Vorgaben der EU-Richtlinie Das Energieeffizienzgesetz – ein Wachstumskiller?

Beim Endenergieverbrauch kommt es nicht darauf an, ob es sich um Energie aus klimaneutralen Quellen wie Wind oder Sonne handelt oder aus fossilen Brennstoffen.

Bild: iStock, Douglas Rissing
26.05.2023

Die Energiepolitik in Deutschland ist derzeit dabei, das sogenannte Energieeffizienzgesetz zu verabschieden. Sie folgt damit Vorgaben einer EU-Richtlinie. Anders als der Name sagt, regelt dieses Gesetz nicht primär die Energieeffizienz. Es deckelt den gesamten Energieverbrauch des Landes. Der Endenergieverbrauch soll bis 2030 deutlich sinken: gegenüber dem Verbrauch des Jahres 2008 um 26,5 Prozent, gegenüber heute sind das rund 22 Prozent.

Falls die Politik den Energieverbrauch in dieser Weise eingeschränkt, wird das den Wohlstand in Deutschland erheblich schädigen, es sei denn, es gelingt, die Energieeffizienz der deutschen Volkswirtschaft bis 2030 massiv zu erhöhen. Das wird deutlich, wenn man den Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch betrachtet.

In den Jahren von 2008 bis 2021 ist das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland preisbereinigt um 13 Prozent gestiegen. Mehr Wirtschaftsleistung bedeutet tendenziell mehr Energieverbrauch. Steigende Energieeffizienz wirkt dem entgegen. Tatsächlich ist der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum um 5 Prozent gesunken. Die Energieeffizienz ist also gestiegen, und zwar im Durchschnitt um 1,4 Prozent pro Jahr.

Bruttoinlandsprodukt muss um 14 Prozent sinken

Was nun bis 2030 verlangt wird, hat eine ganz andere Dimension. Prognosen der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland gingen bislang davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt bis 2030 um rund 1,2 Prozent pro Jahr wachsen wird. Das ist bescheiden, wenn man bedenkt, dass sich die deutsche Wirtschaft von der Corona-Pandemie und der Energiekrise in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine noch nicht erholt hat.

Wenn man annimmt, dass die Energieeffizienz in den kommenden Jahren mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher zunimmt, würde der Energieverbrauch bis 2030 um 2,5 Prozent fallen. Das Energieeffizienzgesetz verlangt aber eine Kürzung des Verbrauchs um 22 Prozent, also etwa das Neunfache.

Was passiert mit dem BIP-Wachstum, wenn die Politik, wie das Gesetz es verlangt, den Energieverbrauch einschränkt, die Steigerung der Energieeffizienz aber nicht schneller voranschreitet als in den letzten 15 Jahren? Dann wird das Bruttoinlandsprodukt bis 2030 nicht wachsen, sondern gegenüber dem heutigen Niveau um 14 Prozent schrumpfen. Im Vergleich zur bislang für 2030 erwarteten Entwicklung würde die Wirtschaftsleistung sogar um 20 Prozent fallen. Das Gesetz wäre ein Wachstumskiller.

Nun könnte man einwenden, dass es nicht so schwer sein kann, die Energieeffizienz schneller zu erhöhen als bisher. Die erforderliche Steigerung, um das bislang erwartete Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, ist jedoch gewaltig. Die Energieeffizienz müsste jedes Jahr um 4 Prozent zunehmen. Gegenüber der bisherigen Wachstumsrate ist das fast eine Verdreifachung. Ist das möglich? Das weiß heute niemand. Man kann sicherlich mehr tun, um Energie einzusparen, aber diese Einsparungen werden mit wachsender Energieeffizienz immer schwerer. Die niedrig hängenden Früchte auf diesem Gebiet sind bereits geerntet.

Nutzung fossiler Energie schädigt die Umwelt

All dies ist schlimm genug, wäre aber diskutabel, wenn es für die Kürzung des Energieverbrauchs zwingende ökonomische oder ökologische Gründe gäbe. Aber der Energieverbrauch per se schädigt die Umwelt nicht, sondern die Nutzung fossiler Energie.

Neben vielen Belastungen durch die Energiewende bestand bislang die Chance, dass künftig, zumindest während die Sonne scheint und der Wind weht, in großen Mengen klimafreundliche Energie verfügbar sein könnte. Neue energieintensive, aber flexible Industrien könnten entstehen und Wohlstand sichern. Die Vorgabe, den Energieverbrauch zu senken, unabhängig davon, wie die Energie erzeugt wird, kann diese Chance zerstören.

Die deutsche Politik will in wirtschaftlich ohnehin schwerer Zeit ein Gesetz verabschieden, das den Energieverbrauch unnötig einschränkt und massive ökonomische Risiken mit sich bringt. Dass sie damit EU-Vorgaben folgt, ist keine Rechtfertigung, denn an diesen Vorgaben hat die Bundesregierung mitgewirkt. Mit welchen Instrumenten die Senkung des Energieverbrauchs durchgesetzt werden soll, bleibt unklar.

Man fragt sich, ob wirklich beabsichtigt ist, die Zielerreichung durchzusetzen. Dazu passt, dass man gleichzeitig einen subventionierten Industriestrompreis einführen will. Er soll energieintensive Industrien im Land halten und wird den heimischen Energieverbrauch eher erhöhen. All dies wirkt, als hätte die Energiepolitik die Orientierung verloren.

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