Kommunale Energieversorgung Erster Blockchain-Handelsplatz für Ökostrom

Den Strom aus dieser privaten PV-Anlage in Wuppertal kann man auf dem neuen Online-Stromhandelsplatz der WSW kaufen.

Bild: Wuppertaler Stadtwerke
22.11.2017

Auf dem Handelsplatz „Tal.Markt“ der Wuppertaler Stadtwerke können Kunden ihren Strom bei lokalen Ökostromanbietern erwerben und ihren Energiemix selbst zusammenstellen. Jede Transaktion wird über die Blockchaintechnologie fälschungssicher ausgeführt. So wird sichergestellt, dass keine Kilowattstunde Solar- oder Windstrom doppelt verkauft werden kann.

„Das Konzept hat die Kraft, den Stromvertrieb zu revolutionieren“, ist sich Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke (WSW), sicher. Erstmals sei es möglich, dass Kunden eigenständig und mit echtem Herkunftsnachweis ihre Stromerzeuger auswählen könnten. Bedeutend sei das neue Konzept aber insbesondere auch für die Zukunft der Erneuerbaren-Branche. Die Wuppertaler Stadtwerke sind Betreiber der Handelsplattform und übernehmen die energiewirtschaftliche Abwicklung. Umgesetzt wird das Projekt mit der international führenden Schweizer Energiehändlerin Axpo. Axpo entwickelt neben dem Konzept auch die IT-technische Infrastruktur und betreibt diese für die WSW.

Vermarktung direkt beim Endkunden

„Schon bis zum Jahr 2020 werden deutschlandweit über 5000 Windräder aus der EEG-Förderung laufen“, so Feicht. Die nach der Förderung zu erzielenden Vermarktungserlöse an der Strombörse reichen aus heutiger Sicht nicht aus, die Betriebs- und Wartungskosten zu decken. Die Windräder würden in der Folge stillgelegt und demontiert werden. Nicht nur aus Feichts Sicht eine Vernichtung volkswirtschaftlichen Vermögens. „Über unser Modell eröffnen wir Windmüllern und Solaranlagenbetreibern die Möglichkeit, ihre Anlagen direkt beim Endkunden zu vermarkten und so kostendeckende Erlöse zu erzielen“, erläutert der Energiemanager. Für nicht weniger bedeutend hält Feicht die Chance für Investoren, Windkraftanlagen oder Solarparks über das Modell auch ganz ohne Förderung zu realisieren, indem sie bilaterale Verträge mit Endkunden abschließen.

Christoph Sutter, Leiter Division Neue Energien bei Axpo, erläutert: „Der deutsche Markt eignet sich für dieses Projekt besonders gut, weil die Strommarktliberalisierung in Deutschland schon weit fortgeschritten ist. Mit der aktuellen Plattform starten wir die Reise: Stromkonsumenten werden sich in Zukunft als Energiepartner auf Augenhöhe mit den Stromversorgern etablieren. Die Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit den WSW fließen in die Weiter-entwicklung der Plattform ein. Die Plattform hat das Potenzial, ein führender Marktplatz für personalisierte erneuerbare Energie in Europa zu werden.“

Analogie zum Hofladen eines Biobauers

Konkret funktioniert das Blockchain-Modell über die Internetadresse www.wsw-talmarkt.de, auf der Betreiber von Solarstrom-, Windkraft- und anderen regenerativen Anlagen ihren Strom anbieten und Verbraucher diesen kaufen können. „Ökostrom direkt vom Erzeuger“, erläutert WSW-Vertriebsleiter Andreas Brinkmann in Analogie zum Hofladen eines Biobauern. „Im ersten Schritt begrenzen wir die Energieproduzenten ganz bewusst auf Wuppertal und das Bergische Land. Bergischer Strom für Wuppertaler Kunden“, so Brinkmann weiter. „Mit ‚Tal.Markt‘ ist für uns eine neue Marktrolle verbunden. Wir sind das Bindeglied zwischen Produzenten und Konsumenten und kümmern uns um die energiewirtschaftliche Abwicklung des Handels, die Abrechnung und stehen für die Ausfalllieferung gerade.“ Daher sind die WSW sowohl für die Anbieter, als auch für die Käufer Vertragspartner.

Zu den Stromanbietern auf Tal.Markt gehören die Wuppertaler Firma Jenniges mit einer großen Solaranlage und der Verein Bürgerwind Cronenberg, Betreiber des ersten Wuppertaler Windrads. Auch zwei große private Photovoltaik-Anlagen sind dabei. Damit die potentiellen Stromkäufer mehr Auswahl haben, bieten die WSW in der Pilotphase auch Strom aus eigenen regenerativen Anlagen an, nämlich aus zwei Blockheizkraftwerken sowie aus einer Wasserturbine an der Herbringhauser Talsperre.

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