Entwicklung einer ereignisbasierten Architektur Adaptives optisches neuronales Netz verbindet künstliche Neuronen

Der Chip enthält fast 8.400 funktionsfähige künstliche Neuronen aus wellenleiter-integriertem Phasenwechselmaterial.

Bild: Jonas Schütte/AG Pernice
26.10.2023

Ein Team um die Physiker Prof. Dr. Wolfram Pernice und Prof. Dr. Martin Salinga und den Informatiker Prof. Dr. Benjamin Risse von der Universität Münster hat mit photonischen Prozessoren eine sogenannte ereignisbasierte Architektur entwickelt. Ähnlich dem Gehirn ermöglicht sie eine fortlaufende Anpassung der Verschaltung innerhalb des neuronalen Netzes.

Moderne Rechenmodelle, die beispielsweise für komplexe und leistungsfähige KI-Anwendungen genutzt werden, bringen herkömmliche digitale Computerprozessoren an ihre Grenzen. Neuartige Rechenarchitekturen, die der Funktionsweise biologischer neuronaler Netze nachempfunden sind, versprechen eine schnellere und energieeffiziente Datenverarbeitung.

Mehrere Forscher haben nun mit photonischen Prozessoren, bei denen Daten mittels Licht transportiert und verarbeitet werden, eine sogenannte ereignisbasierte Architektur entwickelt. Ähnlich dem Gehirn ermöglicht sie eine fortlaufende Anpassung der Verschaltung innerhalb des neuronalen Netzes. Die veränderbare Verschaltung ist eine Grundlage für Lernprozesse.

Für die Studie hat ein Team des Sonderforschungsbereichs 1459 „Intelligent Matter“ um die Physiker Prof. Dr. Wolfram Pernice, Prof. Dr. Martin Salinga und den Informatiker Prof. Dr. Benjamin Risse der Universität Münster mit Forschern der Universitäten Exeter und Oxford zusammengearbeitet.

Künstliche Neuronen werden benötigt

Für ein maschinelles neuronales Netz benötigt man künstliche Neuronen, deren Aktivierungen durch äußere Anregungen und Verbindungen zu anderen Neuronen gegeben sind. Die Verbindungen zwischen diesen künstlichen Neuronen werden wie beim biologischen Vorbild Synapsen genannt.

Das münstersche Forschungsteam nutzte für die aktuelle Studie ein Netz aus fast 8.400 optischen Neuronen aus wellenleiter-integriertem Phasenwechselmaterial und zeigte: Die Verbindung zwischen jeweils zwei dieser Neuronen kann tatsächlich stärker oder schwächer werden (synaptische Plastizität), und es können sich Verbindungen neu bilden oder bestehende Verbindungen auflösen (strukturelle Plastizität).

Die Synapsen waren dabei im Gegensatz zu anderen, ähnlichen Arbeiten keine Hardwareelemente, sondern durch die Eigenschaften der optischen Pulse codiert – durch die jeweilige Lichtwellenlänge und die Intensität des Pulses. Dadurch war es möglich, einige Tausend Neuronen auf einem einzigen Chip unterzubringen und optisch zu verbinden.

Im Vergleich zu den herkömmlichen elektronischen Prozessoren bieten lichtbasierte Prozessoren eine deutlich höhere Bandbreite und ermöglichen dabei die Durchführung komplexer Rechenaufgaben – bei geringerem Energieverbrauch. „Unser Ziel ist es, eine optische Rechenarchitektur zu entwickeln, die es langfristig ermöglicht, KI-Anwendungen schnell und energieeffizient zu berechnen“, fasst Frank Brückerhoff-Plückelmann, einer der Erstautoren, zusammen.

Einsatz von nichtflüchtigem Phasenwechselmaterial

Zur Methode: Das eingesetzte, nichtflüchtige Phasenwechselmaterial kann zwischen einer ungeordneten Struktur und einer kristallinen Struktur mit geordnetem Atomgitter geschaltet werden. Diese Eigenschaft ermöglicht auch ohne Energiezufuhr eine dauerhafte Datenspeicherung.

Die Forscher testeten die Leistung des neuronalen Netzes, indem sie es mit einem evolutionären Algorithmus darauf trainierten, zwischen deutschen und englischen Textbeispielen zu unterscheiden. Als Erkennungsparameter nutzten sie die Anzahl von Vokalen im Text.

Die Forscher erhielten finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Europäische Kommission sowie durch „UK Research and Innovation“.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel