Auswertung des Stromjahres 2017 Gemischte Energiewende-Bilanz 2017

Laut einer aktuellen Studie wurde im Jahr 2017 erstmals mehr Strom aus Windkraft als aus Steinkohle und Atomkraft gewonnen.

09.01.2018

Die Denkfabrik Agora Energiewende legt eine Auswertung des Stromjahres 2017 vor: Während die Windkraft massiv zulegt, steigen Energie- und Stromverbrauch und die Treibhausgasemissionen stagnieren auf konstant hohem Niveau.

Erneuerbare Energien waren im Jahr 2017 auf Rekordkurs: 36,1 Prozent des Stroms wurden von Windkraft-, Biomasse-, Solar und Wasserkraftanlagen geliefert. Das sind 3,8 Prozentpunkte mehr als 2016 - einen stärken Zuwachs gab es noch nie. Dazu hat vor allem die Windenergie beigetragen: Sowohl aufgrund des weiteren Zubaus als auch infolge guter Windbedingungen 2017. Damit wurde erstmals mehr Strom aus Wind produziert als aus Steinkohle und Atomkraft. Diese fielen auf das niedrigste Niveau seit 1990. Das zeigt die Studie „Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2017", die Agora Energiewende vorgelegt hat.

Die Energiewende kommt damit beim Zuwachs der Erneuerbare Energien und beim Ausstieg aus der Atomenergie gut voran. Eine schlechte Bilanz war 2017 jedoch bei den Treibhausgasemissionen zu verzeichnen: Das dritte Jahr in Folge stagnierte der Ausstoß des klimaschädlichen CO2, statt wie geplant zu sinken. Denn während im Stromsektor die Emissionen infolge des Rückgangs der Steinkohleverstromung 2017 leicht zurückgingen, stiegen sie im Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektor aufgrund des höheren Mineralöl- und Erdgasverbrauchs. „Der gegenwärtige Trend läuft darauf hinaus, dass Deutschland im Jahr 2020 seine Emissionen nur um 30 Prozent statt wie geplant um 40 Prozent gegenüber 1990 vermindert“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.

Ursache ist ein höherer Energieverbrauch

Wesentliche Ursache hierfür ist die Entwicklung beim Energieverbrauch: Im vergangenen Jahr wurde 0,8 Prozent mehr Energie verbraucht als 2016 – Strom, Diesel und Erdgas legten zu. Es wird damit nahezu unmöglich, die von der Bundesregierung im Energiekonzept 2010 beschlossenen Energieeffizienzziele für 2020 (minus 20 Prozent Primärenergie- und minus 10 Prozent Stromverbrauch gegenüber 2008) zu erreichen. „Die Energieeffizienz-Fortschritte sind zu gering, um zusätzliche Verbräuche aus Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum auszugleichen oder sogar zu überkompensieren“, sagt Graichen.

Auch die Stromverkäufe ins Ausland sind erneut gestiegen: Mehr als 60 Terawattstunden Strom wurden im Jahr 2017 per Saldo exportiert, das entspricht rund 10 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms. Der Grund: Da Deutschland die zweitniedrigsten Börsenstrompreise Europas hat, lohnt es sich für Deutschlands Kohle- und Gaskraftwerksbetreiber, ihren Strom an unsere Nachbarn zu verkaufen. Die Erlöse hierfür beliefen sich unterm Strich auf etwa 1,4 Milliarden Euro – die oft besondere Aufmerksamkeit bekommenden Stunden mit negativen Strompreisen fallen in der Gesamtbilanz hingegen kaum ins Gewicht.

Die Börsenstrompreise 2017 stiegen im Vergleich zu 2016 aufgrund höherer Importpreise für Kohle und Erdgas leicht. Haushaltsstrom dürfte 2018 im Schnitt daher um 1,4 Prozent mehr kosten und erstmals die Marke von 30 Cent pro Kilowattstunde überspringen. Im Gegensatz dazu haben die Erneuerbare-Energien-Auktionen 2017 gezeigt, wie billig Wind- und Solarstrom inzwischen sind: Die garantierten Vergütungen für die Kilowattstunde Solarstrom sanken auf unter 5 Cent, für Windkraft-Onshore auf unter 4 Cent und die für Windkraft-Offshore auf unter 2 Cent. Damit ist Strom aus leistungsstarken neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen nunmehr durchweg günstiger als Strom aus neuen konventionellen Kraftwerken.

Scheitert Deutschland beim Klimaschutz?

„Bei den Erneuerbaren Energien sind wir 2017 mit Blick auf Ausbau und Kostensenkung gut vorangekommen. Beim Klimaschutz steht das Vorreiterland Deutschland jedoch kurz vor dem Scheitern. Dies hat drei Ursachen: Erstens steigen die Emissionen im Verkehr, vor allem im Güterverkehr seit Jahren an; zweitens steigert die Industrie ihre Effizienz nicht in dem Maße wie sie ihre Produktion erhöht; und drittens verbleibt der CO2-schädlichste Energieträger, die Braunkohle, auf konstant hohem Niveau. Wenn die neue Regierung hier nicht schnell gegensteuert, wird Deutschland seine Klimaschutzziele für 2020 und auch für 2030 massiv verfehlen“, mahnt Agora-Direktor Patrick Graichen.

Die Studie „Die Energiewende im Stromsektor: Stand der Dinge 2017“ beschreibt in zehn Kapiteln mit zahlreichen Abbildungen die wesentlichen Trends. Sie basiert auf aktuell verfügbaren Daten aus zahlreichen öffentlichen Quellen.

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