Start-ups in der Elektronikindustrie Von Einhörnern und guten Feen

ANSYS Germany GmbH Conrad Electronic SE

Bild: Otego; Tado; iStock, DaydreamsGirl
14.03.2018

Wer in die Welt der Start-ups hinauszieht, um seine Ideen zu verwirklichen, wird dabei Antworten auf unzählige Fragen finden müssen und mächtigen Einhörnern begegnen. Aber auch einige Elektronikriesen sind bereits in dieser Welt aktiv. Als gute Feen helfen sie Firmengründern beim Aufbau ihrer Unternehmen.

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An einem kühlen Dezemberabend im Jahr 2011 machte es sich der Elektrotechniker Hans Crijns mit einer Arduino-Plattform gemütlich. Er hatte beschlossen, seinen Zimmerpflanzen etwas Gutes zu tun: Inspiriert von einem Sensor-Kit, mit dem Pflanzen „twittern“, wenn ihnen das Wasser ausgeht, wollte er eine ähnliche Lösung basteln, die seinen Vorstellungen noch besser entspricht. Nur wenige Wochen später wurde aus dem Vorhaben ein fertiges Produkt. Durch die richtigen Kontakte hat es mittlerweile tausende Abnehmer gefunden.

Die Technik-Branche züchtet Einhörner

Aus der Idee von Hans Crijns ist kein zweites Ebay oder Amazon entstanden. Doch so wie seine beginnen viele Start-up-Geschichten. Sie folgen damit einem bekannten Muster. Den ersten Apple-Computer schraubten Steve Jobs und Steve Wozniak bekanntermaßen in der Garage zusammen. Auch der Erfolg von Google hat seine Wurzeln zwischen Autoreifen und Werkzeugbank. Seit dem Computer- und Internet-Boom der 1980er- und 1990er-Jahre hat sich für Jungunternehmer allerdings vieles geändert. Die Konkurrenz ist heute wesentlich größer und vieles wurde bereits erfunden.

Dennoch wächst die Zahl der Start-ups in allen Branchen. Besonders im Tech-Bereich tummeln sich unter den neugegründeten Unternehmen immer mehr Einhörner – 165 zählte der Branchendienst CB Insights im Jahr 2016. Einhörner sind besonders wertvolle Start-ups, die nicht an der Börse vertreten und dennoch mehr als eine Milliarde Dollar wert sind. Der Grund dafür ist, dass Investoren ein vielversprechendes Geschäftsmodell wittern und kräftig investieren. Die Geldspritzen mögen eine willkommene Starthilfe für Jungunternehmen sein, doch diese Art der Finanzierung birgt die Gefahr einer Blase. Denn wer kann sagen, ob ein Start-up wirklich das Zeug dazu hat, die investierten Milliarden zu erwirtschaften? Vor allem, wenn in einem Bereich mehrere Einhörner um den Durchbruch konkurrieren.

Gut, dass es abseits von Venture Capital für Start-ups noch mehr Möglichkeiten gibt, sich zu finanzieren. Plattformen wie Startnext.com oder Seedmatch.de bieten beispielsweise Crowdfunding an, mit dem sich das finanzielle Risiko auf mehrere Schultern verteilen lässt. Gerade für sehr spezifische Ideen und Firmengründungen, die noch am Anfang ihres Wegs stehen, bieten sich Accelerator- und Inkubatorprogramme an. Damit erhalten Start-ups Unterstützung von außen. Während der Fokus bei Acceleratoren darauf liegt, ein Produkt möglichst schnell zur Marktreife zu bringen, geben Inkubatoren den Ideen Zeit zum Reifen.

Die Großen spielen mit

Da sich oft etablierte Unternehmen an solchen Programmen beteiligen, können Jungunternehmen von bestehendem Know-how, Netzwerken oder Büro-Infrastruktur profitieren. Im Gegenzug haben die Unternehmen einen Zugang zu den kreativen Ideen der Start-ups und können sich als gute Feen für die Googles und Amazons von morgen einen Namen machen. Wer mit den Jungen ins Gespräch kommt und gemeinsam mit ihnen nach vorne blickt, legt auch eine solide Basis für die eigene Unternehmenszukunft. Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young schätzt, dass etablierte Unternehmen sich immer stärker auf dem Transaktionsmarkt für junge und lukrative Tech-Start-ups engagieren werden, um sich für die digitale Transformation aufzustellen und nah an den Innovationen zu bleiben. Laut Ernst & Young besteht vor allem bei Finanzierungen zwischen drei und zehn Millionen Euro großer Bedarf.

Beispiele aus der Elektronikindustrie unterstreichen, dass das Interesse der Großen, bei den Kleinen mitzuspielen, immer größer wird. Den Zugang suchen Unternehmen dabei auf ganz unterschiedliche Weise. Conrad Electronic bietet zum Beispiel ambitionierten Start-ups Unterstützung, um die Umsetzung von Ideen zu fördern und den Nachwuchs vom ersten Prototyp bis zum marktreifen Produkt zu begleiten. Wachstumschancen für Start-ups bietet der Distributor in Form von Kooperationsszenarien mit Zugang zu seinen Vertriebskanälen und seinem Kundenstamm.

Auch Ansys weiß, dass aller Anfang schwer ist und bietet Jungunternehmen und Inkubatoren im Rahmen eines Programms Zugriff auf Simulationssoftwarepakete. Diese sind preislich so ausgelegt, dass sie Start-ups helfen, ihr Geschäft schnell und kostengünstig zu erweitern. Partner im Start-up-Programm erhalten Zugriff auf Ansys-Software – unter anderem auf das gesamte Portfolio an Multiphysik-Simulationspaketen – und können so schneller mit dem Aufbau virtueller Prototypen neuer Produkte loslegen. Einen etwas sportlicheren Ansatz verfolgte Texas Instruments und gab Start-ups im Rahmen eines Wettbewerbs die Möglichkeit, sich vorzustellen. Im Oktober 2017 fand der Pitch-Wettbewerb unter dem Namen Techmatch in München statt. Zehn Hardware-Start-ups durften dabei ihre Idee einer Jury vorstellen. Das Mobilitäts-Start-up Urmo aus München, das ein zusammenklappbares elektrisches Kleinstfahrzeug entwickelt hat, konnte sich gegen die Konkurrenz durchsetzen und darf nun an einem Digital-Marketing-Workshop teilnehmen, um seine Idee weiter zu vermarkten.

Ein Name, der im Zusammenhang mit Start-ups immer wieder fällt, ist Arrow. Der Elektronik-Distributor hat auf der diesjährigen Embedded World die 3D-Ultraschallsensor-Technologie von Toposens vorgestellt – einem Start-up, das 2017 den Innovators Award von Arrow erhielt. Es hatte sich gegen 33 weitere Technik-Neugründungen aus den Bereichen Elek-
tronik und Elektrotechnik durchgesetzt. Arrow Electronics kooperiert außerdem seit 2016 mit der internationalen Crowdfunding-Plattform Indiegogo, um IoT-Unternehmern schneller zur Marktreife ihrer Produkte zu verhelfen.

Im Jahr 2017 gingen Arrow und Indiegogo eine Partnerschaft mit IBM ein, um noch mehr Start-ups mit Fachwissen, Ressourcen und Finanzmitteln zu unterstützen. Die Kombination der Kapazitäten von IBM mit Indiegogo und der Entwicklungs- und Produktionsexpertise von Arrow soll die Anzahl und die Qualität von IoT-Geräten auf dem Markt steigern. Durch die Partnerschaft haben zertifizierte Unternehmen auf Indiegogo Zugang zu mehr als 160 Cloud-Diensten und können damit unter anderem künstliche Intelligenz, Blockchain, erweiterte Datenanalysen oder Cyber-Sicherheit in ihre IoT-Entwicklungen integrieren.

Außerdem finden Bastler bei Arrow die nötige Startausrüstung in Form von Development-Kits wie Raspberry Pi oder Arduino. Mit dem richtigen Unternehmergeist ist einer Elektrotechnikerin aus den USA auf eben diesem Gebiet ein kleines Start-up-Wunder geglückt: MIT-Absolventin Limor Fried wollte 2005 einen Platz für das Online-Lernen von Elektronik schaffen und die besten Produkte für Maker aller Altersgruppen und Wissensstände entwickeln. Mit Adafruit ist ihr das gelungen. Das Unternehmen im Herzen von New York hat mittlerweile mehr als 100 Mitarbeiter und sein Angebot um Werkzeuge, Ausrüstung und Elektronik erweitert.

Ideenreichtum und Nachwuchs aus Deutschland

Auch aus Deutschland sind Erfolgsgeschichten zu vermelden: So hat sich das Smarthome-Start-up Tado aus München seit seiner Gründung im Jahr 2011 kräftig entwickelt und besitzt mittlerweile einen Gesamtfinanzierungswert von mehr als 50 Millionen Euro. Gut läuft es auch bei Otego: Die Ausgründung des Karlsruher Institut für Technologie hat es sich zum Ziel gesetzt, die Produktion von gedruckten thermoelektrischen Generatoren zu automatisieren. Die elektrischen Schaltungen werden bereits mit großindustriellen Druckmaschinen im Rolle-zu-Rolle-Prozess auf ultradünne Folien gedruckt.

Es mangelt also weder an Ideen noch an ihren Unterstützern. Das lässt auf eine strahlende Start-up-Zukunft in Deutschland hoffen, bei der auch die Elektronikindustrie eine große Rolle spielen wird. Denn laut der VDE-Studie „Young Professionals der Elektro- und Informationstechnik“ können sich 33 Prozent der jungen Elektroingenieure vorstellen, ein Start-up zu gründen, und 5 Prozent planen das bereits seit längerem konkret.

Weitere Zahlen rund um die deutsche Start-up-Szene finden Sie auf den folgenden Seiten.

Bildergalerie

  • So sehen Gründer aus: Das Team von 
Otego (v.l.n.r.) besteht aus Silan Aslan, Frederick Lessmann, André Gall und Matthias Hecht. Otego hat jüngst eine millionenschwere Anschubfinanzierung von einem Finanzierungs-Konsortium erhalten.

    So sehen Gründer aus: Das Team von
    Otego (v.l.n.r.) besteht aus Silan Aslan, Frederick Lessmann, André Gall und Matthias Hecht. Otego hat jüngst eine millionenschwere Anschubfinanzierung von einem Finanzierungs-Konsortium erhalten.

    Bild: KIT

  • Gehören schon zu den alten Hasen: Leopold von Bismarck (CMO), Johannes Schwarz (CTO), Christian Deilmann (CPO), Lars Merle (CFO / COO), Toon Bouten (CEO) von Tado (v.l.n.r). Das Start-up ist mittlerweile mehr als 50 Millionen Euro wert und beschäftigt über 100 Mitarbeiter.

    Gehören schon zu den alten Hasen: Leopold von Bismarck (CMO), Johannes Schwarz (CTO), Christian Deilmann (CPO), Lars Merle (CFO / COO), Toon Bouten (CEO) von Tado (v.l.n.r). Das Start-up ist mittlerweile mehr als 50 Millionen Euro wert und beschäftigt über 100 Mitarbeiter.

    Bild: Tado

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