3D-Druck Forscher entwickeln neue Materialien für das Lasersintern

Individuelle Bauteile herzustellen, ist für 3D-Drucker kein Problem. Die Materialauswahl hält sich aber noch in Grenzen.

Bild: iStock, Marina_Skoropadskaya
14.12.2020

Komplexe Kunststoffbauteile lassen sich mithilfe des Lasersinterns unkompliziert herstellen. Für das Verfahren stehen bislang allerdings nur wenige Materialien zur Verfügung. Wissenschaftler aus Paderborn wollen das ändern und gleichzeitig neue Verfahren zur Kunststoffproduktion aufsetzen.

Für das Projekt „Industrial Manufacturing in North Rine Westphalia“ (iAMnrw-Materials) wurde eine Laborhalle aufwendig umgebaut, mit den benötigten Apparaturen und Maschinen ausgestattet und nun nach rund zweijähriger Planungs- und Bauzeit fertiggestellt. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fördert das auf drei Jahre angelegte Projekt mit rund 3,8 Millionen Euro.

Das Vorhaben der Universität Paderborn bündelt die Kompetenzen der Kunststofftechnik Paderborn (KTP) und des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik (PVT). Auch der Lehrstuhl für Werkstoffkunde (LWK) ist für ein weiteres Projekt zur Herstellung von Metallpulvern mit dabei und zentral im Paderborner Institut für Additive Fertigung (PIAF) angesiedelt.

Ausstattung des 3D-Druck-Labors

Hochdrucktanks mit Kohlenstoffdioxid und Stickstoff, Filtertechnikanlagen, Lüftungssysteme – all das befindet sich in dem zweistöckigen Labor, das für die spezielle Forschungsausrichtung des Projekts umgebaut wurde. Hier sollen künftig nicht nur neue Verfahren zur Herstellung von Kunststoffen in Pulverform, sondern auch gänzlich neue Materialien für den Lasersinter-Prozess erschlossen werden.

„Aktuell beschränkt sich die Herstellung von Kunststoffbauteilen mithilfe additiver Fertigung zu über 90 Prozent auf PA12, eine spezielle Variante von Nylon“, erklärt Prof. Hans-Joachim Schmid, Gesamtprojektleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik. Eine Erweiterung des Materialportfolios sei daher dringend erforderlich.

„Wenn wir neue Materialien entwickeln wollen, müssen sie komplexen Anforderungen gerecht werden“, sagt Schmid weiter. Denn nur durch neue Materialien lassen sich laut ihm Eigenschaften wie Elastizität, Härte und Temperaturfestigkeit in den späteren Produkten entscheidend verbessern. „Das würde eine ganze Reihe neuer Anwendungen ermöglichen.“

Mit Stickstoff und CO2 zu neuen Materialien

Um für unterschiedliche Ausgangsmaterialien das bestmögliche Verfahren zu wählen, haben sich die Wissenschaftler für zwei unterschiedliche Ansätze entschieden. Mithilfe des ersten wollen sie grobe Materialien durch sogenannte kryogene Vermahlung in Pulverform überführen. Dabei findet eine Zermahlung des Kunststoffes bei starker Unterkühlung mit flüssigem Stickstoff statt.

Damit das so erzeugte, kantige Pulver die Anforderungen des Lasersinter-Prozesses erfüllt, muss es anschließend abgerundet werden. Auch dafür nimmt das Projektteam verschiedene Strategien unter die Lupe.

Der zweite Ansatz konzentriert sich auf einen neuartigen Sprühprozess. Dabei wird überkritisches CO2 in einem Extruder mit geschmolzenem Polymer vermischt und anschließend in einem Sprühturm verdüst. Auf diese Weise sollen direkt runde Partikel in der gewünschten Größe entstehen.

Co-Projektleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung Prof. Volker Schöppner erläutert die Herausforderungen dabei: „Die Schwierigkeiten liegen einerseits in der schonenden Herstellung einer homogenen Mischung von CO2 und Polymer und andererseits in dem anschließenden Sprühprozess zur Herstellung der Kunststoffpulver mit den gewünschten Eigenschaften. Dies kann nur ist einer engen Zusammenarbeit von Kunststofftechnik und Verfahrenstechnik gelingen.“

Individuelle Produkte in der Medizin

Die Besonderheit des 3D-Druck-Verfahrens, das in Paderborn weiterentwickelt werden soll, liegt laut den Wissenschaftlern in seiner Individualisierung. So ließen sich etwa Hilfsmittel in der Orthopädie oder Zahnmedizin individuell anfertigen, ohne bei ihrer Herstellung auf spezielle Werkzeuge zurückgreifen zu müssen.

Auch die rund 4.500 Gesichtsschutzschilder, die das Direct Manufacturing Research Center (DMRC) der Universität zu Beginn der Corona-Pandemie für örtliche Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime angefertigt hatte, zeigen, wie mit der Technik schnell auf neue Herausforderungen reagiert werden kann.

Möglichkeiten für den Fachkräfte-Nachwuchs

„Wenn wir mithilfe dieses Projekts nicht mehr auf die am Markt verfügbaren Materialien beschränkt sind, sondern selbst neue Materialien entwickeln können, wird uns das ganz neue Möglichkeiten im Bereich der Forschung und Weiterentwicklung des Kunststoff-Lasersinterns eröffnen“, sagt Schmid. „Damit werden wir im Paderborner Institut für Additive Fertigung dann die Kompetenz für die gesamte Prozesskette vom Material bis zum fertigen Bauteil gebündelt haben.“

Und nach Ansicht von Schöppner würden sich so gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs neue Möglichkeiten ergeben: „Das Projekt erlaubt es auch, unsere Studierenden aus den Studiengängen Maschinenbau und Chemieingenieurwesen in Forschungsprojekte auf modernstem Niveau einzubinden und somit eine bestmögliche Vorbereitung für den Arbeitsmarkt von morgen anzubieten.“

Details zum Projekt

Bildergalerie

  • Freuen sich über das neue Labor an der Universität Paderborn (von links): Klaus Watermeier (Dezernat 5), Steffen Jesinghausen (Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik), Manfred Gulde (BLB NRW), Ulrich Olfermann (Dezernat 5), Matthias Hopp (Lehrstuhl für Kunststofftechnik Paderborn) und Prof. Hans-Joachim Schmid (Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik).

    Freuen sich über das neue Labor an der Universität Paderborn (von links): Klaus Watermeier (Dezernat 5), Steffen Jesinghausen (Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik), Manfred Gulde (BLB NRW), Ulrich Olfermann (Dezernat 5), Matthias Hopp (Lehrstuhl für Kunststofftechnik Paderborn) und Prof. Hans-Joachim Schmid (Inhaber des Lehrstuhls für Partikelverfahrenstechnik).

    Bild: Kamil Glabica, Universität Paderborn

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