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Biologisch abbaubarer Kondensator Stromversorgung aus Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz

Die biologisch abbaubare Batterie besteht aus vier Schichten, die alle nacheinander aus einem 3D-Drucker fließen.

Bild: Gian Vaitl, Empa / Video: Empa

04.06.2021

Forscher haben einen 3D-gedruckten Superkondensator aus biologisch abbaubaren Materialien hergestellt. Er kann beispielsweise Sensoren in der Transportlogistik oder Medizintechnik mit Strom versorgen und so zu einem Schlüsselbaustein im Internet of Things werden. Nach Gebrauch lässt er sich einfach in der Natur entsorgen.

Die Anzahl von Mikrogeräten, die etwa in der Verpackungs- und Transportlogistik Daten senden, wird weiter zunehmen. Diese Geräte brauchen Energie – doch die notwendige Menge an Batterien würde die Umwelt stark belasten.

Empa-Forscher haben nun einen kompostierbaren Mini-Kondensator entwickelt, der das Problem lösen soll. Er besteht lediglich aus Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz und konnte bereits erfolgreich getestet werden.

Sandwich aus vier Schichten

Hergestellt wird die bioabbaubare Batterie mittels eines modifizierten, handelsüblichen 3D-Druckers. Die eigentliche Innovation liegt im Rezept für die gelatinösen Tinten, die der Drucker auf eine Oberfläche spritzen kann.

Die Mixtur, um die es dabei geht, besteht aus Zellulose-Nanofasern und Zellulose-Nanokristalliten. Dazu kommt Kohlenstoff in Form von Ruß, Graphit und Aktivkohle. Um alles zu verflüssigen, nutzen die Forscher Glycerin, Wasser und zwei verschiedene Sorten Alkohol, dazu eine Prise Kochsalz für die ionische Leitfähigkeit.

Damit aus diesen Zutaten ein funktionierender Superkondensator wird, braucht es vier Schichten, die alle nacheinander aus dem 3D-Drucker fließen: eine flexible Folie, eine stromleitende Schicht, eine Elektrode und zum Schluss einen Elektrolyten. Das Ganze wird dann wie ein Sandwich zusammengefaltet, mit dem Elektrolyten in der Mitte. Heraus kommt ein Mini-Kondensator für den Komposthaufen.

Dieser Kondensator kann über Stunden Strom speichern und schon jetzt eine kleine Digitaluhr antreiben. Er soll tausende Lade- und Entladezyklen und voraussichtlich auch jahrelange Lagerung überstehen, selbst bei frostigen Temperaturen. Außerdem ist er resistent gegen Druck und Erschütterung.

Viele Versuche bis zum Durchbruch

Wird die Stromversorgung nicht mehr gebraucht, kann sie auf dem Komposthaufen oder einfach in der Natur landen. Nach zwei Monaten ist sie in ihre Bestandteile zerfallen, nur ein paar sichtbare Kohlepartikel bleiben übrig. Auch das haben die Forscher bereits ausprobiert.

„Das klingt recht einfach, das war es aber ganz und gar nicht“, sagt Xavier Aeby von der Empa-Abteilung „Cellulose & Wood Materials“. Lange Versuchsreihen seien nötig gewesen, bis alle Parameter stimmten, alle Komponenten zuverlässig aus dem Drucker flossen und der Kondensator schließlich funktionierte. „Als Forscher wollen wir ja nicht nur herumprobieren, sondern auch verstehen, was im Inneren unserer Materialien geschieht.“

Gemeinsam mit seinem Chef Gustav Nyström hat Aeby das Konzept des bioabbaubaren Stromspeichers entwickelt und umgesetzt. Er hat Mikrosystemtechnik an der EPFL studiert und ist für seine Doktorarbeit an die Empa gewechselt.

Nyström und sein Team forschen seit Jahren an funktionalen Gelen auf Basis von Nanozellulose. Das Material ist nicht nur ein umweltfreundlicher, nachwachsender Rohstoff, sondern durch seine innere Chemie auch vielseitig einsetzbar. „Das Projekt eines kompostierbaren Stromspeichers lag mir schon lange am Herzen“, sagt Nyström. „Wir haben uns mit unserem Projekt ,Printed Paper Batteries‘ um Empa-interne Forschungsgelder beworben und konnten dann mit diesen Mitteln unsere Aktivitäten starten. Nun haben wir ein erstes Ziel erreicht.“

Anwendung im IoT

Nyström und Aeby erwarten, dass sich der Superkondensator schon bald zu einem Schlüsselbaustein für das Internet of Things entwickeln könnte. „In Zukunft könnte man solche Kondensatoren etwa mithilfe eines elektromagnetischen Feldes kurz aufladen, dann würden sie über Stunden Strom für einen Sensor oder Mikrosender liefern“, sagen die Forscher. So ließe sich beispielsweise der Inhalt einzelner Pakete während des Versandwegs überprüfen.

Auch eine Stromversorgung von Sensoren im Umwelt-Monitoring oder in der Landwirtschaft ist denkbar. Die Batterien müssten dann nicht wieder eingesammelt werden, sondern könnten nach verrichteter Arbeit einfach in der Natur verbleiben.

Ein weiteres Einsatzfeld ist die patientennahe Labordiagnostik („Point of Care Testing“). Dazu zählen etwa kleine Testgeräte für den Einsatz am Krankenbett oder Selbsttestgeräte für Diabetiker. Auch für solche Anwendungen könnte sich nach Überzeugung von Nyström der kompostierbare Zellulose-Kondensator gut eignen.

Bildergalerie

  • Nach zwei Monaten im Erdreich hat sich der Kondensator aufgelöst, nur wenige sichtbare Kohlenstoffpartikel bleiben zurück.

    Nach zwei Monaten im Erdreich hat sich der Kondensator aufgelöst, nur wenige sichtbare Kohlenstoffpartikel bleiben zurück.

    Bild: Gian Vaitl, Empa

  • Entwickelt wurde die biologisch abbaubare Batterie von den Empa-Forschern Xavier Aeby und Gustav Nyström.

    Entwickelt wurde die biologisch abbaubare Batterie von den Empa-Forschern Xavier Aeby und Gustav Nyström.

    Bild: Gian Vaitl, Empa

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