dürfen nicht als Grundlage verwendet werden, um den Technologien des chemischen Recyclings den Weg zu ebnen sowie politische Maßnahmen oder eine Wirtschaftsförderung abzuleiten. Dazu sind die Daten zu lückenhaft, die technischen Prozesse zu unerforscht und die getroffenen Annahmen zu Innovationen zu fragwürdig. Die Pyrolyse und Vergasung von Kunststoffen sind hochriskant und haben massive Umweltauswirkungen.

Um die Probleme durch Kunststoffabfälle in den Griff zu bekommen, sind bereits viele Lösungsansätze vorhanden - sie müssen nur umgesetzt werden. So könnten viel mehr Verpackungen recycelt werden, wenn sie recyclingfähig gestaltet würden. Auch sollten durch Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Öko-Design Abfallmengen insgesamt reduziert werden. Das chemische Recycling darf wichtige Investitionen und Entwicklungen in diese Richtung keinesfalls behindern.“

Chemische Recyclingtechniken sind mit einem enormen Energiebedarf verbunden, da Kunststoffe unter hohen Temperaturen in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und dann unter erneutem Energieaufwand wieder zusammengesetzt werden müssen. Bei der Pyrolyse und Vergasung gehen zudem bei jedem Recyclingvorgang bis zu 50 Prozent des Materials verloren.

Gesundheitsrisiko vorhanden

Dazu können giftige Chemikalien entstehen, die in aufwändigen Aufbereitungsprozessen wieder entfernt werden müssen und als gefährliche Abfälle zurückbleiben. Beim werkstofflichen Recycling bestehen diese Probleme nicht, denn die hergestellten Kunststoffe bleiben als solche erhalten und müssen nicht bis auf molekulare Ebene zerlegt und wieder zusammengefügt werden. Dadurch ist der Energieaufwand viel geringer und der ökologische Nutzen entsprechend groß.

Thomas Fischer, DUH-Leiter Kreislaufwirtschaft erklärt: „Die Politik darf sich von den JRC-Studien nicht täuschen lassen. Initiativen sollten sich auf nachweislich umweltfreundliche Maßnahmen wie eine Verbesserung der Recyclingfähigkeit, von Sortiertechnologien und werkstofflichem Recycling konzentrieren. Dort schlummern noch große Potentiale, die gehoben werden müssen. Ebenso wichtig ist es, dass das chemische nicht mit dem werkstofflichen Recycling gleichgestellt und beispielsweise auf die gesetzlichen Recyclingquoten angerechnet werden darf. Dadurch geriete das werkstoffliche Recycling ins Hintertreffen, was schlecht für die Umwelt wäre.“

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