Glatt, kratzfest, antibakteriell Beschichtungen polieren additive Teile auf

Komplexe AM-gefertigte Bauteile trocknen nach ihrer Metallisierung.

Bild: Fraunhofer IAP
10.12.2018

Additive Fertigung hat viele Vorteile: individuelle Fertigung, flexible Produktion und einfache Anpassung beispielsweise. Viele Produkte haben jedoch eine hohe Oberflächenrauigkeit und Porosität; die Nachbehandlung ist zeitaufwendig und kostenintensiv. Technische Beschichtungen sollen dem AM-Markt neue Möglichkeiten eröffnen.

In einem gemeinsamen Projekt haben Forscher der belgischen NPO Sirris und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP technische Beschichtungen im Additive Manufacturing (TCAM) untersucht. Der Begriff Additive Manufacturing (AM) steht für eine Reihe verschiedener Technologien additiver Fertigung, bei der anhand eines 3D-Modells ein Objekt Schicht für Schicht aufgebaut wird. 3D-Druck ist oft die bekannteste dieser Technologien. Daneben spielen im AM-Markt auch selektives Lasersintern (SLS), Stereolithographie (SLA) oder Material Jetting (MJ) eine wichtige Rolle.

Rauigkeit ist ein Problem

Ursprünglich kommt AM aus dem Bereich des Rapid Prototyping, da Anpassungen schnell und flexibel möglich sind. Mittlerweile hat es sich auch in der industriellen Produktion etabliert und ist eine der wichtigen Zukunftstechnologien mit nachhaltigem Einfluss auf den Fertigungsmarkt und darüber hinaus.

Die Industrie kann von der sogenannten Produktion auf Knopfdruck profitieren, die darüber hinaus flexibel anpassbar und in kleinen Stückzahlen möglich ist. Vielfach stellen die Oberflächenrauigkeit der Bauteile und die Porosität der Oberfläche allerdings eine Herausforderung dar.

Oberflächen glätten und versiegeln

Um dieser Herausforderung zu begegnen, haben Forscher der belgischen NPO Sirris und des Fraunhofer IAP in einem gemeinsamen Projekt technische Beschichtungen im Additive Manufacturing erforscht.
„Mit dem Übergang von AM aus dem Rapid Prototyping in die industrielle Produktion wachsen heutzutage die Anforderungen an AM-gefertigte Bauteile“, sagt Dr. Andreas Holländer, Experte für Oberflächentechnologien und Leiter der Forschungsgruppe am Fraunhofer IAP. Es sei in der industriellen Fertigung essenziell, gleichbleibende Materialqualität zu garantieren. Bei einem Prototypen, so Holländer, spiele dieser Aspekt jedoch eine untergeordnete Rolle. „Zusätzlich wachsen die Anforderungen an die Oberflächenqualität.“

Mittels technischer Beschichtungen konnten die Wissenschaftler beider Institutionen die Oberflächeneigenschaften AM-gefertigter Bauteile signifikant verbessern. Als die effektivste Methode der Oberflächenoptimierung erwies sich die Kombination von Lackieren und Polieren. Zusätzlich können die Bauteile durch die Verwendung spezieller Lacke oder anderer Oberflächenbehandlungen funktionalisiert werden. Im Projekt metallisierten die Wissenschaftler das Bauteil, um die Funktionalisierung zu verdeutlichen. Andere Funktionalisierungen sind beispielsweise erhöhte Kratzfestigkeit oder antibakterielle Eigenschaften.

Verformung vermeiden

Sirris lieferte verschiedene Komponenten, die mit SLS, SLA, MJ und FDM (Fused Deposition Modeling = 3D-Druck) hergestellt wurden. Alle Methoden stellen unterschiedliche Anforderungen an die Oberflächenbehandlung. „Mit unserer jahrelangen Erfahrung in der Oberflächenbehandlung können wir eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen“, so Holländer. „Wir haben jedes Teil im ersten Schritt analysiert, um die spezifischen Eigenschaften zu bestimmen. Danach konnten wir die jeweilige Oberfläche aktivieren, lackieren und mit der entsprechenden Methode metallisieren.“

Patrick Cosemans von Sirris Flanders ergänzt: „Es hat zwei Nachteile, die fertigen Komponenten nur zu polieren: Zum einen dauert es lange, zum anderen verändern wir die Form des Bauteils. Es kommt zu Abrieb, den wir aber vermeiden wollen. Mit dem Fraunhofer IAP haben wir Möglichkeiten entwickelt, um die aktuellen Probleme, insbesondere die poröse und raue Oberfläche, in der additiven Fertigung zu überwinden.“

Ist die Kombination zukunftsfähig?

Konventionelle Fertigungsmethoden stoßen bei komplexen Bauteilen häufig an ihre Grenzen. Je komplexer das Bauteil konstruiert ist, desto schwieriger und teuer wird die Fertigung. AM eröffnet hier neue Möglichkeiten. Bauteile unterschiedlicher Komplexität können schneller und kosteneffizienter hergestellt werden. Beispielsweise kann ein Bauteil, welches normalerweise aus mehreren Einzelteilen besteht, in einem Schritt produziert werden.

„Es ist wichtig“ meint Holländer, „dass die Oberfläche eines Bauteils an jeder Stelle genau die Qualität aufweist, die sie haben soll. Gerade bei komplex aufgebauten Teilen wird es häufig schwierig, jeden Bereich der Oberfläche zu erreichen. Wir konnten zeigen, dass wir mit der entsprechenden Oberflächenbehandlung das ganze Bauteil vollständig funktionalisieren können.“

Die Anwendung etablierter Technologien der technischen Beschichtung eröffne laut dem Gruppenleiter neue Möglichkeiten für den AM-Markt. In Zukunft würde „die entsprechende Oberflächenbehandlung in den AM-Fertigungsprozess integriert werden.“ Das würde dann eine bessere Wertschöpfung und mehr Anwendungspotenzial als AM allein bedeuten.

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