Efficiency Smarte Exoskelette rücken Menschen ins Zentrum der Industrie 4.0

Armin G. Schmidt ist ein Unternehmer und Vordenker auf dem Gebiet Cloud-basierter Produkte und Services. Als Gründer und CEO von German Bionic lenkt Schmidt gemeinsam mit CTO und Mitgründer Dr. Peter Heiligensetzer an den Standorten Augsburg, Berlin und Tokio die Entwicklung von zukunftsweisenden, vernetzten Robotics-as-a-Service (RaaS)-Lösungen. Zuvor gründete und leitete Schmidt den Streaming-Service Aupeo und die Automotive Software-Plattform Advanced Telematic Systems (ATS). Aupeo verkaufte er an Panasonic, ATS wurde von HERE Technologies übernommen. Vor der Gründung Von German Bionic war er als Senior Director bei HERE Technologies tätig.

Bild: German Bionic
13.11.2020

Science-Fiction-Fans kennen Exoskelette bereits seit 1986, dem Jahr, in dem James Camerons Blockbuster Aliens in die Kinos kam. Rund 30 Jahre später sind solche mit dem Körper verbundene Systeme unter den Begriffen Exoskelett oder „wearable robotics“ zur Realität geworden – wenn auch vornehmlich mit anderem Fokus.

Armin G. Schmidt ist mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten. Alle Beiträge des A&D-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .

Exo- oder Außenskelette werden heute vor allem für drei Anwendungsszenarien entwickelt: In der Medizin sind sie bei der Rehabilitation und als Gehhilfen bereits kommerziell erfolgreich. Im militärischen Einsatz sollen sie zukünftig Soldaten leistungsfähiger machen, die im Einsatz schwere Lasten über lange Strecken und unebenes Gelände transportieren oder in Katastrophengebieten Verletzte bergen müssen.

Das größte Potenzial für ihren Einsatz sehen Experten aber derzeit in Bereichen, in denen menschliche Arbeit nicht sinnvoll durch Vollautomatisierung oder Robotik-Systeme ersetzbar ist. Hierzu zählen Arbeitsprozesse in der industriellen Produktion, beispielsweise in der Automobilbranche, aber auch körperlich schwere Arbeiten am Bau, in der Logistik oder in der Pflege.

Intelligente Kraftanzüge

Unsere intelligenten Kraftanzüge unterstützen Menschen bei physisch anspruchsvollen Arbeiten, wie sie in der Logistik, in der Produktion, im Einzelhandel oder auch in der Pflege jeden Tag anfallen. Besonders während der Pandemie wurde uns allen deutlich, dass diese Arbeiterinnen und Arbeiter die Stütze unserer Wirtschaft und Gesellschaft sind. Uns als Unternehmen ist auch deshalb ein Anliegen, die Arbeitsbedingungen dieser Menschen sukzessive zu verbessern.

Folgerichtig zieht auch die Nachfrage nach Exoskeletten stark an: So prognostiziert etwa das unabhängige ABI Research-Institut bis 2028 ein Marktvolumen von 5,8 Mrd. US-Dollar. Neben Herstellern aus Japan, Korea und den USA sind auch europäische Anbieter mit im Rennen um den Milliarden-Markt – darunter German Bionic oder der Orthesen- und Prothesen Hersteller Otto Bock.

Bisher wurde der kommerzielle Durchbruch der Technologie durch zwei Faktoren verlangsamt: Einerseits lag dies am Fehlen von Daten, auf deren Grundlage die absolute Entlastung, die Exoskelett-Systeme ihren Träger erbringen, erhoben werden konnte. Ohne diese Quantifizierung und den daraus ableitbaren gesundheitlichen Nutzen für Mitarbeiter fehlten aber objektive Argumente für die Investition in die neuartige Technologie.

Andererseits gab es, aufgrund hoher F&E-Kosten, einen relativen Stillstand bei der Weiterentwicklung, was unter anderem daran festzumachen ist, dass bisher nur wenige Anbieter den Entwicklungsschritt von passiven Systemen, also rein mechanischen Exoskeletten, zu aktiven intelligenten Roboter-Exoskeletten technologisch vollziehen konnten. In Europa ist dies bisher German Bionic mit dem vernetzen Cray X, einem aktive Rücken-Exoskelett sowie Bioservo aus Schweden, das eine Software-gesteuerte pneumatische Greifhilfe entwickelt hat, gelungen. Im nächsten Entwicklungsschritt auf dem Weg zu einer wirklichen bionischen Revolution müssen Exoskelette darüber hinaus lernfähig werden, was wiederum Nutzungsdaten erfordert.

Vernetztes Exoskelett

Was muss das Exoskelett, das die nächste Stufe der bionischen Revolution zünden soll, können? Es muss connected sein, um mit der Smart Factory, also Maschinen und Infrastruktur, kommunizieren zu können. Es muss evaluierbar sein: Erst durch die Auswertung von Nutzungsdaten, hierzu zählen beispielsweise Sensorik-Daten, können zukünftig nicht nur die absolute Entlastung der Exoskelett-Nutzer quantifiziert werden.

Daten und die dazugehörigen Schnittstellen sind auch wichtig, um Forschungseinrichtungen mit Herstellern zu vernetzen, mit dem Ziel interdisziplinäre Grundlagenforschung betreiben zu können. Es muss intelligent sein: Durch die Vernetzung der Exoskelette wird die Datengrundlage für maschinelles Lernen und KI-Fähigkeiten gelegt. Das bedeutet in der Folge, dass Exoskelette intelligent werden können und sich an die Bedürfnisse ihrer Nutzer anpassen – was den Menschen letztendlich wieder in das Zentrum der Indus­trie 4.0. rückt.

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