Dr. Eckhard Roos, Festo Grüne Produktion, aber wie?

Dr. Eckhard Roos studierte Elektrotechnik an der TU Darmstadt. Nach Stationen bei Hoechst und ABB ist er seit 2006 Leiter für das globale Industrie- und Key Account Management für Prozessindustrien bei Festo. Er ist im Vorstand der GMA und Leiter des Arbeitskreises Energieeffizienz im FV Automation des ZVEI.

Bild: Festo
10.11.2021

Die Verringerung von CO2-Emissionen zum Klimaschutz ist im Fokus von Ländern und Unternehmen. USA und die EU haben neue Ziele zur Reduktion der Emissionen bis 2030 versus 1990 klar kommuniziert, was einen weiteren Schub erzeugen wird. Welche Möglichkeiten bieten fortschreitende Digitalisierung und Automation zur Begrenzung der Erderwärmung?

Die EU hat die Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen für das Jahr 2030 auf minus 55 Prozent versus 1990 revidiert. Als Folge wird auch für die Industrie in Deutschland die Zielsetzung verschärft werden. Nach ersten Erfolgen ab 1990 blieben die Reduktionen der Industrie seit 2000 nahezu konstant. Die Bundesregierung will nun ebenfalls schneller zur Klimaneutralität kommen und diskutiert diese Zielsetzung bis zum Jahr 2045 mit entsprechenden Auswirkungen auf die industrielle Produktion. Hierfür sind Lösungen zu erarbeiten im Spannungsfeld zwischen technischer Machbarkeit, Ökonomie und gesellschaftlicher Akzeptanz. In jedem Fall sind ein Umdenken und eine Re-Priorisierung bei Investitionsentscheidungen erforderlich, die gegebenenfalls auch durch Maßnahmen des Gesetzgebers gestützt werden müssen.

Verschiedene Unternehmen haben bereits konkrete Ziele definiert, zum Beispiel die Klimaneutralität bereits 2030 erreichen zu wollen. Dies basiert unter anderem auch auf der Motivation „grün zu sein“ und damit auch eine höhere Attraktivität für Investoren und als Arbeitgeber zu haben. Die Implementierung des Lieferkettengesetzes und die Diskussion möglicher Preiserhöhungen für CO2-Zertifikate sind neben der gesellschaftlichen Zielsetzung weitere Motivationen, in diese Richtung zu investieren.

Doch welche Möglichkeiten hat die Industrie zur Optimierung neben der Umstellung von Produktionsprozessen? Potentiale zur Senkung der Emissionen sind klar vorhanden. Maßnahmen zur Energieeffizienz folgen aber der Regel, dass höhere Einsparungen mit längeren ROI-Zeiträumen einher gehen, welche eine gewisse Kontinuität bei Standort, Produktion und Portfolio bedingen. Hier wird von Unternehmen in Zukunft bei der Investition eine größere Risikobereitschaft abverlangt werden, die durch Digitalisierung und Automation beherrschbar wird. Mit neuen digitalen Feldkomponenten können im Bereich des Druckluftverbrauchs von Produktionsanlagen neue Maßstäbe gesetzt werden.

Dies geht von Druckluftaufbereitungen, die einen einfachen Einstieg in ein cloudbasiertes Monitoring des Energieverbrauchs ermöglichen, bis hin zu App gesteuerten, digitalen Ventilinseln, die den Verbrauch von Druckluft signifikant reduzieren können (>50 Prozent). Dabei werden aber weiterhin die projektierten Sicherheitsfaktoren der Antriebe gewährleistet und eine antriebsbezogene Leckageermittlung ermöglicht. Wenn man in der Automatisierungspyramide nach oben geht, können über Diagnosefunktionalitäten On Edge direkt Veränderungen im Produktionsprozess erkannt werden. Dies kann ohne Programmieraufwand bei vorhandenen Prozesskenntnissen durch direkte Auswertung von Prozesskenngrößen erfolgen oder durch die Installation von KI-Algorithmen, die sich selbst trainieren und dann Anomalien erkennen können.

Neben der Vermeidung von störungsbedingten Produktionsstillständen bilden diese Tools die Basis für die Implementierung von Predictive-Maintenance-Konzepten. Diese Möglichkeiten zeigen, wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz CO2-Emissionen gezielt reduzieren können.

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