CE-Konformität bewerten Was tun, wenn Anlagen Maschinen und Druckgeräte enthalten?

TÜV SÜD

Wird zur Bewertung der Konformität die Maschinenrichtlinie (MRL) oder die Druckgeräterichtlinie (DGRL) herangezogen? Oder sind möglicherweise beide Richtlinien relevant?

Bild: Tüv Süd
07.10.2022

Bestellt ein Betreiber bei einem Hersteller eine schlüsselfertige Anlage, die sowohl Maschinen als auch Druckgeräte enthält, herrschen Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der Konformitätsbewertung. Ein Beispiel einer Power-to-Gas-Anlage zeigt, dass meist mehrere Varianten zulässig und zielführend sind.

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Eine Power-to-Gas-Anlage (P2G-Anlage) vereint typischerweise Maschinen und Druckgeräte. Sie stehen in einem funktionalen Zusammenhang, um Wasserstoff durch Elektrolyse herzustellen, zu verdichten, zu speichern und ins Gasnetz einzuspeisen. Der Wasserstoff entweicht dem Elektrolyseur mit geringem Druck und ist wasserdampfgesättigt. Er wird deshalb mit einem Kompressor auf hohen Druck verdichtet, durch ein Aggregat gekühlt und durch Kondensation sowie Adsorption des Wasserdampfes getrocknet.

Neben den Maschinen enthält die Anlage druckbeaufschlagte Bauteile wie Rohre, Flansche, Ventile, Speicherbehälter und Sicherheitsbauteile, die dicht halten und das leicht entzündliche, explosive Fluid sicher transportieren müssen. Insofern stellt sich bei der Herstellung der P2G-Anlage die Frage: Wird zur Bewertung der Konformität die Maschinenrichtlinie (MRL) oder die Druckgeräterichtlinie (DGRL) herangezogen? Oder sind möglicherweise beide Richtlinien relevant? Wenn ja: Welche wird höher gewichtet?

Klarheit schaffen für Lastenheft und Liefervertrag

Diese und weitere Fragen stehen oft im Raum, wenn Betreiber schlüsselfertige Anlagen bei einem Hersteller in Auftrag geben, das Lastenheft schreiben, Leistungen und Preise verhandeln und vertraglich fixieren. Deshalb hat ein Hersteller von P2G-Anlagen die Sachverständigen von TÜV Süd konsultiert, um Chancen und Risiken möglicher Vorgehensweisen zu erörtern, rechtlich auf der sicheren Seite zu sein und dem Kunden ein gutes Angebot zu machen, das auch Aufwand und Kosten zur Inbetriebnahme minimiert.

Der künftige Betreiber hatte die Anlage schlüsselfertig bestellt. So vermeidet er, dass er selbst zum Hersteller wird. Denn dies wäre der Fall, wenn er die verschiedenen Bauteile, Komponenten und Baugruppen einkauft, zusammenbaut und so selbst eine Anlage in Verkehr bringt. Dann ist er selbst verpflichtet, die Konformität der gesamten P2G-Anlage mit den EU-Richtlinien zu bewerten. Bestellt er eine schlüsselfertige Anlage, obliegt es dem Hersteller die Konformität zu gewährleisten.

Vor- und Nachteile unterschiedlicher Varianten

Im oben geschilderten Fall sind drei unterschiedliche Varianten möglich, die richtlinienkonform zum Ziel führen:

  • Der Hersteller bringt die gesamte Anlage mit integrierten Druckgeräten als Gesamtbaugruppe nach DGRL in Verkehr, weil sie vorrangig unter die DGRL fällt. Die Maschinenkomponenten werden zusätzlich einzeln nach MRL bewertet.

  • Der Hersteller bringt die Anlage als Gesamtheit von Maschinen mit eingebauten Druckgeräten vorrangig unter der MRL in Verkehr. Die Druckgeräte werden dann je nach Kategorie und Lieferant einzeln CE-bewertet und keine Gesamtbaugruppe nach DGRL gebildet.

  • Wie Variante 2. Zusätzlich bietet der Hersteller an, die Gesamtbaugruppe gemäß der Lieferaufteilung nach DGRL für die in der Gesamtmaschine verbauten Druckgeräte zu bewerten.

Obwohl alle drei Varianten möglich sind und den Hersteller in die Lage versetzen eine schlüsselfertige und richtlinienkonforme Anlage in Verkehr zu bringen, so haben die unterschiedlichen Vorgehensweisen jeweils Vor- und Nachteile. Bei Wahl der Variante 2 kann der Hersteller zwar ein günstigeres Angebot unterbreiten, da keine Gesamtbaugruppe gebildet und hierfür somit kein eigenes Konformitätsbewertungsverfahren benötigt wird. Gleichzeitig nimmt diese Variante jedoch den Betreiber in die Pflicht, die Gesamtheit der Druckgeräte und deren Zusammenwirken im Rahmen der Prüfung zur Inbetriebnahme detailliert prüfen zu lassen.

Den Aufwand für den Kunden bedenken

Durch die unabhängige Expertise von TÜV Süd konnte der Hersteller nicht nur Gewissheit erlangen, dass er die Anlage primär sowohl unter der MRL als auch unter der DGRL richtlinienkonform in Verkehr bringen kann. Viel mehr konnte er diesen Sachverhalt in den Verhandlungen mit dem Auftraggeber zu Leistungsumfang und Preisen transparent machen und auch auf mögliche Zusatzaufwände und Haftungsrisiken für den Kunden hinweisen.

Dieser entschied sich für die erste Variante. Hier profitiert er einerseits von der CE-Bewertung der enthalten Maschinen nach MRL und andererseits auch von der umfassenden Konformitätsbewertung der Gesamtbaugruppe nach DGRL. Da der Hersteller auf diese Art und Weise versichert, dass die gesamte Anlage den Mindestanforderungen der MRL und der DGRL genügt, trägt dieser allein die Haftungsrisiken, die aus einer mangelhaften Konformitätserklärung resultieren können.

Zudem entlastet er den Auftraggeber bei der Prüfung vor Inbetriebnahme, da für diesen die zugehörigen Arbeitsschritte der Druckprüfung entfallen. Der Kunde kann sich nun vollkommen auf die wesentlichen Punkte dieser Prüfung konzentrieren: Die Inbetriebnahme nach Arbeitsschutzgesetz und Betriebssicherheitsverordnung, um die Beschäftigten vor Betriebsunfällen zu schützen.

Was kann man also tun?

Verfahrenstechnische Anlagen, bei denen sowohl Druckgeräte als auch Maschinen enthalten und funktional miteinander verbunden sind, fordern Hersteller und ihre Kunden gleichermaßen in den Preis-, Leistungs- und Vertragsverhandlungen heraus. Unabhängige Dritte wie TÜV Süd können beide Parteien gleichermaßen mit ihrer Expertise dabei unterstützen, geeignete Konformitätsbewertungsverfahren sowie Haftungsrisiken und praktische Herausforderungen bei der Inbetriebnahme zu identifizieren.

Hersteller und ihre Kunden profitieren von klar formulierten Lastenheften, umfangreiche Unterstützung bei der Risikobeurteilung des Produktes, definierten Verantwortlichkeiten und Leistungsumfang sowie rechtssicheren Verträgen.

Maschinenrichtlinie oder Druckgeräterichtlinie?

Sind Druckgeräte und Maschinen in einer Anlage integriert, muss nach MRL unter anderem geprüft werden, ob das Material der drucktragenden Komponenten und ihrer Verbindungen die geeignete Festigkeit und Beständigkeit während des Betriebs aufweist (erhöhtes Bruchrisiko beispielsweise durch Vibrationen).

Mögliche Phänomene sind Ermüdung, Alterung, Korrosion und Verschleiß, die zu gefährlichen Betriebszuständen führen können. Relevant ist deshalb auch die Explosionsgefahr, die von den Fluiden ausgehen kann und die freigesetzt werden können.

Für die Druckgeräte selbst sind die Vorgaben der DGRL relevant. Darunter fallen in erster Linie Behälter, Rohrleitungen, druckhaltende Ausrüstungsteile und solche mit Sicherheitsfunktion. Wie Druckgeräte in Anlagen oder Maschinen im Detail bewertet werden, verraten die Risikoanalyse und gegebenenfalls auch der Verwendungszweck.

Zudem entscheiden Anzahl und Gefährdungskategorie des Geräts über zulässige Konformitätsverfahren (Modul) nach Druckgeräterichtlinie: Die Kategorie 1, in die beispielsweise Druckluftkompressoren fallen, ist gekennzeichnet durch ein geringes Risiko. Die Bewertung allein nach MRL genügt. Ab Kategorie 2 oder höher, die durch höhere Risiken und Gefahrenpotenziale gekennzeichnet sind, muss der Hersteller die Produktsicherheit zusätzlich gemäß der DGRL beurteilen.

Hierbei muss eine Benannte Stelle mitwirken. Im Anschluss an die Konformitätsbewertung erhält das Druckgerät ein Typenschild mit der Herstellernummer, den zulässigen Betriebsdaten, dem CE-Zeichen und gegebenenfalls der vierstelligen Kennnummer der benannten Stelle. Für alle Druckgeräte muss eine Betriebsanleitung angefertigt werden, die Verwendungszweck, Montage, Inbetriebnahme, Benutzung und Wartung beschreibt. Gegebenenfalls wird auch die Bildung einer Baugruppe relevant.

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  • Hersteller und ihre Kunden profitieren von eindeutigen Lastenheften, umfangreiche Unterstützung, definierten Verantwortlichkeiten und Leistungsumfang sowie rechtssicheren Verträgen.

    Hersteller und ihre Kunden profitieren von eindeutigen Lastenheften, umfangreiche Unterstützung, definierten Verantwortlichkeiten und Leistungsumfang sowie rechtssicheren Verträgen.

    Bild: Tüv Süd

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