Klimaneutrale Chemieproduktion Startschuss für grünes Methanol in Leuna

Grafik zum „e-CO2Met“-Projekt: In Leuna entsteht eine grüne Produktion von Methanol.

Bild: TotalEnergies
15.06.2021

In Sachsen-Anhalt ist ein Projekt an den Start gegangen, das die Methanol-Herstellung aus kohlenstoffarm produziertem Wasserstoff und abgetrenntem Kohlendioxid zum Ziel hat. Dafür bündeln ein Energieunternehmen, ein Elektrolyseur-Hersteller und zwei Fraunhofer-Institute ihre Technologien.

TotalEnergies hat gemeinsam mit Sunfire, dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP und dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS das Projekt „e-CO2Met“ gestartet. Es soll einen wichtigen Ansatz für weniger klimaschädliche Treibhausgasemissionen in der Chemieindustrie liefern, indem es klimaneutrales Methanol auf Basis von Wasserstoff und CO2 erzeugt.

Derzeit produziert TotalEnergies in seiner Raffinerie Leuna jährlich rund 700.000 t Methanol auf Basis fossiler Rohstoffe. Das Unternehmen ist damit der größte Methanol-Produzent in Europa. Eine Umstellung auf grüne Technologien hätte dementsprechend starke Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen der Branche.

Drei Technologien in Kombination

In „e-CO2Met“ testen die Partner das Zusammenspiel von drei verschiedenen Prozessen: die Nutzung von CO2 aus der Raffinerie, die Verwendung von grünem Wasserstoff, der durch Hochtemperatur-Elektrolyse erzeugt wird, und die anschließende Methanol-Synthese auf der Skalierungsplattform „Hy2Chem“.

„Das F&E-Programm von TotalEnergies zur CO2-Abschneidung und -Speicherung entwickelt Ansätze für die wirtschaftlich sinnvolle Wiederverwendung von CO2, die im Einklang mit den Klimaambitionen des Unternehmens stehen“, erklärt Marie-Noelle Semeria, Technologievorständin bei TotalEnergies. Dabei sei „e-CO2Met“ das erste Pilotprojekt des Unternehmens zur Umwandlung von CO2 mit erneuerbarer elektrischer Energie in Methanol.

Während das erzeugte Methanol selbst bereits als E-Fuel betrachtet werden kann, lässt es sich laut Semeria vor allem als Ausgangsstoff für Produkte wie nachhaltigen Flugzeugtreibstoff nutzen. Thomas Behrends, Geschäftsführer der TotalEnergies-Raffinerie Mitteldeutschland, ergänzt dazu: „Mit der innovativen Herstellung von synthetischem Methanol können Erdöl und Erdgas in der chemischen Industrie ersetzt und die benötigten Rohstoffe klimaneutral produziert werden. Damit leisten wir einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Grundstoffchemie.“

Effizienter Elektrolyseur als Schlüsselelement

Ein Kernstück des Projekts ist der 1-MW-Hochtemperatur-Elektrolyseur der Dresdner Firma Sunfire. Der Wirkungsgrad der Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbarem Strom und Wasserdampf beträgt über 80 Prozent – und soll damit weitaus höher liegen als bei anderen Elektrolyseuren. Dadurch benötigt die Anlage auch deutlich weniger Strom, um ein Kilogramm Wasserstoff zu erzeugen.

„Unsere innovative Elektrolyse-Technologie ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung aller Industriesektoren, die heute noch von fossilen Brennstoffen abhängig sind“, sagt Sunfire-Geschäftsführer Nils Aldag. „Besonders in der Raffinerie- und Chemieindustrie braucht es saubere und nachhaltige Lösungen, um die ambitionierten Klimaziele der EU zu erreichen. Wir freuen uns auf eine starke Partnerschaft im ,e-CO2Met‘-Projekt.“

Tests im industriellen Maßstab

Im nächsten Schritt werden der durch Elektrolyse gewonnene Wasserstoff und hochkonzentriertes CO2 aus den Produktionsprozessen der Raffinerie zu grünem Methanol umgesetzt. Hierzu planen das Fraunhofer CBP und TotalEnergies eine Pilotanlage, die im neuen Fraunhofer-Hydrogen-Lab im Chemiepark Leuna aufgebaut wird. Die Pilotanlage ist das erste Projekt der vom Land Sachsen-Anhalt über EFRE-Mittel geförderten Skalierungsplattform „Hy2Chem“.

„Mit der ,Hy2Chem‘-Plattform können wir die Nutzung des regenerativ erzeugten Wasserstoffs zur Herstellung von Basischemikalien und Kraftstoffen in nachhaltigen Syntheseprozessen erstmals im großen Maßstab erproben – auch unter den Bedingungen eines fluktuierend anfallenden Wasserstoffstroms“, erläutert Gruppenleiterin Dr. Ulrike Junghans, die das Projekt am CBP koordiniert.

Eine Grundvoraussetzung für die industrielle Umsetzung derartiger Prozesse sind weiterentwickelte Elektrolyseure und Syntheseverfahren. Hier kommt das Hydrogen Lab Leuna mit seiner Testinfrastruktur im industriellen Maßstab sowie wissenschaftlicher Begleitung ins Spiel: Es erlaubt, unterschiedliche Lastprofile der Einspeisung von erneuerbaren Energien zu simulieren, Fluktuation im Tageslauf und zu unterschiedlichen Jahreszeiten abzubilden und damit wichtige Erkenntnisse zur Auslegung und zur Kostenschätzung der Systeme zu gewinnen.

„Mit dem Hydrogen Lab Leuna betreiben wir die deutschlandweit ersten Systemteststände, die vollständig in ein Infrastrukturnetz der Chemieindustrie integriert sind und somit Projekte im Bereich der Power-to-X-Prozesse ermöglichen“, erklärt Dr. Moritz Kühnel, der die Forschungsaktivitäten zur Elektrolyse am Fraunhofer IMWS koordiniert. „Wir können technologieoffen industrielle Elektrolyseure im Realbetrieb testen, gemeinsam mit der Industrie weiterentwickeln und gleichzeitig wertvolle Erfahrungen zur Wasserstoff-Einspeisung in das Pipeline-System unseres Kooperationspartners Linde sammeln – und das bis zunächst 5 MW.“

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