Condition Monitoring mithilfe von Machine Learning Ausfälle vorhersagen, bevor sie eintreffen

Künstliche Intelligenz: Eine in Matlab entwickelte Software für Zustandsüberwachung und vorausschauenden Instandhaltung sagt Maschinenausfälle vorher.

Bild: Mathworks; iStock, Palto
01.09.2017

Maschinenausfälle und Stillstandzeiten führen zu hohen Kosten. Reduzieren lassen sie sich durch eine auf Statistiken und Algorithmen beruhende Zustandsüberwachung und vorausschauende Instandhaltung. Der Verpackungshersteller Mondi konnte durch maschinelles Lernen die jährlichen Kosten um 50.000 Euro reduzieren. Verwendet wurde dafür eine in Matlab entwickelte Software.

18 Millionen Tonnen Kunststoff- und Folien­produkte – so hoch ist die jährliche Leistung der Kunststoffproduktionsanlage von Mondi Gronau, einem Hersteller von Verpackungs- und Papierprodukten. Die 900 Mitarbeiter der Anlage betreiben rund um die Uhr etwa 60 Extrusions-, Druck-, Klebe- und Wickelmaschinen. Maschinenausfälle, die zu Stillständen und Rohmaterialverschwendung führen, kommen dem Unternehmen teuer zu stehen: Die Kosten belaufen sich monatlich auf mehrere Millionen Euro. Um diese Summe zu minimieren und die Effizienz der Anlage zu maximieren, hat Mondi eine Anwendung für die Zustandsüberwachung und vorausschauende Instandhaltung entwickelt.

Diese Applikation verwendet Statistiken und Algorithmen für das maschinelle Lernen, um potenzielle Probleme in den Maschinen zu identifizieren, sodass Mitarbeiter korrigierend eingreifen und schwerwiegende Probleme verhindern können. Entwickelt wurde eine Software für die Zustandsüberwachung und die vorausschauende Instandhaltung in Matlab. Unterstützung erhielt der Verpackungshersteller von Mathworks Consulting Services und Professor Andreas König, Inhaber des Lehrstuhls Integrierte Sensorsysteme am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik der Technischen Universität Kaiserslautern.

Die Maschinen in der Anlage von Mondi sind groß und komplex. Jede von ihnen ist bis zu 50 m lang und 15 m hoch. Alle werden von bis zu fünf speicherprogrammierbaren Steuerungen kontrolliert. Sie protokollieren Temperatur, Druck, Geschwindigkeit und andere Leistungsparameter von den Sensoren der Anlage. Jede Maschine zeichnet 300 bis 400 Parameterwerte pro Minute auf und erzeugt so sieben Gigabyte Daten pro Tag.

Verschiedene Ansätze für maschinelles Lernen

Diese Daten sollten für die vorausschauende Instandhaltung genutzt werden. Dafür mussten aber zunächst einmal mehrere Herausforderungen gemeistert werden: Die Anlagenmitarbeiter besaßen kaum Erfahrung mit statistischen Analysen und maschinellem Lernen. Für Letzteres evaluierte das Unternehmen eine Reihe verschiedener Ansätze, um denjenigen zu identifizieren, welcher die präzisesten Ergebnisse erzielt. Diese Ergebnisse mussten den Maschinenbedienern klar und in Echtzeit präsentiert werden. Und schließlich galt es die Software so zu konfigurieren, dass sie in einer Produktionsumgebung kontinuierlich verwendet werden kann.

Das Mondi-Team entwickelte Matlab-Skripte, die die Daten bereinigen, indem sie Ausreißer und ungültige Werte entfernen. Im Vorfeld hatten die Beteiligten bereits eine Ora-
cle-Datenbank eingerichtet, um die Daten aller Maschinen in der Anlage über ein Ethernet-Netzwerk zu sammeln. Sie verwendeten dafür die Database Toolbox, um über Matlab auf diese Datenbank zuzugreifen. Außerdem erweiterten sie Matlab um eine Anwendung, die die Datenbank abfragt und die Ergebnisse grafisch darstellt. Dadurch kann ein Mitarbeiter über die Benutzeroberfläche der Anwendung beispielsweise den Druck darstellen, den ein bestimmter Sensor für einen Zeitraum gemessen hat.

bagged decision trees als genauestes Modell

Funktionen der statistischen Prozesskontrolle wurden ebenfalls hinzugefügt, die die Mitarbeiter benachrichtigen, wenn Sensorwerte außerhalb der normalen Betriebsbereiche liegen. Mit der Statistics and Machine Learning Toolbox und der Neural Network Toolbox evaluierten Mondi und die Mathworks-Berater mehrere Techniken für das maschinelle Lernen – darunter neuronale Netze, k-Nearest-Neighbor, bagged decision trees und Support Vector Machines. Für jede Technik trainierten sie ein Klassifizierungsmodell mithilfe gesammelter Maschinendaten und testeten, wie gut Anlagenprobleme vorhergesagt werden. Die Tests zeigten, dass ein Ensemble von bagged decision trees das genaueste Modell ergab.

Das Team erweiterte die Matlab-Anwendung zusätzlich, indem es in die Benutzeroberfläche Vorhersagen vom Modell für das maschinelle Lernen aufnahm. Die Maschinenbediener können so Warnungen zu potenziellen Ausfällen erhalten, bevor diese auftreten. Mondi verwendete Matlab Compiler, um eine eigenständige ausführbare Version der Anwendung zu erstellen, die aktuell in der Produktionsanlage verwendet wird.

50.000 Euro sparen mit Predictive Maintenance

Mit der vorausschauenden Instandhaltung ist Mondi in der Lage, mehr als 50.000 Euro pro Jahr einzusparen. So haben es Controlling-Mitarbeiter auf Basis von acht Maschinen errechnet. Das Unternehmen erwartet sogar mindestens das Vierfache, wenn die Daten weiterer Maschinen analysiert werden. Die Produktionssoftware kann außerdem rund um die Uhr betrieben werden.

Bildergalerie

  • Mit der neuen Software können Ausfälle der etwa 60 Extrusions-, Druck-, Klebe- und Wickelmaschinen verringert und die Verschwendung von Rohmaterialien vermieden werden.

    Mit der neuen Software können Ausfälle der etwa 60 Extrusions-, Druck-, Klebe- und Wickelmaschinen verringert und die Verschwendung von Rohmaterialien vermieden werden.

    Bild: MathWorks

  • Potenzielle Probleme in der Anlage werden den Mitarbeitern auf der Benutzeroberfläche angezeigt, damit sie Korrekturen vornehmen können.

    Potenzielle Probleme in der Anlage werden den Mitarbeitern auf der Benutzeroberfläche angezeigt, damit sie Korrekturen vornehmen können.

    Bild: MathWorks

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