Prozessautomation & Messtechnik Umweltschutz mit Prickel-Note

Endress+Hauser (Deutschland) GmbH+Co.KG

Bild: Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien; Endress+Hauser
21.01.2015

160 Mio. Flaschen Sekt füllen die Rotkäppchen-Mumm-Sektkellereien pro Jahr ab. Diese Dimensionen verlangen nach einer zuverlässigen Reinigung des anfallenden Abwassers aus der Produktion. Am Standort Eltville ist dafür eine leistungsfähige Neutralisationsanlage zuständig.

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Nicht so prickelnd: Neben Sekt entstehen in der Schaumweinproduktion Abwässer, die aufgrund ihrer Inhaltsstoffe und Zusammensetzung nicht ohne eine Vorbehandlung in die Kanalisation eingeleitet werden dürfen. Bei der traditionsreichen Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm hilft eine kompakte Automatisierungslösung zur Abwasseraufbereitung, die behördlichen Vorgaben sicher einzuhalten und zu überwachen.

51,2 Prozent am deutschen Sektmarkt halten die Marken Rotkäppchen, Mumm, Jules Mumm, MM Extra und Geldermann. Das „Diplomatenwasser“ gelangt aus Standorten in Eltville am Rhein, Hochheim am Main, Freyburg an der Unstrut und Breisach am Rhein in die Regale der Händler. Zuvor fallen jedoch 20 bis 150 m3 Abwasser pro Tag allein in Eltville an. Es entsteht vor allem durch Reinigungsprozesse in der Produktion und muss vor der Einleitung ins städtische Kanalnetz neutralisiert werden, damit es den Anforderungen der Umweltgesetzgebung entspricht. Die IndirekteinleiterDruck-Voransicht gehen -Verordnung und kommunale Abwassersatzung setzt strenge Einleitgrenzwerte zwischen pH 6,5 und 9,0, die Abwassertemperatur darf maximal 30 °C nicht überschreiten. Zur Anhebung des pH-Werts auf die vorgegebenen Zielwerte modernisierte Rotkäppchen-Mumm die alte Neutralisationsanlage in Eltville komplett. Mit der Umsetzung betraute man das Automatisierungsunternehmen Endress+Hauser, mit dem man bereits früher zusammengearbeitet hatte.

Feiner Schaumwein, prickelndes Abwasser

Die Anlage besteht aus zwei Tanks: einem Stapeltank mit einem Fassungsvermögen von 40 m3 zur Abwasserspeicherung sowie einem Tank (12 m3), in dem die Abwässer neutralisiert werden. Digitale pH-Sonden, Orbisint CPS11D mit Memosens-Technologie ermitteln kontinuierlich die pH-Werte in den Tanks sowie im Auslauf. Wird Natronlauge zugegeben, steigt der pH-Wert im Neutralisationstank, Salzsäure senkt ihn. Beide Tanks sind mit Rührwerken für die notwendige Durchmischung der Füllmengen ausgerüstet. Sie bewirken außerdem, dass sich keine Stoffe am Grund der Tanks absetzen. Mittels Tauchpumpen wird das gesamte Abwasser in den Stapeltank gepumpt und mit dem Bestandswasser vermischt. Die Ansteuerung realisiert man per Druckmessung (Cerabar M). Je nach pH-Wert und Füllstand wird das Abwasser weiter aufgestaut und vom Rührwerk gemischt – oder zum Neutralisationstank gepumpt. Zugabe von Natronlauge oder Salzsäure neutralisiert den pH-Wert auf einen Wert zwischen pH 6,5 und pH 9,0. Das aufbereitete Wasser fließt dann direkt in die städtische Kanalisation und zur Kläranlage nach Hattenheim.

Die Durchflussmenge vom Stapeltank zum Neutralisationstank wird per magnetisch-induktivem Durchflussmessgerät Promag 50P erfasst. pH-Wert und Temperatur am Auslauf des Neutralisationstanks zeichnet ein Orbisint CPS11D mit Memosens-Technologie kontinuierlich auf. Ein Schwinggabelgrenzschalter Liquiphant FTL 260 mit WHG-Zulassung überwacht den Tank auf Überfüllung. Zur Steuerung und Regelung des Prozesses dient eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS). Auf sie sind die vorhandenen analogen und binären Signale aufgeschaltet. Außerdem regelt sie den pH-Wert auf vorgegebene Sollwerte. An der SPS ist ein Bedienpanel zur Überwachung der Anlagenfunktion angeschlossen. Hier können Alarm- oder Warnmeldungen angezeigt und der pH-Sollwert innerhalb bestimmter Grenzen angepasst werden.

Wasserschutz ist Pflicht

Der komplexe Prozess ist eine Notwendigkeit. „Wer eine Abwasseranlage betreibt, ist verpflichtet, ihren Zustand, ihre Funktionsfähigkeit, ihren Unterhalt und ihren Betrieb sowie Art und Menge des Abwassers und der Abwasserinhaltsstoffe selbst zu überwachen“, heißt es im Wasserhaushaltsgesetz von 2009. Und weiter: „Er hat nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach Absatz 3 Aufzeichnungen anzufertigen, aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.“ Daher misst die Anlage nicht nur kontinuierlich pH-Wert, Temperatur sowie die Abwassermenge im Ablauf der Neutralisationsanlage, sondern zeichnet sie auch mittels Bildschirmschreiber Memograph M RSG 40 auf. So hat der Anwender alle wichtigen Parameter im Blick. Grenzwertüberschreitungen werden sofort erkannt und mittels Alarm gemeldet. Vor der Einleitung des neutralisierten Abwassers ins städtische Kanalnetz entnimmt ein vollautomatischer Probenehmer Liquistation CSF48 regelmäßig Rückstellproben. Hiervon werden weitere Parameter, wie zum Beispiel CSB (Chemischer Sauerstoff-Bedarf), im Labor analysiert. Entsprechende Grenzwerte müssen auch hier eingehalten werden.

„Mit der neuen Anlage können wir jetzt sicher sein, dass unser Abwasser die Anforderungen der Gesetzgebung jederzeit erfüllt und die Umwelt geschont wird“, erklärt Joachim Engler, Leiter Technik bei Rotkäppchen-Mumm.
Planung, Auslegung und Auswahl aller Anlagenkomponenten war Bestandteil des Lieferumfangs. Die Dimensionierung der Anlage erfolgte nach den Vorgaben von Endress+Hauser. In Abstimmung mit den Verantwortlichen der Sektkellerei wählten die Planer einen geeigneten Platz aus, der den Anforderungen des Betriebs entsprach. Bei der Ausführung der Automatisierung wurde Wert auf eine einfache und übersichtliche Gestaltung der Bedienung gelegt. Eine Besonderheit ist das Regelkonzept: Auf klassische Regelbausteine wurde verzichtet, komplexe selbstadaptive Regler waren nicht notwendig. Bei der Optimierung der Anlage wurde zu guter Letzt darauf geachtet, dass die Grenzwerte sicher eingehalten, aber Chemikalien nicht unnötig verbraucht werden.

Bildergalerie

  • In einem Neutralisations- und in einem Stapelbehälter wird das Abwasser aus der Sektproduktion für die Einleitung in das städtische Abwassernetz vorbereitet.

    Bild: Endress+Hauser

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