Versorgungs- & Verbindungstechnik Von der Idee bis zum fertigen Schaltschrank

„Die Software-Anbindung und die Beherrschung von Schnittstellen wird zukünftig alles bestimmen.“ Uwe Scharf, Rittal

Bild: Rittal
30.10.2014

Die Friedhelm Loh Group hat in den vergangenen Jahren mehrere Unternehmen im Bereich Engineering und Automation gekauft. Nur ein Firmenkonglomerat oder doch mehr? A&D befragte Uwe Scharf, Geschäftsbereichsleiter Produktmanagement bei Rittal.

A&D:

Mit den Zukäufen von Kuttig und Cideon hat sich die Friedhelm Loh Group im Bereich Mechanik-CAD verstärkt. Wie passen diese Unternehmen ins bisherige Portfolio?

Uwe Scharf:

Mit diesen Übernahmen hat die Friedhelm Loh Gruppe ihre Kompetenz im mechanischen Engineering weiter ausgebaut. Ziel ist – mit Cideon und Eplan im Elektro-Engineering und der internationalen Aufstellung von Rittal für Schaltschranksysteme – der Lösungsanbieter im Elektro- und Mechanik-Engineering zu werden. Mit diesem Zusammenschluss wird das Know-how in Mechanik-CAD und ­Elektro-CAD gebündelt. Starke Partnerschaften zu SAP und Autodesk sowie die tiefe Integration zu ERP- und PLM-Systemen bilden die Basis für den Erfolg.

Das Portfolio ist nun sehr durchgängig. Erhoffen Sie, dass Kunden dies vollständig nutzen?

Das wäre der Idealfall. Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir in allen Prozessen Rationalisierungspotenziale anbieten. Planungsprozesse sind immer die teuersten Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette, die müssen schneller und kosteneffizienter sein. Unsere Kunden aus dem Steuerungs- und Schaltanlagenbau benötigen Lösungen, mit denen sich durchgängige Prozesse realisieren lassen. Dazu müssen die erzeugten Daten durchgängig und ohne Zusatzaufwände etwa in der Materialbestellung, der Ansteuerung von Bearbeitungsmaschinen oder der Montage weiterverwendet werden können. Die konsequente Standardisierung von Schnittstellen und Prozessen zwischen den einzelnen Disziplinen innerhalb der Wertschöpfungskette bietet einen enormen Effizienzschub. Durch das Leistungsspektrum innerhalb der Unternehmensgruppe sind Rationalisierungseffekte im Schaltanlagenbau von bis zu 50 Prozent möglich.

Folgt hier das Angebot der Nachfrage, oder ist es eher umgekehrt?

Beides. Wir stehen in engem Kontakt mit unseren Kunden und kennen deren tägliche Herausforderungen im Anlagenbau. Durch die enge Zusammenarbeit etwa mit Siemens WKC haben wir, sprich Eplan, gemeinsam eine Engineering-Lösung für die rechnergestützte virtuelle Positionierung der Komponenten im Schaltschrank inklusive deren Verkabelung entwickelt, das Eplan Pro Panel. Durch die Engineering Tools Eplan Electric P8 und EEC One haben wir zur Standardisierung beigetragen. Die enge Zusammenarbeit mit Siemens WKC hat auch dazu geführt, dass sich Rittal und Kiesling intensiv mit der automatischen Verdrahtung beschäftigt haben. Als erster Steuerungsanlagenbauer wird Siemens WKC den Verdrahtungsroboter Averex im Feld testen. Unsere Partnerschaft mit Siemens WKC ist weit mehr als ein reines Lieferantenverhältnis – es ist eine Entwicklungspartnerschaft.

Der Wandel vom Produkt- zum Informations- und Dienstleistungsanbieter – ist der in Ihren Augen ein Ausdruck des Marktwandels im Sinne von Industrie 4.0?

Der Kern von Industrie 4.0 ist das Zusammenwachsen von Fertigung und Informationstechnik und damit im Wesentlichen ein Daten-, Software- und Schnittstellen-Thema. Die Software-Anbindung und die Beherrschung von Schnittstellen wird zukünftig alles bestimmen. Wichtig dabei ist das Bindeglied zwischen kaufmännischer und technischer Software. Das bedeutet, wenn man die Prozesse vom Auftragseingang bis hin zum Kunden verfolgen will, muss man sehr viele Softwarebestandteile so zusammenbringen, dass am Ende tatsächlich Maschinen miteinander sprechen können und die Prozesse durchgängig sind. Die intelligente Verknüpfung des Leistungsspektrums von Eplan, Cideon, Rittal und Kiesling zu einer durchgängigen Wertschöpfungskette ist für uns ein entscheidender Schritt zur Umsetzung von Industrie 4.0 im Steuerungs- und Schaltanlagenbau.

Ist den Komponentenherstellern bewusst, dass die Präsenz in Tools wie dem Eplan Data Portal die Kaufentscheidungen ­beeinflussen kann?

Mittlerweile sind 70 Hersteller mit rund 480 000 Daten im Portal integriert. Das zeigt die große Akzeptanz. Die meisten von ihnen haben erkannt, dass sie handfeste Vorteile aus der Präsenz generieren. Sie bekommen – durch direktes Feedback von Anwendern – die Klarheit, welche ihrer Komponenten am häufigsten eingesetzt werden, und was der Anwender konkret verlangt. Zugleich liefert der Hersteller seinem Kunden einen Service, denn der Anwender spart Zeit, wenn er 1:1 die Daten ins Projekt einfügen kann.

Werden Sie weitere Zukäufe in naher Zukunft tätigen, um die Wertschöpfungskette noch weiter auszubauen?

Die Friedhelm Loh Group wird ihren Expansionskurs weiter fortsetzen. Ob dazu Akquisitionen getätigt werden, ist offen. Üblicherweise reden wir erst dann darüber, wenn Verträge abgeschlossen sind.

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