Radar für Lebensmittelproduzenten Gegen leere Türchen im Adventskalender

Adventskalender versüßen Kindern wie auch Erwachsenen jedes Jahr das Warten auf Heiligabend. Schade wäre es natürlich, wenn hinter einem Türchen dann ein leerer Platz wartet.

Bild: iStock, Flavio Vallenari
02.11.2020

Gerade für Kinder ist der Weihnachts-Countdown in Form von Adventskalendern jedes Jahr ein Highlight. Wären einzelne Türchen leer, würde das zu großer Enttäuschung führen. Ein neues Radarsystem soll deshalb fehlenden Schokostückchen vorbeugen – und zudem schwer detektierbare Fremdkörper wie Glas, Kunststoff und Holz aufspüren.

Bei der Produktion von Lebensmitteln geht schnell mal etwas schief. Glas, Metallspäne, Holzsplitter oder Kunststoffteile können versehentlich in die Produkte geraten und zu Rückrufaktionen führen. Das geht nicht nur mit einem wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen einher, sondern auch mit einem Vertrauensverlust seitens der Verbraucher.

Hersteller sind daher stark daran interessiert, ihre Produkte auf Fremdkörper zu untersuchen. Bisher nutzen sie dafür vor allem Röntgengeräte. Diese können jedoch nicht alle Fremdkörper zuverlässig aufspüren: Während Metalle gut erkannt werden, tut sich das Verfahren bei Kunststoffen, Holz und Glas oft schwer. Für die Hersteller bleibt daher trotz der Untersuchung ein gewisses Restrisiko.

Ergänzung für bisherige Metallsucher

Ein Prototyp namens „Sammi“ aus dem Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR soll diese Lücke nun schließen. „Unser System basiert auf Millimeterwellen und kann das etablierte Röntgenverfahren ergänzen“, sagt Daniel Behrendt, Geschäftsfeldsprecher am Fraunhofer FHR. „Denn es erkennt die Fremdstoffe, die Röntgenverfahren schnell übersehen – also Glassplitter, Kunststoffe und Holz.“

Nicht durchleuchten kann es dagegen Metalle, dies fangen wiederum die Röntgenverfahren auf. Ein weiterer Vorteil: Die Millimeterwellen, mit denen die Lebensmittel untersucht werden, sind gesundheitlich unbedenklich.

Ablauf des Verfahrens

Das Lebensmittel wird auf ein Band gelegt und durch das Gerät befördert. Oberhalb des Bandes rotiert die Sendeantenne und schickt ihre Wellen durch das Produkt, unterhalb fängt die Empfangsantenne die Wellen wieder auf.

Die Millimeterwellen werden durch die verschiedenen Materialien des Lebensmittels unterschiedlich abgeschwächt und spezifisch in ihrer Laufzeit verzögert. Daher lassen sich mit ihnen nicht nur Struktur und Zusammensetzung des Lebensmittels erkennen, sondern auch kleinste Abweichungen davon – wie sie etwa durch Fremdkörper hervorgerufen werden.

Wird jedem Messpunkt ein Pixel zugeordnet und die Veränderungen farblich codiert dargestellt, ist das Ergebnis ein Bild des untersuchten Gegenstands, auf dem Fremdkörper sofort zu erkennen sind. Selbst verpackte Ware soll sich auf diese Weise berührungslos und zerstörungsfrei untersuchen lassen.

Der Prototyp, den die Forscher aufgebaut haben, hat eine Größe von 40 cm x 40 cm x 30 cm. Mit ihm können bis zu 30 cm x 30 cm x 5 cm große Lebensmittel analysiert werden. „Rein technologisch gibt es hier jedoch keine Grenze“, sagt Behrendt.

Tests mit Schokoladenkeksen und Adventskalendern

Erste Machbarkeitsstudien sind bereits gelaufen. So untersuchten die Forscher mit „Sammi“ Doppelkekse, in deren Schokomasse sie zuvor jeweils einen Glassplitter positioniert hatten. Mit Erfolg: Der Prototyp erkannte die Fremdkörper zuverlässig.

Auch bei der Untersuchung eines Adventskalenders konnte Sammi punkten. In der Radaraufnahme war gut zu erkennen, dass drei Schokostückchen fehlten, alle weiteren jedoch enthalten und richtig positioniert waren. In einem weiteren Schritt will das Forscherteam nun noch die Untersuchungsgeschwindigkeit und die Genauigkeit weiter verbessern.

Die Technologie eignet sich dabei nicht nur zur Lebensmittelkontrolle. Das System soll unter anderem auch bei der zerstörungsfreien Produktprüfung Vorteile bringen. So lässt sich bei der Untersuchung eines Adventskalenders beispielsweise ebenfalls erkennen, ob die Klebepunkte, die den Kalender zusammenhalten, dick genug aufgetragen wurden. Für die Kontrolle von Briefen und kleineren Paketsendungen wird das System von der Firma Hübner Photonics bereits unter dem Namen „T-Sense“ vermarktet.

Bildergalerie

  • Die Forscher testeten ihr Verfahren unter anderem an Doppelkeksen, die sie mit Glassplittern versehen hatten.

    Die Forscher testeten ihr Verfahren unter anderem an Doppelkeksen, die sie mit Glassplittern versehen hatten.

    Bild: Fraunhofer FHR

  • Das Radarbild zeigt deutlich den fehlerhaften Keks mit „Glassplitter-Geschmack“.

    Das Radarbild zeigt deutlich den fehlerhaften Keks mit „Glassplitter-Geschmack“.

    Bild: Fraunhofer FHR

Verwandte Artikel