Fehlendes Know-how im Mittelstand Firmen nutzen Industrie-4.0-Daten nur im Einzelfall

Viele mittelständische Unternehmen sind der Meinung, noch nicht über ausreichend Wissen die notwendige technische Ausstattung zu verfügen, um die erfassten Daten gewinnbringend auszuwerten.

15.11.2017

Mittelständische Unternehmen nutzen die Daten, die im Rahmen von Industrie 4.0 gewonnen werden, nur spärlich. Das zeigt eine Studie von Creditshelf und der TU Darmstadt. Der Grund: Jede zweite Firma gibt an, das Wissen der Mitarbeiter und die technische Ausstattung für die Datenauswertung sei ungenügend.

Etwa jedem zweiten mittelständischen Industriebetrieb fehlen sowohl das Wissen als auch die technische Ausstattung, um industrielle Daten auswerten zu können. Da bereits drei Viertel der Unternehmen Maschinenwerte beim Kunden erfassen oder eigene Daten an ihre Ausrüster liefern, bleiben demnach viele dieser Informationen ungenutzt oder werden falsch interpretiert.

Das Internet der Dinge und die Finanzierung wachsen außerdem immer stärker zusammen: 47 Prozent der mittelständischen Industrieunternehmen in Deutschland arbeiten bei Investitionsentscheidungen bereits mit einem Modell, das industrielle Daten in einen Zusammenhang zu den Finanzkennzahlen stellt. Weitere 42 Prozent der befragten Firmen sind gerade dabei, so ein Modell aufzubauen.

Das jedenfalls sind die Ergebnisse der Studie „Industrieller Mittelstand und Finanzierung 4.0“, die der Mittelstandsfinanzierer Creditshelf hat zusammen mit der TU Darmstadt durchgeführt hat. Für die Erhebung sind insgesamt 187 Vorstände und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen befragt worden.

Industrie-4.0-Daten für Kreditentscheidungen nutzen

„Bisher nutzt knapp jeder zweite Industriebetrieb die Daten aus seiner Produktion für interne Finanzierungsentscheidungen, wie unsere Studie zeigt“, erläutert Prof. Dr. Dirk Schiereck von der TU Darmstadt, der die Untersuchung wissenschaftlich begleitet hat. „Der nächste Schritt wird sein, diese Industrie-4.0-Daten auch den Kreditgebern zu Verfügung zu stellen, um Kreditentscheidungen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Schon heute ist ein großer Teil der Unternehmen dazu bereit.“

Die Voraussetzungen für die optimale Auswertung dieser Daten sind bei vielen Betrieben zumindest vorhanden. So setzen 73 Prozent von ihnen Anlagen, Maschinen und Geräte ein, die Daten an den Hersteller liefern – zum Beispiel im Rahmen von Service- und Wartungsverträgen. Weitere 73 Prozent rüsten die an ihre Kunden ausgelieferten Produkte zumindest teilweise so aus, dass die wichtigsten Betriebsdaten zur Verfügung stehen.

Zu wenig Know-how bei der Datenauswertung

Die Knackpunkte sind jedoch: Knapp vier von zehn Firmen nutzen die Daten ihrer Kunden nur in Einzelfällen. Und 51 Prozent der Studienteilnehmer bescheinigen ihren Mitarbeitern allenfalls ein mäßiges bis ungenügendes Know-how, die im eigenen Hause oder beim Kunden erfassten Daten auszuwerten. Zudem bezeichnen nur 47 Prozent der Befragten die für diese Analyse erforderliche technische Ausstattung ihres Unternehmens als gut oder sehr gut.

„Es ist schade, dass viele Betriebe ihre industriellen Daten und die ihrer Kunden noch nicht weitergehend analysieren können. Der deutsche Mittelstand sollte entsprechendes Know-how aufbauen“, fordert Tim Thabe, Gründungspartner und Vorsitzender der Geschäftsführung von Creditshelf. Er ist überzeugt: „Die Produktion von morgen wird auf Echtzeitdaten basieren – und das wird auch die Finanzierung von Grund auf verändern.“ Künftig würden die Kreditgeber auch die Industrie-4.0-Daten eines Unternehmens analysieren. Das gelte nicht nur für die Akteure aus der neuen Fintech-Welt, sondern auch für die klassischen Hausbanken.

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  • Bild: creditshelf GmbH

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