IGBT-Trends Jungbrunnen für Schnellschalter

ABB AG

Bild: iStock, Pete Collins
13.01.2014

IGBTs sind bereits seit über drei Jahrzehnten auf dem Markt und heute wohl das am häufigsten genutzte Bauelement der Leistungselektronik. Doch der Markt ist ständigen Veränderungen unterworfen und bringt laufend neue Anbieter und Komponenten hervor.

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IGBTs bieten eine kostengünstige Lösung zum Schalten bei Spannungen bis 6,6 kV und Strömen bis 3 kA, allen voran zur effizienten Steuerung von Antrieben sowie zur Steigerung der Energieeffizienz. Die Megatrends wie demographische Veränderungen, Urbanisierung, Klimaänderung und Globalisierung schüren die Nachfrage nach solchen Komponenten der Leistungselektronik vor allem in spezifischen Bereichen wie dem Kraftfahrzeug, der industriellen Automatisierung, in der Gewinnung und Verteilung von erneuerbarer Energie, der Gesundheitsfürsorge sowie der Konsumelektronik.

Nach Einschätzung der Marktforscher wird der weltweite IGBT-Markt von derzeit 4 Milliarden Dollar innerhalb von vier Jahren um 50 Prozent wachsen. Die Attraktivität nimmt also nicht ab, sondern durch steigende Anforderungen durch Auto, Automation, Smart Grid oder Haushalt unablässig weiter zu.

Durch eine fast leistungslose Ansteuerung, gutes Durchlassverhalten, hohe Sperrspannung, Robustheit sowie Überlastbarkeit und Kurzschlussfestigkeit sind die Power-Komponenten auch im Hochleistungsbereich einsetzbar. In der Antriebstechnik haben sie in Pulswechselrichtern für Drehstrommaschinen inzwischen weitgehend die vorher gebräuchlichen Schaltungen mit GTO-Thyristoren verdrängt. Zu den Einsatzgebieten zählen sowohl Schaltnetzteile, Frequenzumrichter, Gleichstromsteller und USV-Anlagen als auch Dimmer, Wechselrichter und Halbleiterrelais. Lieferbar sind zahlreiche IGBT-Produktklassen mit verschiedenen Nennspannungen und Nennströmen, die im Hinblick auf ihre Betriebswerte in den gedachten Einsatzgebieten (Frequenz, Taktverhältnis, Spitzenstrom, Gehäuse) die durch die Applikation geforderten Kompromisse zwischen Leitungsverlusten, Schaltverlusten und Kurzschlussfestigkeit eingehen.

Indikator Leistungsdichte

Die Leistungsdichte ist zu einem wichtigen Leistungsindikator für Wechselrichter geworden. Dadurch entstanden zwei Anforderungen an Leistungsmodule, die IGBTs und Dioden enthalten: Zum einen müssen sie selbst unter höherer Wärmebelastung eine hinreichend lange Lebensdauer garantieren, und zweitens müssen sie hinsichtlich statischer und dynamischer Verluste bessere Werte aufweisen. Bei den neuen 1200-V-IGBTs der mittlerweile fünften Generation sind diese Ansprüche bereits entsprechend berücksichtigt.

Welche Features sollten also moderne IGBTs aufweisen? Die Bauteile müssen zunächst zuverlässig funktionieren und eine maximale Stromdichte per Zelle sowie niedrigste Schaltverluste garantieren. Entwickler erwarten eine spezielle Anpassung an die jeweilige Anwendung, etwa für die Motorsteuerung. Hier lassen sich die Eigenschaften der IGBT hinsichtlich Sättigungsspannung (VCE(sat)) und Ausschaltverlustenergie (Eoff) durch spezielle Behandlungsverfahren und Dotierungen der Wafer optimal justieren. Zum sicheren Schalten großer Lasten muss ein moderner IGBT eine bestimmte Kurzschlussstromfestigkeit aufweisen und energieeffizient arbeiten. Dazu sind auch bei den Freilaufdioden für die IGBTs entsprechende Verbesserungen notwendig. Gefordert sind außerdem sowohl ein niedriger Spannungsabfall (Vf) und eine niedrige Abschaltladung (Qrr) als auch weiches Schaltverhalten, geringe Schaltverluste und niedrige Rückstromwerte (Irrm). Indem diese Eigenschaften das EMI-Verhalten verbessern und die Effizienz steigern, leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der ErP-Verordnung zur Erreichung der Energieeffizienzklassen IE3 und IE4 etwa bei Motorumrichtern.

Richtig ansteuern

Ein weiteres Kriterium ist die Ansteuerung, die mit der eines MOSFET vergleichbar ist. Zunächst kommt es darauf an, den richtigen Gate-Vorwiderstand (Rg) zu ermitteln, um ein optimales Schalten zu ermöglichen. Wesentlich ist die Wahl einer galvanisch getrennten Ansteuerung für IGBTs. Diese hat, ob durch optische und magnetische Koppler oder auch Gate-Transformatoren, einen entscheidenden Anteil an der Gesamtperformance. Zudem hat die Gatebeschaltung großen Einfluss auf die Schaltverzögerungen und Schaltverluste. Besonders ist auf niedrige Eigeninduktivität zu achten, damit es nicht zum Oszillieren oder ungewollten Schaltvorgängen der IGBTs kommt. Auch muss die Gatespannung ausreichend groß (>13 V) sein, und bei hartem, schnellem Schalten ist die Eingangskapazität Ciss wichtig. Gegebenenfalls sollte man mit negativer Gate-Emitter-Spannung (Vge) arbeiten.

Infineon brachte die ersten Trench-Field Stop-IGBTs für 1200 V bereits im Jahre 2000 auf den Markt – damals die dritte IGBT-Generation für eine Betriebstemperatur von 125°C. Der nächste Schritt in Richtung höhere Leistungsdichte war die Einführung der vierten Generation, die für eine Sperrschichttemperatur von 150°C und eine Betriebstemperatur von 175°C ausgelegt war. Auch bei der jetzigen fünften Generation (IGBT5) findet das Trench-Field Stop-Konzept Verwendung.

Darüber hinaus konnten die IGBT-Entwickler durch Verringerung der Schaltverluste sowie der stationären Einschaltverluste erfolgreich die Leistung optimieren, wobei die zulässige Kurzschlusszeit von 10 µs bei Betriebstemperatur aufrechterhalten bleibt. Zum Verständnis: Im Falle eines Kurzschlusses steigt die Bausteintemperatur infolge der massiven Verlustleistung (Leistung = Spannung x Strom) rapide an. Diese Temperatur ergibt sich aus der Kurzschlussenergie geteilt durch die Wärmekapazität des IGBT. Diese wird sowohl durch das Siliziumvolumen als auch durch die oberen Schichten aus Metall definiert. Durch die erhöhte Wärmekapazität einer neuen Metallisierung auf der Vorderseite, die den Temperaturanstieg des IGBT5 verhindert, lässt sich der Kurzschluss erfolgreich abschalten. Zu den Maßnahmen zur Erhöhung der Leistung zählt auch die "Verdünnung" des Bausteins auf 110 µm. Das Verhältnis von Abschaltverlusten zur Einschalt-Sättigungsspannung wird auf niedrigere Werte verschoben. Normalerweise erhöhen sich die Einschaltverluste mit steigender Betriebstemperatur, doch bleibt wegen der besseren Performance des IGBT5 der Einschalt-Spannungsabfall bei 175°C gleich wie der des IGBT4 bei 150°C.

Die Analysten von TechNavio sagen dem IGBT-basierten Leistungsmodul-Markt bis 2016 ein Jahreswachstum von etwa 14 Prozent voraus. Sie sehen die zunehmende Nachfrage nach der Erzeugung erneuerbarer Energie als einen der Schlüsselfaktoren; Windräder und Solarkraftwerke sind auf diese Module zwingend angewiesen. Als Hemmschuh könnten sich die hohen Kosten dieser Module erweisen. Als die führenden Anbieter nennen die Analysten Mitsubishi, Infineon, Fuji sowie Semikron. Außerdem erwähnt werden ABB, Toshiba, NXP, Fairchild, STMicroelectronics sowie Renesas. Als Voraussetzung erwähnt TechNavio die Optimierung der IGBT-Chips bezüglich höherer Leistungsdichte und Leistungsabgabe sowie verstärkter Wärmefestigkeit.

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