Engineering „Wir setzen unsere Duftmarken in der modularen Automation“

WAGO GmbH & Co. KG

Wago-Geschäftsführer Sven Hohorst: "Wir wollen Teil der Entwicklung in der modularen Automation sein."

09.10.2014

Wago-Geschäftsführer Sven Hohorst und Ulrich Hempen, Leiter Market Management Industrie & Prozess, über den goldenen Weg zur flexiblen Produktion mit Dima, den Verzicht auf ein proprietäres System und die Chancen für ihr Automatisierungsportfolio.

Die Namur als eine der wichtigsten Anwenderorganisationen für die Prozess­automation stellt ihre Hauptsitzung 2014 unter das Thema Dezentrale Intelligenz – und spricht schon in der Ankündigung von Prozessautomatisierung der Zukunft. Kündigt sich da eine kleine Revolution an, Herr Hohorst?

Sven Hohorst: Vielleicht sollten wir das R in Klammern setzen und von (R)evolution sprechen. Konzepte zur dezentralen Automatisierung gibt es in anderen Branchen schon seit vielen Jahren, etwa in der diskreten Fertigung. Aber für die Prozesstechnik ist das wirklich ein neuer Weg. Den wollen wir mit beschreiten.

Package-Units, die Aufskalierung und den flexiblen Umbau erlauben, gibt es aber doch schon lange. Braucht es einen neuen Ansatz?

Hohorst: Es ist keineswegs so, dass diese Package-Units einfach in ein bestehendes Leitsystem zu integrieren wären. Dazu müssen Projekteure heute noch enorm viel Engineering-Aufwand leisten. Jede Pack­age-Unit liefert ein Set von Schnittstellen und Parametern, die bisher eins zu eins einprojektiert werden. Das fällt bei unserem Konzept ­„DIMA“ weg. Dima steht für Dezentrale Intelligenz für modulare Anlagen.

Das heißt, es geht nicht nur um künftige modulare Contai­ner-Anlagen, sondern schlichtweg auch um eine bessere Art der Automatisierung für bestehende Anlagenkonzepte?

Hohorst: Das ist ein wesentliches Ziel.

... für das Sie viel Geld und Manpower aufgewendet haben. Was erwarten Sie sich für Ihr Unternehmen?

Hohorst: Durch die Mitarbeit an der Gestaltung derartiger neuer Konzepte wollen wir mit Automatisierungstechnik in der Prozessindustrie stärker Fuß fassen. Mit unserer Verbindungstechnik sind wir dort schon viele Jahre gut unterwegs. Nun haben wir die ersten Duftmarken gesetzt und wollen dafür sorgen, dass die Entwicklung der modularen Automation weiter voranschreitet – und dass wir Teil dieser Entwicklung sind.

Das Forschungszentrum Invite beschäftigt sich bereits seit 2009 mit der Entwicklung modularer Anlagen in Containerbauweise. Unter den Trägern sind zahlreiche Unternehmen der Großchemie. Aber viel ist seitdem nicht passiert. Ist es da nicht fraglich, dass Modulkonzepten wirklich die Zukunft gehört?

Hempen: Diese Konzepte sind eigentlich schon der zweite Schritt: verfahrenstechnische, in sich intelligente Module mit einer Dockingstation. Wir haben erst einmal den ersten Schritt im Blick, bei dem die Module nicht eingekastelt im Con­tainer stehen müssen und auch keine Dockingstation haben. Dennoch glaube ich: Dies wird die Zukunft sein. Wir wollen aber erst einmal den Package-Unit-Lieferanten ein Werkzeug an die Hand geben – und auch den Anlagenbetreibern – um die Units einfacher integrieren zu können.

Ist Dima komplett bei Ihnen im Haus entstanden?

Hohorst: Im Wesentlichen ja, wobei wir Hochschulen einbezogen haben. Und wir hatten die Namur als Review-Partner mit im Boot. Insgesamt haben wir großen Wert darauf gelegt, möglichst viele Stakeholder einzubinden. Das brachte eine ganze Menge Abstimmungsaufwand mit sich – aber dafür ist das Ergebnis universell verwendbar. In der Dima-Welt macht der Anwender das Modul im Leitsystem bekannt; das Modul überträgt dann seine verfügbaren Dienste.

Was heißt universell?

Hempen: Es ist ein offenes Konzept, unabhängig von den Wago-Automatisierungskomponenten. Im Wesentlichen basiert es auf einem Stück Software, dem Modul Type Package – quasi ein Modul­treiber, analog zum Druckertreiber, der in unserem Engineering-Tool genutzt werden kann.

Also kein proprietäres System. Das hätte die Namur sicher auch nicht unterstützt. Dennoch: Für Wago und Ihre Bestrebungen, in der Prozess­automation stärker Fuß zu fassen, ist das doch wenig förderlich, oder?

Hempen: Natürlich wollen wir mit unserem Automatisierungs-Portfolio überzeugen. Gerade für die skalierbare Automatisierung passen unsere Komponenten perfekt. Dennoch ist Offenheit extrem wichtig. Wenn sich der Anwender mit Haut und Haaren an Wago binden müsste, hätte er nichts gewonnen. Darum funktioniert Dima auch mit der Hardware anderer Anbieter. Vielleicht wird das offene Konzept eines Tages zum Quasi-Standard wie heute das Hart-Protokoll in der Feldgeräte-Kommunikation.

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