25.000 Palettenplätze und 200.000 Artikeleinheiten (SKUs) auf insgesamt 21.000 qm, ein Jahresumschlag von rund 20 Millionen Flaschen: Am Standort Tornesch schlägt das Herz aller Weinfreunde höher und der Puls von Automatisierern schneller. Denn hier betreibt die IWL ihr Zentrallager für den Versandhandel. Das Kürzel steht für Internationale Wein Logistik und dahinter wiederum steht die Hawesko-Gruppe – Deutschlands größtes Handelshaus für hochwertige Weine und Champagner. Mit bekannten Marken wie Jacques’ (B2C-Retail), Grand Cru Select (B2B) sowie HAWESKO und Vinos (E-Commerce) erwirtschaftete die Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von über 660 Mio. Euro. Mit einem Anteil von rund 25 Prozent im Premium- und Luxussegment gilt der Hawesko-Konzern als Nr. 1 der Premiumweinhändler in Europa.
E-Commerce als Erlebnis
Wer, wie Hawesko, den Anspruch hat, den Onlinehandel mit Weingütern zu einem persönlichen Erlebnis zu machen, benötigt auch die entsprechende Logistik, um den ständig steigenden Kundenerwartungen hinsichtlich der Lieferqualität zu entsprechen. Gemeinsam mit dem langjährigen Partner Infios setzt Hawesko dazu auf einen Mix aus hochmoderner Robotik und manuellen Tätigkeiten. Der Logistikspezialist integriert Auftrags- und Warehouse Management, Fulfillment und Transportmanagement in einer ganzheitlichen Lösungssuite. Für Hawesko plante und realisierte Infios eine Lösung, die unter anderem Goods-to-Person-Roboter und manuelle Kommissionierarbeiten für ein optimales Endkundenerlebnis orchestriert. „Der wachsende Onlinehandel erfordert generell effizientere Versandprozesse und ein nötiges Maß an Flexibilität auf Systemebene, um steigende Kundenanforderungen und saisonale Schwankungen adressieren zu können“, so Michael Brandl, Executive Vice President EMEA bei Infios zu den konzeptionellen Überlegungen hinter der Lösung.
Aufgrund der signifikanten Umsatzerlöse im Versandhandel mit Kunden in Deutschland, sowie dem europäischen und internationalen Ausland wurde das Distributionszentrum Tornesch immer wieder an den wachsenden Bedarf angepasst und erweitert, zuletzt um einen 6.000 qm großen Bereich mit 21 Autonomen Mobilen Robotern des Herstellers Geekplus, die 330 Regale (Racks) bedarfsgerecht an die Arbeitsstationen im Versand befördern.
Bereits seit 2006 setzt IWL/Hawesko auf ein dynamisches Ökosystem auf Basis des Infios Warehouse Management Systems (WMS). Die Lösung hat sich bewährt, auch in Ausnahmezeiten. So steuerte das WMS auch während der pandemischen Lockdownzeiten sämtliche Prozesse souverän: von der Vereinnahmung und Qualitätskontrolle, über die Einlagerung, Kommissionierung und Konsolidierung bis zum Versand. Im Durchschnitt nimmt das WMS täglich bis zu 350 Paletten im Wareneingang entgegen und organisiert deren Einlagerung in die Bereiche für Schnell- und Langsamdreher. Rund 30.000 Bestellungen wickelt der Standort jede Woche ab; ausgenommen saisonale Stoßzeiten, in denen das Bestellvolumen um das Dreifache ansteigen kann – in der Spitze pro Tag auf 80.000 Flaschen. Das WMS stößt bei Bestelleingang die Versandvorbereitung an. Aufträge werden in Wellen gebündelt. Berücksichtigt werden Zeitfenster, Versandrouten und Produkteigenschaften, ebenso wie der späteste Starttermin für die Ausführung eines Auftrags, damit dieser das Lager fristgerecht verlässt.
Mitwachsende Infrastruktur
Angesichts des anhaltenden Wachstums entschied sich IWL für Modernisierungsmaßnahmen, die weiteren Freiraum bieten, der baulich so ohne Weiteres allerdings nicht gegeben war. Daher war eine effiziente, aber auch platzsparende Lösung gefragt, die vor dem Hintergrund saisonaler Schwankungen und wachsender Personalengpässe in der Logistik ein hohes Maß an Flexibilität bieten würde. So entschied man sich dazu, die bisherige Lagerfläche umfassend zu erweitern und in Zusammenarbeit mit Infios und dem Hersteller Geekplus ein autonomes, mobiles Robotiksystem zum Einsatz zu bringen.
Die nach dem Ware-zur-Person agierenden Roboter steuern die Regale an, die jeweils Kapazitäten für rund 400 Flaschen bereitstellen. Im Zwei-Schicht-Betrieb werden über 130.000 Flaschen bedarfsgerecht in Bewegung gesetzt. An „nur“ drei Arbeitsstationen werden pro Stunde durchschnittlich 800 Waren entgegengenommen und für den Versand vorbereitet. Per Pick-by-Light werden die Mitarbeiter an den Stationen bei der Warenentnahme unterstützt. Die von Infios integrierte Technologie ist intuitiv bedienbar und reduziert die Fehlerquote beim Kommissionieren auf ein Minimum.
Eine technologische Besonderheit stellt das orchestrierte Zusammenspiel der Software- und Automatisierungskomponenten dar. Hinter den Kulissen laufen sämtliche operativen Lagerabläufe auf der digitalen Plattform des Infios WMS zusammen. Zusätzlich kommt das Infios Unified Control System (UCS) zum Einsatz, welches die Ansteuerung des automatisierten Technologieportfolios optimiert und erweiterte Kommunikationsschnittstellen zur Robotikanwendung schafft. Die Kombination aus WMS, UCS, AMR-Technologie und Pick-by-Light hat die Pickleistung mehr als verdoppelt. Die Lagerperformance des Standorts ließ sich insgesamt um 50 Prozent steigern und ist damit nun auf einen Durchsatz von jährlich bis zu 30 Millionen Flaschen ausgelegt.
Lagerraum ist Freiraum
Autonome mobile Robotiksysteme haben sich im Logistikdienstleistungssegment bewährt. Verfügbare Lagerflächen können um bis zu 30 % effektiver genutzt werden. Zusätzliche Roboter lassen sich ohne spürbare Unterbrechungen des Betriebs einbinden. Auch die Erweiterung in Tornesch erwies sich im Vergleich zum Einsatz konventioneller Automatisierungslösungen als wirtschaftlich effektivste Lösung, die nicht nur zusätzliche Lagerkapazitäten schafft, sondern auch „den nötigen Freiraum für künftige Ausbaupläne“, wie Frederick Paulsen, Projektleiter Informationslogistik bei IWL, erklärt. Auf nun insgesamt 21.000 qm Logistikfläche bieten sich im Erweiterungsbereich Kapazitäten für bis zu 100 zusätzliche Regale. Das entspricht etwa 40.000 zusätzlichen Artikelpositionen, die Raum für weiteres Unternehmenswachstum bieten.