Wicklungen aus elektrisch leitendem Draht sind essenziell für die Erzeugung des Magnetfelds, das den Motor antreibt. Die elektrischen Leiter aus Kupfer- oder Aluminiumdraht werden klassisch mit polymeren Lacken isoliert. Die Lackisolation weist eine sehr hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit auf, hat aber den Nachteil, dass sie gleichzeitig auch stark thermisch isoliert und sich die Wicklungen stark erhitzen. Die Erwärmung verringert die Effizienz. Um eine gewünschte Leistung bei gleichzeitig sehr gutem Wirkungsgrad zu erreichen, müssen die Maschinen damit insgesamt größer gebaut werden.
Bessere thermische Leitfähigkeit
„Ziel des KLIMA-Projekts ist es, die bisher eingesetzten organischen Stoffe zur Leiterisolation durch eine keramikähnliche Beschichtung aus Aluminiumoxid zu ersetzen, das eine höhere Wärmeleitfähigkeit besitzt“, sagt Professor Thomas Schuhmann von der Fakultät Elektrotechnik, der das Forschungsvorhaben an der HTW Dresden leitet. „Die Steigerung der thermischen Leitfähigkeit verbessert die Wärmeabgabe und sorgt so für einen höheren Wirkungsgrad.“ Zum Vergleich: Die thermische Leitfähigkeit von klassischem Isolierlack beträgt etwa 0,1 bis 0,2 Watt pro Meter und Kelvin, bei der Isolation mit Aluminiumoxid liegt der Wert zwischen 3 und 4, ist also um mehr als das Zehnfache besser.
Ein weiterer Vorteil der keramikähnlichen Isolation ist die höhere Hitzebeständigkeit der Wicklungen. Sie hält Temperaturen über 300 °C stand, was besonders für zukünftige Antriebe in der E-Aviation, also elektrisches Fliegen, von Bedeutung ist.
Die isolierende Aluminiumoxidschicht auf dem Leiterdraht wird in einem elektrochemischen Prozess durch Anodisierung erzeugt. Die HTW Dresden und das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) entwickeln gemeinsam den Beschichtungsprozess. Das Team der HTWD führte im Vorfeld thermische und elektrische Simulationsrechnungen durch und testet derzeit anhand der am IKTS gefertigten Versuchsmuster, ob das neue Isoliersystem den auftretenden Belastungen standhält.
Vier Testfaktoren
In sogenannten Motoretten – Teilkomponenten einer elektrischen Maschine – wird die Wicklungsisolation einer künstlichen Alterung ausgesetzt. Die vier Faktoren des Tests sind unter dem Kürzel „TEAM“ zusammengefasst: T steht für thermische Stabilität, E für elektrische Durchschlagsfestigkeit, A (ambient) für Reaktion auf Umgebungseinflüsse wie zum Beispiel Feuchtigkeit und M für mechanische Belastung. Basierend auf den Testergebnissen wird der Beschichtungsprozess am IKTS verbessert. Prüfung und Anpassung erfolgen in mehreren Zyklen mit der Zielsetzung, die möglichst gleiche elektrische Durchschlagsfestigkeit zu erreichen wie die Lackisolation.
Für Aluminiumdrähte ist die Prozessentwicklung etwas einfacher als bei Kupfer, bei denen eine direkte Anodisierung nicht funktioniert. Auf dem Kupferdraht wird zunächst eine Aluminiumschicht abgeschieden und diese dann in einem weiteren Schritt oxidiert. Eine Anwendung der Beschichtungstechnologie auf Läuferstäbe oder Blechpakete von Asynchronmaschinen mit Kurzschlussläufer ist ebenfalls denkbar und wird im Rahmen des Projektes getestet.
Kleinere Maschinen sparen Ressourcen
Nach Abschluss der Prozessentwicklung wollen die Verbundpartner einen Demonstrator bauen, um zu testen, welche Ressourceneffizienz mit der neuen Isolierung möglich ist. „Durch die Erhöhung von Wirkungsgrad und Leistungsdichte lässt sich Material einsparen, weil die Maschine kleiner gebaut werden kann,“ erläutert Dr. Sören Miersch, PostDoc an der HTW Dresden. „Zudem haben wir mit dem Aluminiumoxid ein Isoliersystem ohne organische Bestandteile, das besser zu recyceln ist.“
Neben der HTWD und dem IKTS zählen auch die Unternehmen Additive|Drives, Wieland-Werke, Wieland eTraction Systems sowie Fischer Oberflächentechnik zu den Partnern im Forschungsvorhaben KLIMA.