Prozessdigitalisierung für Industriebetriebe Wo Industrie 4.0 noch Nachholbedarf hat – und wie LoRa dabei hilft

Viele Arbeitsschritte der Prozessindustrie werden noch mühsam manuell durchgeführt. IIoT-Automatismen können Mitarbeiter entlasten und die Betriebseffizienz steigern.

Bild: iStock, SeventyFour
24.06.2021

Noch immer gibt es Bereiche in Industrieunternehmen, die von digitalen Lösungen nahezu abgeschnitten sind. Dazu gehören etwa Messungen von Parametern wie Temperatur, Druck und Luftgüte oder das Erfassen von Betriebsstunden. Durch das IIoT ist hoher manueller Aufwand bei diesen Aufgaben aber längst nicht mehr nötig.

In der Industrie 4.0 gibt es in Sachen Digitalisierung noch Nachholbedarf. So ist beispielsweise die Temperaturüberwachung von Maschinen oder Containern, in denen Farbe und Lacke transportiert werden, durch Mitarbeiter oftmals nicht lückenlos sicherzustellen. Erschwerend kommt die immense Ausdehnung in großen Industriebetrieben wie zum Beispiel Raffinerien hinzu: Mitarbeiter können es gar nicht regelmäßig schaffen, an allen Ventilen, Pumpen und Rauchmeldern vorbeizufahren, um diese zu überprüfen.

Auch die Nacharbeit manueller Messungen ist hoch, da Ergebnisse in der Regel auf Papier und anschließend in ein Excel-Sheet eingetragen werden. Dabei ist menschliches Versagen nicht ausgeschlossen. Denn bei Unregelmäßigkeiten der gemessenen Daten muss der Mitarbeiter diese zunächst erkennen und anschließend den Grund für die Abweichung identifizieren und beheben. Darüber hinaus müssen solche Vorfälle umfassend dokumentiert werden.

Werden Parameter wie Betriebsstunden, Durchflussmengen, Temperaturen, Luftgüte und Druck aber nur lückenhaft erhoben, sind die Funktionsweise der Maschinen und die sachgerechte Lagerung von potenziell gefährlichen Gütern nicht mehr gewährleistet. Teile können unbemerkt verschleißen; der ungeplante Ausfall von Maschinen ist vorprogrammiert und hat Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe oder im schlimmsten Fall auf die Sicherheit der Mitarbeiter.

Andererseits werden Maschinenteile häufig einfach ausgetauscht, ohne dass eine Notwendigkeit besteht. So entstehen hohe und vermeidbare Kosten. Durch die nutzungsabhängige, präventive Wartung auf Basis der ermittelten Betriebsstunden lassen sich solche Ausfälle vermeiden. Diese Wartungsfenster können optimal in den Betriebsablauf integriert werden.

Permanente Datenerfassung und automatische Alarme

Die vollständige Digitalisierung der Messung und Überwachung im Rahmen eines SCADA-Systems (Supervisory Control and Data Acquisition) ermöglicht nicht nur die permanente Datenerfassung, sondern auch eine automatisierte Alarmierung im Fall einer Abweichung. Sie basiert auf einer IIoT-Technologie: Autarke Sensoren messen digital Parameter wie Temperatur, Druck oder Luftgüte in festgelegten Zeitabständen. Über Seriennummern sind die Sensoren den Maschinen oder Containern zugeordnet.

Die Messdaten werden über ein Gateway an den Server geschickt, wo bei Bedarf Alarme automatisch erzeugt und Protokolle generiert werden. Der Betrieb hat jederzeit Zugriff auf die Daten über ein Webportal, kann die Messdaten herunterladen und weiterverarbeiten.

Wann alarmiert wird, bestimmt der Betrieb: Die Benachrichtigung geht via E-Mail an einen ausgewählten Empfängerkreis, wenn beispielsweise eine Temperatur- oder Druckabweichung eine gewisse Zeit andauert. Auch in welchem Intervall gemessen wird, ist individuell einstellbar und kann somit an die verschiedenen Maschinen angepasst werden. Im Anhang der Benachrichtigung per E-Mail wird ein festgelegter Maßnahmenplan mitgesendet, sodass die notwendigen Informationen sofort zur Verfügung stehen und die nötigen Schritte unverzüglich eingeleitet werden können.

Überwachung im Hintergrund mit dem LoRa-Funkstandard

Mit der IIoT-Technologie laufen die Messungen vollständig im Hintergrund – das 24/7-Live-Monitoring schafft damit Sicherheit. Dokumentation und Kontrolle erfolgen automatisch. Da die Daten digital vorliegen, können diese weiterverarbeitet und optimal ausgewertet werden.

Eine mögliche IIoT-Lösung zur Überwachung von Betriebsstunden, Durchflussmengen, Temperatur, Drücken und so weiter basiert auf dem Funkstandard LoRa (Long Range Wide Area Network) für die Kommunikation zwischen Messfühlern und Gateway. Zusätzlich kommt Mobilfunk für die Übertragung der Messdaten an die Server zum Einsatz.

Das stellt die Unabhängigkeit der Messdatenübertragung von der Infrastruktur im jeweiligen Betrieb sicher: Die Sensoren und Gateways sind mit leistungsfähigen Batterien ausgestattet und funktionieren auch bei Stromausfall oder WLAN-Problemen. Eine Batterie kann bis zu zehn Jahre Strom liefern, was die Total Cost of Ownership (TCO) senkt. Denn der Wechsel von Batterien verursacht immer Kosten für Material und Mitarbeiter.

Elektronik mit verschiedenen Batteriegrößen und Batterien mit einer geringen Selbstentladung lösen auch dieses Problem. Betriebe bestimmen ihre Priorität: Häufigere Messungen erfordern ein Mehr an Batterien.

Effiziente Mitarbeiter und konstante Qualität

Datenübertragung in Industriebetrieben ist durchaus eine Herausforderung: Eine kabellose Übertragung per Funktechnologie ist nicht ohne Weiteres möglich, da die Ausbreitung der Funkwellen durch metallische Materialien sowie durch die elektrischen und elektronischen Systeme behindert wird. LoRA eignet sich hier als Übertragungstechnologie, die es zum einen erlaubt, auch bei schwierigen Umgebungsbedingungen Daten per Funk zu übertragen und die zum anderen stromsparend ist, sodass die Sensorbatterien nicht ständig ersetzt werden müssen.

Digitale Messung und Überwachung bedeuten für Industriebetriebe dann gleich in mehreren Bereichen immense Vorteile. Der manuelle Aufwand für die Mitarbeiter entfällt, qualifizierte Fachkräfte müssen keine Nebentätigkeiten mehr ausführen, sondern können effizient eingesetzt werden. Zusätzlich ist eine lückenlose und fehlerfreie Überwachung gewährleistet, wodurch sich die Sicherheit im Betrieb erhöht.

Auch die gleichbleibende Qualität der Produkte ist sichergestellt: Rüttelsiebe zum Beispiel arbeiten nicht unbemerkt im falschen Rhythmus. Abfüllanlagen lassen nicht zu viel oder zu wenig durchlaufen, ohne dass es auffällt. Öfen heizen nicht unbeobachtet mit zu hoher oder zu niedriger Temperatur. Stellen Sensoren eine Abweichung fest, können Mitarbeiter sofort alarmiert und das Problem gegebenenfalls schnell behoben werden. Lange Betriebsausfälle werden so vermieden. Die Technik ermöglicht aber auch eine automatische Abschaltung von Maschinen – wenn beispielsweise Temperatur oder Druck zu schnell steigen.

Auch die Auditsicherheit ist gewährleistet: Denn die Software liefert perfekte Daten, die als Grundlage für jede Art von Dokumentation dienen. Alles, was im Betrieb geschieht, muss für Überprüfungen – zum Beispiel vom Gesundheitsamt oder dem Amt für Umweltschutz – umfassend dokumentiert werden. Mit der permanenten Überwachung werden solche Nachweise leicht erbracht.

Fazit

Die Überwachung auf Basis einer günstigen IIoT-Hardware erlaubt Industriebetrieben ein Monitoring fast in Echtzeit und bietet darüber hinaus ein hohes Maß an Sicherheit über den Zustand der Maschinen und Produkte, da das System vollständig automatisiert im Hintergrund läuft. Betriebe können Zeit und Geld sparen; Aufwände für die Überwachung und Protokollierung von Temperaturen, Drücken, Betriebsstunden oder Durchflussmengen weichen einer automatischen Erfassung, Speicherung und Auswertung in beliebigen Zeitabständen.

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