500 PS für Offroad-Anwendungen MAN stellt neuen Wasserstoffverbrennungsmotor vor

Der Wasserstoffmotor H4576 auf der Interalpin 2023: Er stellt eine mögliche Lösung für einen CO2-freien Antrieb im PistenBully 800 dar.

Bild: MAN
13.11.2023

Auf Basis des bewährten Dieselmotors D3876 hat MAN einen Wasserstoffantrieb entwickelt, der Fahrzeuge in der Landwirtschaft dekarbonisieren soll. 500 PS aus 16,8 l Hubraum werden bereitgestellt, eine schnelle Marktreife soll möglich sein. Entstanden ist der Motor in einer Zusammenarbeit mit PistenBully-Hersteller Kässbohrer.

H4576 heißt MAN Engines neuer Wasserstoffverbrennungsmotor im Offroad-Segment. Die Grundlage für ihn bildete der Dieselmotor D3876: Dieser teilt etwa 80 Prozent seiner Basisbauteile mit dem Wasserstoffmotor, darunter Kurbelgehäuse, Kurbelwelle, Pleuel sowie Kühl- und Ölkreislauf inklusive Pumpen, Ölwanne und Filter. Nahezu identische Abmessungen der beiden Verbrennungsmotoren erleichtern Maschinenherstellern die Integration in bestehende Fahrzeugkonzepte.

Eine wichtige Veränderung ist dagegen die Erhöhung der Bohrung von 138 auf 145 mm, während der Hub mit 176 mm unverändert blieb. Diese Modifikation zu einem größeren Hubraum von 16,8 l im Vergleich zu den 15,3 l des Dieselmotors war notwendig, um die Zielleistung im Hinblick auf die geringere Leistungsdichte von Wasserstoffmotoren zu erreichen. Wesentliche Modifikationen wurden dabei an den Komponenten zur Wasserstoffversorgung und -verbrennung, der Motorsteuerung sowie der Abgasregulierung vorgenommen.

Leistung vergleichbar mit Dieselmotor

Die Wasserstoffversorgung beim H4576 umfasst ein System aus neuen Niederdruckleitungen und einem Rail, die den Injektor mit dem benötigten Wasserstoff versorgen. Über eine präzise Druckregelung wird der Wasserstoffbedarf dosiert, um eine effiziente Verbrennung zu gewährleisten und den Motor optimal mit dem Brennstoff zu versorgen.

Der Wasserstoffinjektor dient der Niederdruckdirekteinblasung mit einem Einspritzdruck bis zu 40 bar. Er ist direkt im Brennraum angebracht, um eine höhere Leistung und ein besseres Ansprechverhalten des Motors zu erzielen. Das darauf abgestimmte Zündsystem berücksichtigt diese Eigenschaften und ermöglicht eine kontrollierte Fremdzündung des Wasserstoffgemischs. Das Motorsteuergerät kontrolliert unter anderem die Zufuhr von Wasserstoff und Luft, regelt die Einspritzung und Zündung und passt die Motorparameter kontinuierlich an, um eine sichere und effiziente Verbrennung zu ermöglichen.

Wegen der Vergrößerung des Kolbendurchmessers im Vergleich zum Dieselmotor wurden beim Wasserstoffverbrennungsmotor neue Kolben und Laufbuchsen benötigt. Mit dem sich daraus ergebenden höheren Hubraum von 500 PS (368 kW) wird eine ähnliche Performance wie die des Dieselmotors mit 12,4 l Hubraum erzielt. Der neue Turbolader sorgt dabei für Dynamik und hilft, den Verbrauch zu reduzieren.

Wasserstoffmotor im PistenBully

Die einzigen relevanten Emissionen, die als potenzielle Nebenprodukte der H2-Verbrennung auftreten und in nennenswertem Umfang ins Abgas gelangen könnten, sind Stickoxide (NOx). Um diese nahezu auf null zu reduzieren, setzt MAN auf einen speziellen Verbrennungsprozess und ein etabliertes Abgasnachbehandlungssystem. Durch die Kombination aus Wasserstoffverbrennungsmotor und Abgasnachbehandlung werden die Emissionsnormen EU Stufe V beziehungsweise Zero Emission Vehicle (ZEV) erfüllt.

Der H4576 kann aufgrund seiner bereits vorhandenen Technologie schnell auf den Markt gebracht werden. In Sachen emissionsfreier Antriebe von Offroad-Fahrzeugen kann MAN außerdem auf eine Zusammenarbeit mit der Firma Kässbohrer Geländefahrzeuge bauen. Deren 2023 neu vorgestelltes Fahrzeug PistenBully 800 ist so designt, dass ein zukünftiger Wasserstoffverbrennungsmotor – der H4576 – Platz darin findet und entsprechende Schnittstellen zur Verfügung stehen.

Der Motor zeigt aber auch, dass Wasserstoff nicht als einziger Brennstoff verwendet werden muss. Er kann, als Dual-Fuel-Motor konzipiert, in Kombination mit herkömmlichem Diesel oder alternativen Kraftstoffen wie HVO betrieben werden. Ein Beispiel dafür ist der Zwölfzylinder-V-Motor D2862, der seit Mitte 2022 als Wasserstoff-Dual-Fuel-Motor das Windfarm-Versorgungsschiff Hydrocat 48 antreibt. Darüber hinaus entwickelt MAN mit dem H3268 momentan einen stationären Wasserstoffmotor zur Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerken.

Vorstellung auf der Agritechnica 2023

Zu sehen gab es den H4576 und weitere Produkte und Lösungen zur Dekarbonisierung auf der Agritechnica vom 12. bis 18. November 2023. MAN Engines stellte im Bereich Systems & Components in Halle 15, Stand G05, aus.

„Wasserstoffverbrennungsmotoren sind ein vielversprechender Ansatz, um die Dekarbonisierung von Offroad-Antrieben zu beschleunigen“, sagt Mikael Lindner, Head of MAN Engines. „Sobald der Markt bereit ist, bietet MAN Engines maßgeschneiderte Lösungen.“

Bildergalerie

  • Der Wasserstoffmotor setzt auf den Dieselmotor D3876 auf und ist deshalb leicht in neue Anwendungen zu integrieren.

    Der Wasserstoffmotor setzt auf den Dieselmotor D3876 auf und ist deshalb leicht in neue Anwendungen zu integrieren.

    Bild: MAN

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel