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Kommentar von Roland Steffen, Rohde & Schwarz Hinhören, verstehen, umsetzen

Roland Steffen Leiter des Geschäftsbereiches Messtechnik, Mitglied der Geschäftsleitung Rohde & Schwarz

Bild: Rohde & Schwarz
18.10.2016

Nicht die Branche selbst bestimmt, wie die Messtechnik von morgen aussehen wird. Abgeglichen mit den technologischen Trends und den wirtschaftlichen Randbedingungen sind es die Erwartungen der Kunden, die die Entwicklung der Messtechnikbranche maßgeblich beeinflussen.

Messtechnik ist in der Regel viele Jahre im Einsatz und entwickelt sich eher evolutionär statt revolutionär. Sie folgt einigen langfristigen Trends, und auch die Erwartungen der Kunden spielen keine unerhebliche Rolle. Zum Beispiel erwarten sie sinkende Preise. Dabei sind zwei Tendenzen zu unterscheiden: Einerseits ist die Messtechnik preisstabil – vergleichbar mit der Entwicklung auf dem PC-Markt. Hier erhält der Käufer seit vielen Jahren immer mehr Leistung für das gleiche Geld. Übertragen auf die Messtechnikbranche bedeutet das, dass Kunden immer bessere, schnellere und genauere Messgeräte zu vergleichbaren Preisen wie das Vorgängermodell bekommen. Andererseits kann, wer ein ausgedientes Gerät durch eines mit gleicher Leistungsfähigkeit ersetzen will, mit deutlich niedrigeren Preisen rechnen. Grund ist die Weiterentwicklung der Technik. Kleinere Bauelemente sparen Leiterplattenfläche und Verbindungselemente wie Stecker und Kabel. Zugleich sorgt eine höhere Integration für mehr Platz und geringeren Stromverbrauch und ermöglicht damit kleinere Netzteile oder Gehäuse.

Kunden erwarten außerdem, dass Messergebnisse unmittelbar nach der Datenerfassung zur Verfügung stehen und nicht erst durch eine Offline-Nachverarbeitung, wie zum Beispiel in einer Cloud, ermittelt werden. Die Erfahrung zeigt: Immer wenn ein neues Messverfahren entsteht, bieten die Messtechnikhersteller vorab Programme an, mit deren Hilfe der Nutzer in der Lage ist, mit vorhandenen Messgeräten aufgenommene Rohdaten nach dem neuen Standard auf einem PC auszuwerten. Dennoch fragen die Anwender nach kurzer Zeit, wann dieser Algorithmus auch im Messgerät selbst angeboten wird. Die räumliche Trennung in eine Datenerfassungs- und Datenauswertefunktion wird also nicht die vom Kunden bevorzugte Lösung sein.

Die Anwender wollen auch immer mehr Funktionen in einem Gerät. Das ist möglich, weil die Funktionalität heutiger Messgeräte in starkem Maße von der Software bestimmt wird. Immer wieder wird gemutmaßt, dass in Zukunft nur noch eine einfache universelle Hardware wie ein D/A- oder A/D-Wandlermodul nötig ist und die Software den Rest übernimmt. Das ist sicher eine zu einfache Darstellung, da sich für viele Messmethoden so nicht die nötige Leistung erreichen lässt. Es dürften aber immer mehr Funktionen statt per Hardware in Software realisiert werden. Somit kann ein Gerät ein Leistungsspektrum anbieten, für das man in der Vergangenheit mehrere Einzelgeräte verwenden musste. Dieser Trend zum „Swiss Army Knife“ wird sich insbesondere im unteren Preissegment fortsetzen.

Und was erwarten Kunden auf dem Gebiet der modularen Messtechnik? Gegenüber klassischen Messgeräten hat diese einen geringeren Platzbedarf, da Funktionen, die nicht benötigt werden, wegfallen können. Der technische Fortschritt, kleinere Bauelemente und höhere Integration machen es möglich, die Module entweder immer kleiner zu machen oder mehr in den jetzigen Formfaktor zu packen. Gleichzeitig wird man versuchen, den mechanischen Overhead (Stecker, Backplane) zu vermeiden. Wird dann in Zukunft die Funktionalität noch stärker als heute durch Software bestimmt, geht der Trend eher zum „Software defined Instrument on a Board“ und weg vom Lego-Konzept, bei dem sich viele Komponenten zu einem Ganzen zusammenfügen.

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