Interview mit Dr. Dirk Steinmüller, Knick „Wir halten die Vielfalt offen“

Dr. Dirk Steinmüller ist Vice President Business Development bei Knick Elektronische Messgeräte.

Bild: Knick
09.05.2017

Wenn zwei Wettbewerber sich entschließen, eine Technologie mit vereinten Kräften voranzubringen, muss großes Potenzial dahinter stecken. Wie ein Streit vor knapp zehn Jahren das heutige Sensorgeschäft von Knick befeuert hat, erläutert Dr. Dirk Steinmüller.

P&A: Herr Dr. Steinmüller, Memosens beschäftigt Ihr Unternehmen schon einige Jahre. Die Geschichte begann mit einem Streit, aus dem eine Technologiepartnerschaft wurde. Wie kam es dazu?

Dr. Dirk Steinmüller: Bei Knick begann die Geschichte mit InduCon, unserem induktiven Stecksystem. Es war bereits mit dem Schleifensymbol versehen, das die Memosens-Technologie heute auszeichnet. Endress+Hauser hatte auf der anderen Seite ein etwas älteres System, das Memosens hieß. Unsere Unter­nehmen befanden sich in einem patentrechtlichen Streit. Beendet haben ihn die damaligen Geschäftsführer mit einem Handschlag, weil sie mit der Technik gemeinsam vorwärts kommen wollten. Das war der Durchbruch für Memosens.

Mittlerweile ist die Technologiepartnerschaft um zwei Partner gewachsen. Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Unsere Kunden, vor allem aus der chemi­schen und pharmazeutischen Industrie, wünschen sich ein Angebot an Systemen, das bei mehreren Anbietern erhältlich ist. Die Memosens-Technik in einem Gesamtsystem bestehend aus Mess­umformer, Sensor und Kabel bieten nur Knick und Endress+Hauser. Unsere weiteren Partner sind bisher ausschließlich Sensorhersteller und übernehmen Memosens mit einem Lizenzmodell direkt von uns.

Wie ging es nach der Einigung weiter?

Danach stand zunächst viel Arbeit an. Alle unsere Messumformer benötigten eine neue Software und die Sensoren mussten auf die neue Memosens-Elektronik angepasst werden. Der nächste Schritt ist nun eine neue Memosens-Generation, die noch in diesem Jahr serienreif sein wird und mit einer neuen Elektronik im Sensor und einem neuen Memosens-Protokoll im Messumformer verbunden ist.

Was wird die neue Generation leisten?

Wir haben in die Entwicklung viel Arbeit gesteckt, da die Rückwärtskompatibilität gewährleistet sein muss. Schließlich sind sehr viele Memosens-Systeme bereits im Einsatz. Darüber hinaus wird diese zweite Memosens-Generation messtechnisch mehr leisten und erheblich mehr Möglichkeiten für Predictive Diagnosis bieten können. Sie soll zum Beispiel eine umfassende Kalibrierhistorie liefern können. Außerdem soll sie Impedanzen von Bezugs- und Glaselektrode messen. Und es wird bei Knick möglich sein, eine Belastungsmatrix zwischen Temperatur und pH-Wert grafisch darzustellen, um einerseits die echte, vorhandene Belastung anzuzeigen und andererseits auf eine mögliche Standzeit zu schließen.

Ein Schritt zu Predictive Maintenance?

Unsere Sensoren messen den pH-Wert und die Temperatur. Was sie nicht messen sind Druck, Vergiftung, Verblockungen und Verunreinigungen. Aber genau das sind entscheidende Faktoren, die beeinflussen, ob der Sensor funktioniert oder nicht. Bei der Lebensdauervoraussage eines elektrochemischen Sensors bin ich deshalb skeptisch. Zumal sich Sensoren je nach Aufbau stark in ihrer Lebensdauer unterscheiden können. Wir geben den Kunden hier aber nützliche Hinweise.

Warum sollte sich ein Kunde für Knick entscheiden?

Er hat in der Regel ein Problem mit der pH-Messstelle. Das muss kein Sensorproblem sein, es kann auch die Armatur, den Transmitter oder die Peripherie betreffen. Das sollte wie bei Knick alles aus einer Hand kommen und kompetent beraten werden. Außerdem bieten unsere Memosens-Sensoren eine vorausschauende und einfache Wartung und wir können Speziallösungen realisieren. Es muss auch nicht immer Memosens sein. Das ist der Treiber unseres heutigen Geschäfts, aber wir halten die Vielfalt im Sinne der optimalen Kundenanwendung offen.

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