Die Drohne einfach anrufen Drohnensteuerung via Sprachkanal

Bild: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut
02.08.2018

Drohnen können schon bald Straßen entlasten, Lieferwege optimieren oder Brandbekämpfung sicherer und effizienter machen. Bis die Technologie jedoch flächendeckend kommerziell eingesetzt werden kann, muss die Kommunikation zur Steuerung und Ortung einwandfrei funktionieren. Diese muss stabil und überall verfügbar sein, sollte günstig sein und muss auch außer Sichtweite funktionieren. Wissenschaftler haben eine Lösung gefunden: Sie rufen die Drohne einfach an.

Drohnen sind eine vielversprechende Technologie. Zum Beispiel könnte mit ihnen schon in naher Zukunft der Lieferverkehr von der Straße in die Luft verlegt werden. Das würde Straßen entlasten und den CO2-Ausstoß senken. Obendrein würden die Lieferwege deutlich kürzer und Pakete könnten wesentlich schneller den Kunden erreichen. Bei der Brandbekämpfung könnten die autonomen Fluggeräte voraus fliegen und den Feuerwehrleuten ein erstes Bild vom Einsatzort liefern. Zahlreiche weitere Einsatzszenarien sind denkbar. Doch vor dem flächendeckenden Drohneneinsatz gilt es noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Zum Beispiel eine zuverlässige Kommunikation zur Steuerung und Ortung.

Mehr Reichweite, bitte!

Bisher werden Drohnen oft direkt per Funk gesteuert, die begrenzte Reichweite schränkt die Einsatzmöglichkeiten jedoch deutlich ein. Das Senden und Empfangen von Informationen über Mobilfunkdatenkanäle ist eine weitere Möglichkeit. Doch auch diese weist Schwächen auf, die den flächendeckenden, zuverlässigen kommerziellen Einsatz derzeit nicht erlauben. So sind diese Kanäle nicht auf eine konstante Echtzeitverbindung, sondern für das kurzzeitige Übermitteln von Datenpaketen, beispielsweise beim Laden einer Website, ausgelegt. Die Folge: Verbindungsabbrüche. Darüber hinaus ist bei der Nutzung von Datenkanälen gerade in Städten oder bei Großveranstaltungen Überlastung ein Problem. Eine Alternative wäre die Errichtung einer eigenen Infrastruktur, über die Drohnen mit dem Controller kommunizieren. Dies ist nicht nur aufwändig und teuer, es stehen dafür auch kaum Funkressourcen zur Verfügung. Verfügbare Frequenzbereiche sind meist anfällig für Störungen und Überlastungen, sodass eine derartige Lösung weder wirtschaftlich noch sicherheitstechnisch sinnvoll ist.

Experten des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut (HHI), in Berlin haben eine Lösung entwickelt, die stabil, günstig, reichweiteunabhängig und prinzipiell sofort umsetzbar ist: Die Steuerung über die Sprachkanäle des Mobilfunknetzes. „Ein großer Vorteil ist, dass Sprachkanäle im Gegensatz zu Datenverbindungen nahezu überall verfügbar und äußerst zuverlässig sind“, erklärt Tom Piechotta, Wissenschaftler beim Fraunhofer HHI. „Selbst in Gegenden, wo eine Datenverbindung nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, ist die Netzabdeckung für Sprachkanäle meist noch gegeben.“ Darüber hinaus entstehen kaum zusätzliche Kosten, da weder eine neue Infrastruktur aufgebaut werden muss, noch spezielle Verträge für priorisierte Datenverbindungen mit den Netzbetreibern geschlossen werden müssen. Alles was nötig ist, ist eine einfache Sprachverbindung, wie sie mit jeder Prepaidkarte bereitgestellt wird.

Weltweit erreichbar

Um Drohnen steuern zu können, müssen einerseits Befehle an die Drohne übermittelt, andererseits Informationen wie Position, Höhe oder Akkuzustand an den Controller am Boden übermittelt werden. „Bei den Steuerbefehlen und Ortsinformationen handelt es sich um verhältnismäßig kleine Informationsmengen, die aber zuverlässig übertragen werden müssen,“ sagt Piechotta. „Wir wandeln die Befehle in Audiosignale um, ähnlich wie früher bei Modems. Diese übersetzt ein kleines Modul auf der Drohne zurück in den Steuerbefehl. Das Besondere ist, dass diese Art der Übertragung nicht nur in Echtzeit funktioniert und äußerst robust gegenüber Ausfällen und Verbindungsabbrüchen ist. Sie funktioniert auch schon heute, ohne neue Funkstandards, ohne neue Infrastruktur – und zwar weltweit.“ Denn da die Übertragung über das normale Mobilfunknetz läuft, ist eine Verbindung zur Drohne an nahezu jedem Punkt der Erde möglich – quasi per Ferngespräch.

Zukunftssichere Steuerung in Echtzeit

Doch wie funktioniert die Steuerung, wenn die Drohne außer Sichtweite – vielleicht sogar am anderen Ende der Welt ist? Visualisiert wird der Standort der Drohne zum Beispiel über Online-Kartendienste wie Google Maps. Position und Höhe des Fluggeräts werden in Echtzeit übertragen und auf der Karte angezeigt. Zusätzlich können die Drohnen mit eigenen Sensoren ausgestattet werden, um spontane Hindernisse, beispielsweise andere Drohnen, Hubschrauber oder Kräne, zu erkennen und zu umfliegen. Die Steuerung erfolgt entweder manuell oder über das Senden von Wegpunkten, was besonders für Anwendungen wie die Paketzustellung interessant ist.

„Funklöchern begegnen wir mit unserem System extrem selten. Sollte ein Netz ausfallen, weicht die Verbindung auf einen anderen Mobilfunkstandard aus, zum Beispiel von LTE auf GSM oder UMTS, und sollte die Verbindung doch einmal abbrechen, ruft die Drohne innerhalb kürzester Zeit automatisch zurück“, erklärt Piechotta. „Ein weiterer Vorteil ist, dass die Technologie absolut zukunftssicher ist: Mobilfunkstandards kommen und gehen – für Sprachkanäle gilt dies nicht. Das Mobilfunknetz wird immer Sprachkanäle zur Verfügung stellen, und solange dies der Fall ist, ist das System eine zuverlässige und kostengünstige Alternative zu konventionellen Datenverbindungen.“ Kurzum: Die Drohne ist ab sofort an jedem Ort und zu jeder Zeit erreichbar.

Bildergalerie

  • Robuste Steuerung in Echtzeit. Dank der Kommunikation über herkömmliche Sprachkanäle ist die Technologie sofort einsetzbar.

    Robuste Steuerung in Echtzeit. Dank der Kommunikation über herkömmliche Sprachkanäle ist die Technologie sofort einsetzbar.

    Bild: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut

  • Das Steuermodul des Fraunhofer HHI ist leicht und kompakt und wirkt sich daher kaum auf den Energieverbrauch der Drohne aus.

    Das Steuermodul des Fraunhofer HHI ist leicht und kompakt und wirkt sich daher kaum auf den Energieverbrauch der Drohne aus.

    Bild: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut

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