„OPC UA wächst in die Feldebene hinein“ So spielt OPC UA mit Feldbussen zusammen

Peter Lutz, Director Field Level Communications der OPC Foundation

Bild: OPC Foundation
03.11.2020

OPC UA verbessert die Durchgängigkeit von Informationen und vereinheitlicht industrielle Kommunikationssysteme über alle Ebenen hinweg. Peter Lutz, Director Field Level Communications der OPC Foundation, klärt im Interview über das aktuelle und künftige Zusammenspiel von OPC UA mit den Feldbussen auf.

Ist OPC UA der neue „Klebstoff“ in den Fa­briken der Unternehmenswelt?

OPC UA ist eine gut etablierte indus­trielle Kommunikationstechnologie für herstellerübergreifende Interoperabilität zwischen Geräten und Softwareanwendungen auf der Grundlage eines offenen industriellen Standard (IEC62541). Der Ansatz von OPC UA besteht aus einem Austausch von Informationen, der Fähigkeiten zur Informationsmodellierung und integrierten Sicherheitsmechanismen. OPC UA wird heute in einem breiten Spektrum von Anwendungsfällen und Anwendungsbereichen in der Fabrik- und Prozessautomatisierung eingesetzt. OPC UA wird mit komplementären Technologien und Standards kombiniert, um die Vision einer einheitlichen, standardbasierten Kommunikationslösung umzusetzen. Beispiele für solche komplementären Technologien sind zum Beispiel Ethernet und Ethernet TSN (IEEE 802.3 und IEEE 802.1) oder Ethernet ALP sowie Protokolle höherer Schichten wie UDP/IP, TCP/IP oder MQTT. Für die Zukunft wird OPC UA weiter in die Feldeben wachsen, so dass eine konsistente, einheitliche IIoT-Kommunikationslösung zur Verfügung steht, die End-to-End-Konnektivität und Interkonnektivität von Feld zu Cloud und umgekehrt bietet und alle Anforderungen für die industrielle Automatisierung wie Echtzeit, funktionale Sicherheit und Bewegungssteuerung abdeckt.

Können Instrumente und Maschinen OPC UA verwenden und Daten direkt in die Cloud senden?

Nahezu alle Steuerungen aller namhaften Automatisierungshersteller bieten OPC UA-Konnektivität zu der Vielfalt von IT- und OT-Anwendungen (wie beispielsweise SCADA-, HMI-, MES/ERP-Systeme) und sogar bis hin zu Edge- oder Cloud-Systemen. Die Feldgeräte werden jedoch typischerweise über die verschiedenen Feldbusse angeschlossen und bieten daher keine direkte OPC UA-Konnektivität. Daher werden typischerweise Gateways und/oder Controller verwendet, um Daten zu filtern oder zu aggregieren und diese Daten über OPC UA verfügbar zu machen.

Wie ist die Schnittstelle zwischen den Feldbussen und OPC UA?

Für die meisten der heutigen Feldbusse wird eine Verbindung mit OPC UA über Controller oder spezifische Gateways hergestellt, die als Konverter zwischen den Feldbusprotokollen/Profilen und dem OPC UA Framework fungieren. Der Vorteil einer direkten Kommunikation/Zugriff auf ein Feldgerät über OPC UA besteht darin, dass keine Konvertierung der Information (Semantik) und/oder des Protokolls (Transport) erforderlich ist. Darüber hinaus bieten Controller heute auch aufgrund von Leistungseinschränkungen nur begrenzten Zugang zu Informationen, die von den an den Controller angeschlossenen Geräten stammen. Die direkte Konnektivität ermöglicht den vollen Zugriff auf die Informationen mit einem einheitlichen industriellen Kommunikationsstandard und einem gemeinsamen Informationsmodellierungsstandard. Schließlich bietet die Verwendung von OPC UA als gemeinsamer und konsistenter Standard eine viel höhere Konnektivitätsflexibilität und gleichzeitig einen sicheren Zugriff. Die Vision der Foundation ist es, eine einheitliche und standardisierte IIoT-Kommunikationslösung bereitzustellen, so dass Geräte verschiedener Hersteller von der Feld­ebene bis zur Steuerungsebene und sogar bis zur Cloud miteinander kommunizieren können. Da es sich bei OPC UA (IEC 62541) und Ethernet beziehungsweise Ethernet TSN (IEEE 802.3 und 802.1) oder Ethernet APL um herstellerneutrale internationale Standards handelt, werden sich Anwender nicht mehr mit inkompatiblen Protokollen oder proprietären Systemen auseinandersetzen müssen. Durch die Übernahme von OPC UA über den TSN-Standard können sie von der herstellerneutralen Peer-to-Peer-Kommunikation und -Steuerung zwischen Sensoren, Steuergeräten, PLCs und verteilten Steuerungssystemen profitieren, ohne dass kostspielige und zeitaufwändige Softwareentwicklung oder umständliche Gateways und Brücken erforderlich sind.

Löst OPC UA dann 4-20mA ab? Oder jeden anderen Feldbus?

Die Absicht der OPC Foundation und der FLC-Initiative ist es nicht, „noch einen weiteren Feldbus“ zu entwickeln. Der Ansatz besteht darin, OPC UA um Funktionen zu erweitern, die für die Kommunikation auf Feldebene erforderlich sind, und diese Lösung mit Technologien wie Single-Pair Ethernet (SPE) und Advanced Physical Layer (APL) zu kombinieren, um die verschiedenen Anforderungen in Anwendungen der Fabrik- und Prozessautomatisierung abzudecken. Dieser Ansatz trägt zur Konvergenz der heutigen heterogenen Landschaft mit den verschiedenen Feldbus- und Real-Time-Ethernet-Lösungen bei. Durch die Erweiterung von OPC UA um die Anforderungen von Anwendungen in der Fabrik- und Prozessautomatisierung wird OPC UA zu einer attraktiven Alternative zu traditionellen Feldbussen, insbesondere weil es eine vollständige und umfassende Kommunikationslösung (Transport plus Informationsmodellierung plus gemeinsame Semantik) bietet, die vollständig vom Sensor bis zur Wolke und umgekehrt skalierbar ist. Und es umfasst Merkmale wie Determinismus, funktionale Sicherheit usw., die es ermöglichen, die heutigen Feldbusse mittel- bis langfristig zu ersetzen.

Wie wichtig ist die Differenzierung von Feldbussen in einer digitalen, integrierten Welt?

Digitalisierung und neue digitale Dienste erfordern die Integration von IT-Technologien mit OT-Produkten, -Systemen, -Lösungen und -Diensten über ihre gesamte Wertschöpfungskette hinweg, die sich von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Wartung erstreckt. Feldbusse sind – wie der Name bereits andeutet – Lösungen für den Feldbereich und werden daher zur Verbindung von Feldgeräten mit Steuerungen (Programmable Logic Control, Motion Control) oder verteilten Steuerungssystemen (DCS) eingesetzt. Deshalb ist in einer digitalen, integrierten Welt eine direkte und standardisierte Geräte- und Anwendungsübergreifende Konnektivität vom Feld zur Cloud und zurück unerlässlich, um produktions- und prozessbezogene Informationen innerhalb und außerhalb einer Fabrik mit einer einzigen IIoT-Kommunikationslösung auszutauschen.

Haben Feldbusse, Cloud-Kommunikation und 5G gemeinsame Regeln und Standards zu befolgen?

OPC UA bietet eine Sammlung von industriellen Funktionen, welche flexibel eingesetzt und auf die verschiedenen Anwendungsbereiche und Anwendungsfälle in IT und OT sowie in der Fabrik- und Prozessautomatisierung angewendet werden kann. Die Mechanismen zur Informationsmodellierung und zum Informationsaustausch folgen gemeinsamen Regeln und Praktiken (zum Beispiel Sicherheit, Kommunikationsdienste, Servicequalität). Um das breite Spektrum der Anforderungen in IT und OT zu unterstützen, sind jedoch spezifische Merkmale und Funktionssätze erforderlich, beispielsweise funktionale Sicherheit für die Kommunikation auf Feldebene oder große Datenmengen für die Cloud-Konnektivität. Der Vorteil des industriellen Standards von OPC UA besteht darin, dass die Konzepte leicht wiederverwendet werden können und Anpassungen an neue Anforderungen oder neue aufkommende Trends und Technologien leicht möglich sind. Dies bietet einen hohen Standardisierungsgrad in Kombination mit einem hohen Maß an Flexibilität.

Was wird 5G zur industriellen Kommunikation beitragen (oder sie behindern)? Spielt es eine Rolle, ob amerikanisches oder chinesisches 5G?

5G ermöglicht drahtlose Konnektivität in Kombination mit hoher Bandbreite und niedriger Latenz und ist daher als industrielle Kommunikationstechnologie für die Fabrikhallen hochinteressant und attraktiv. Da die Standardisierung von 5G ein offener und beitragsorientierter Prozess ist, der von Telekommunikationsunternehmen aus der ganzen Welt sichergestellt wird, kann ein offener, interoperabler und internationaler Standard erwartet werden.

Bildergalerie

  • Die Initiative Field Level Communications (FLC) erweitert OPC UA um zusätzliche Anwendungsfälle: Controller-zu-Controller (5) und Controller-zu-Gerät (6)

    Die Initiative Field Level Communications (FLC) erweitert OPC UA um zusätzliche Anwendungsfälle: Controller-zu-Controller (5) und Controller-zu-Gerät (6)

    Bild: OPC Foundation

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