Interview über Digitalisierung und das IIoT „Viele Unternehmen sind von Industrie 4.0 weit entfernt“

HMS Industrial Networks GmbH

„Das Thema Security muss generell im Fokus liegen; unbefugte Angriffe oder Zugänge von außen müssen vermieden werden“, sagt Thierry Bieber, Industry Segment Manager bei HMS.

Bild: HMS
12.06.2020

Industrie 4.0 ist ohne die Vernetzung von Maschinen und Anlagen nicht möglich. Thilo Döring, Geschäftsführer von HMS Industrial Networks, und Thierry Bieber, Industry Segment Manager bei HMS, sprachen mit der P&A über vermehrt stattfindende IIoT-Beratungsdienstleistungen und die weit verbreitete Angst vor dem Verlust der Datenkontrolle.

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Dieses Interview ist Teil unserer Titelreportage der P&A-Ausgabe 3.2020. Hier geht es zur zugehörigen Titelstory.

Die Vernetzung von Maschinen und Anlagen gehört zu den Dauerthemen und gilt als zentrale Voraussetzung für eine wirkliche Industrie 4.0. Doch welche Vorteile hat eine vollständig vernetzte Produktion für die Unternehmen?

Döring:

Der Haupttreiber hinter dem Thema Industrie 4.0 ist die Steigerung der Effizienz und somit der Produktivität in den Produktionssystemen. Das wird so auch seit vielen Jahren nach außen kommuniziert.

Nehmen wir als Beispiel einen Hersteller von Verpackungsmaschinen. Wie profitiert hier beispielsweise der Lebensmittelhersteller von einer vernetzten Fabrik oder vernetzten Verpackungsanlage?

Bieber:

Ein Use-Case ist der zentrale Zugang zu Maschinendaten, um hier eine schnelle Reaktionszeit der Mitarbeiter auf bestimmte Ereignisse, beispielsweise bei der Anlagenüberwachung, zu generieren. Dies ist ein einfaches Anwendungsbeispiel, das für den Anwender schon einen großen Mehrwert darstellt, letztendlich geht es hier, um die Reduzierung von Stillstandszeiten.

Döring:

Ein weiterer Aspekt ist, dass der Hersteller einer Verpackungsmaschine durch die Gewinnung der Daten Informationen über die Nutzung seiner Maschinen erhält. So kann er Rückschlüsse ziehen, wie er seine Anlage verbessern kann. Und außerdem kann er den Anwender darauf hinweisen, wie er die Anlage für seine Applikation effizienter nutzen kann.

Ist diese Art der Vernetzung für jedes Unternehmen sinnvoll?

Döring:

Auf Grundlage der gewonnen Daten können überhaupt erst Rückschlüsse gezogen werden, wie effizient die Prozesse sind. Häufig gibt es Potenzial, um das Zusammenspiel einzelner Systeme zu optimieren. Insofern ist es meiner Ansicht nach für jedes Unternehmen sinnvoll, Daten aus dem Feld zu gewinnen.

Bieber:

Das sehe ich genauso. Sobald in einem Unternehmen Prozesse automatisch erfolgen, ist es von Vorteil, diese Prozesse besser kennenzulernen und sie gegebenenfalls zu optimieren.

Sie sind als Lieferant für Connectivity-Produkte nah am Kunden und seinen Projekten. Wie ist Ihre Einschätzung: An welchem Punkt steht die Industrie aktuell beim Thema Vernetzung?

Bieber:

In Deutschland haben wir ein sehr breites Spektrum an Firmen, die in unterschiedlichen Vernetzungsstadien sind. Die größeren Unternehmen der deutschen Industrie sind Spitzenreiter; sie sind sehr innovativ. Da gibt es Firmen, die die Vernetzung stark pushen und sehr ehrgeizige Ziele haben. Die KMU hingeben haben leider nur wenig Zeit und Ressourcen, um sich auf dieses Thema zu fokussieren. Diese Unternehmen befinden sich noch in den Startlöchern. Oft versuchen sich diese Firmen zwar an einem „Proof of Concept“, allerdings sind sie von einer IIoT-Umsetzung, wie sie für Industrie 4.0 erforderlich ist, noch sehr weit entfernt. Viele Unternehmen benötigen deshalb eine Beratung, wie man dieses komplexe Thema in einfachen Schritten realisieren kann. Und genau diese Beratung sehen wir als unsere Aufgabe.

Stellen Sie in den einzelnen Branchen Unterschiede im Umgang mit Industrie 4.0 fest?

Döring:

Man kann in den einzelnen Industrien sehr starke Unterschiede feststellen. Nehmen wir als Beispiel die Automobilbranche: Hier ist man in der Vernetzung sehr weit, häufig werden dort sogar alle möglichen Daten gesammelt – ohne zu wissen, welche Analysen damit möglich sind. Andere Unternehmen stehen hingegen noch ganz am Anfang und haben teilweise noch wenig Connectivity. Es gibt Unternehmen, die haben noch nicht einmal die Möglichkeit der Fernwartung ihrer Maschinen integriert. Man kann in Deutschland also sehr wohl von einer heterogenen Marktlage in Bezug auf IIoT sprechen.

Bislang war HMS in erster Linie als Anbieter von Komponenten für die industrielle Kommunikation bekannt. Was bedeutet die zunehmende Vernetzung von Maschinen für Sie?

Döring:

Wir sind seit über dreißig Jahren im Bereich der industriellen Kommunikation tätig, unterstützen das gesamte Thema der horizontalen Kommunikation zwischen den Maschinen beziehungsweise innerhalb der Anlage mit den traditionellen Feldbussen oder Ethernet. Aufgrund der neuen Thematik geht es nun sehr stark in die vertikale Kommunikation. Wie kann ich die Daten aus meinen Systemen und Anlagen in die IT-Welt übertragen? Damit beschäftigen wir uns schon eine geraume Zeit und bieten hierfür Lösungen an. Aber natürlich ist die Feldbuskommunikation weiterhin eines unserer Fokusthemen.

Dazu passend kommt mir Ihr Slogan „Hardware meets Software“ in den Kopf …

Döring:

Richtig. Unser Ziel ist es, Lösungen zu schaffen, mit denen der Kunde die Connectivity zwischen der Hardware in Richtung Software einfach realisieren kann. Wir sehen uns bei HMS nicht als das Unternehmen, das Software-Tools anbietet. Wir arbeiten hier mit starken Partnern zusammen, die entsprechende Softwareprodukte und Analysetools anbieten und Visualisierungsmöglichkeiten realisieren können.

Das heißt, bei Ihnen steht nicht der reine Verkauf von Komponenten im Fokus, vielmehr sind vermehrt Beratungsleistungen dem Kunden gegenüber notwendig?

Bieber:

Der Verkauf von Komponenten ist nur ein Baustein der Lösung. In den Kundengesprächen dreht sich vieles um die Flexibilität und das Management der IIoT-Plattform auf Cloud-Ebene. Hier ist es wichtig, ein Gesamtbild zu definieren: Wie verbindet man Maschinen, wie geht es auf der Cloud-Ebene mit den Daten weiter, welche Funktionalitäten werden gefordert? In unseren Gesprächen geht es mehr um die passende Lösung als um eine Produktvorstellung. Folglich müssen wir hier die Kommunikation mit dem Kunden anders gestalten als noch vor einigen Jahren.

Wenn der Anwender sich also erste Gedanken über ein Projekt macht, ist es sinnvoll, Sie schon mit an Bord zu holen?

Döring:

Genau. Es gibt verschiedene Stadien der Beratung: Auf der einen Seite kommen Kunden zu uns, die schon die passende Cloud-Lösung für ihr Projekt ausgewählt haben. Hier beraten wir den Kunden dann dazu, wie die Daten aus dem System gewonnen und welche Analysen anschließend auf dieser Basis vorgenommen werden können. Gegebenenfalls lässt sich hier auch schon frühzeitig einer unserer Solution-Partner mit ins Boot holen. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die haben keinerlei Vorstellung, welche Cloud-Lösung für sie passend ist. Hier sieht unsere Beratung folglich anders aus.

Was raten Sie Unternehmen, die sich jetzt zum ersten Mal mit einem IIoT-Projekt auseinandersetzen, wie bringt man dies sinnvoll auf den Weg?

Bieber:

Um IIoT-Projekte erfolgreich umzusetzen, bedarf es mehr als einer technischen Lösung. Die Unternehmensführung muss hier voll hinter der Digitalisierungsstrategie stehen und auch die benötigen Ressourcen und Kostenbudgets genehmigen, sodass hier nicht ein Hobby-Projekt entsteht, was mit niedriger Priorität vorangetrieben wird. Zudem ist es wichtig, schrittweise ein Projekt mit kleinen Zielen aufzusetzen, um schnell erste Ziele und damit Erfolge zu erreichen. Dabei ist es wichtig, die vereinbarten Ziele immer wieder mit dem Auftraggeber zu überprüfen, um festzustellen, ob das Projekt in die angedachte Richtung geht. So lassen sich die Bausteine einzeln validieren und eventuell anpassen. Dabei ist völlig normal, dass bei jedem dieser Schritte neue Herausforderungen auftauchen und die Lösung infrage gestellt wird. Deswegen raten wir auch, gemeinsam mit Partnern diesen langen und komplexen Weg zu gehen.

Döring:

Wenn man den Weg eines IIoT-Projektes gehen will, muss man sich auch immer wieder die Frage nach der Zielsetzung stellen. Hier gibt es zwei grundlegende Ansätze für die Implementierung: Sollen Kosteneinsparungen durch eine höhere Effizienz der bestehenden Systeme erzielt werden oder sollen neue Geschäftsmodelle implementiert werden? Nehmen wir einen Roboterhersteller als Beispiel: Dieser möchte als Service-Modell die Integration von vorausschauender Wartung anbieten, indem er kontinuierlich den Roboter seiner Kunden überwacht und dafür sorgt, dass der Roboter nur sehr kurze Stillstandszeiten hat. Hier kann der Roboterhersteller mit IIoT-Lösungen ein zusätzliches Businessmodell aufsetzen und neben dem Produkt auch Dienstleistungen verkaufen. Einsparungen lassen sich hingegen vornehmen, indem auf Grundlage der aus dem Roboter gewonnenen Daten die Konstruktion oder Antriebe optimiert werden. So lässt sich langfristig bei der Produktion eines Roboters Geld sparen. Das sind unterschiedliche Ansatzpunkte, und darüber sollte man sich bei der Zielsetzung des IIoT-Projekts im Klaren sein.

Laut diverser Studien werden für IIoT-Lösungen circa 30 verschiedene Kompetenzen benötigt, um wirklich zu einer fertigen Lösung zu kommen. Gerade bei deutschen Unternehmen gibt es oftmals die Denke, man müsse alles selbst können und umsetzen, damit das gesamte Wissen im Haus bleibt. Ist es schwer, ein solches Denken aufzubrechen?

Döring:

Dies ist eine schwierige Diskussion. Unternehmen sind meistens der Meinung, dass IIoT-Themen bei Weitem nicht so komplex sind. Die 30 Kompetenzen, die Sie angesprochen haben, nehmen viele auf den ersten Blick nicht wahr. Unternehmen starten oft mit auf dem Markt befindlichen IT-Komponenten und bauen sich eine eigene IIoT-Lösung. Dabei berücksichtigen Sie aber nicht, wie das System später skaliert werden muss oder welche Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden müssen. Und nach einer gewissen Zeit stellen diese Firmen dann fest, dass sie nicht weiterkommen: Denn nur weil eine Lösung für vielleicht zehn Geräte passt, heißt das noch lange nicht, dass diese, weltweit ausgerollt in zig tausendfacher Weise, in Bezug auf hohe Verfügbarkeit, hohe Sicherheitsanforderungen und stabile Connectivity auch noch funktioniert. Deshalb lautet unsere Empfehlung, sich frühzeitig mit Spezialisten in Verbindung zu setzen, um einen Überblick zu erhalten, welche Anforderungen wichtig sind und welche Punkte berücksichtigt werden müssen.

Nun gibt es eine Vielzahl an IIoT-Dienstleistern, die Kunden von Projektbeginn bis zur fertig vernetzten Lösung begleiten. Was zeichnet HMS speziell aus?

Döring:

Wir beobachten, dass viele Unternehmen oder Dienstleister mittlerweile aus der IT-Welt kommen. Diese IT-Firmen vertreten häufig die Meinung, dass sie mit ihren Lösungen die komplette Connectivity bis zum Factory Floor realisieren könnten. Auf dem Factory Floor sind allerdings andere Kommunikationsnetzwerke und -medien vorhanden, die mit der klassischen IT-Welt nichts zu tun haben. Spätestens an dieser Stelle wird es für einen reinen IT-Dienstleister schwierig, eine komplette Lösung zu realisieren. Ihm ist die Connectivity in der Steuerungswelt, an den Feldbussen und im Industrial Ethernet nicht geläufig. Und genau hier ist unser Vorteil: Wir können mit unserem Know-how sowohl IT als auch OT abdecken.

Wie tief steigen Sie in eine Beratung ein?

Bieber:

Wir zielen auf Kommunikationsthemen ab. Welche Daten benötigt der Kunde wo und wie kriegt er diese dorthin? Welche Kommunikationskanäle bieten sich hierfür an, wie lassen sich diese vor Angriffen Dritter schützen? Wir können nicht tief in die Applikation des Kunden einsteigen, das ist nicht unsere Kompetenz. Hier ist das Fachwissen des Kunden gefragt. Auf dieser Grundlage entsteht dann ein interessantes Zusammenspiel: Der Kunde fokussiert sich auf seine Kenntnisse zu seinem Prozess, wir lösen für ihn die Probleme in der industriellen Kommunikation.

Wen müssen Sie für die Umsetzung eines Projektes alles an einen Tisch holen?

Döring:

Grundsätzlich ist es wichtig, die IT-Abteilung frühzeitig mit an Bord zu holen. Die IT-ler sind heute darauf fokussiert, ihre IT-Infrastruktur am Laufen zu halten. Und nun werden sie auf einmal mit Connectivity konfrontiert. Das bedeutet: Andere Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden. Und genau dafür müssen IT-ler sensibilisiert werden. Außerdem darf das Management nicht fehlen. Und wenn es um neue Businessmodelle geht, muss sich auch der Vertrieb an den Gesprächen beteiligen. Nur so kann erörtert werden, ob die angedachten Modelle sinnvoll sind und überhaupt irgendwann zum Tragen zu kommen.

Was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um Maschinenanlagen überhaupt IIoT-fähig zu machen?

Bieber:

Gute Frage. Die wichtigste Voraussetzung ist die Festlegung der Zielsetzung: Was möchte ich erreichen, welchen Mehrwert erziele ich? Hier ist nicht nur der Nutzen für den Maschinenbauer selbst gemeint. Wenn der Hersteller ein IIoT-Projekt mit Daten aus einer Kundenanlage umsetzen möchte, dann muss an allererster Stelle auch der Mehrwert für den Endkunden definiert werden. Die Akzeptanz beim Endkunden ist in diesem Fall die wichtigste Voraussetzung dafür, dass das Projekt auch wirklich Erfolg hat. Um Maschinen und Anlagen IIoT-fähig zu machen, ist es ebenfalls wichtig, die ersten Digitalisierungsschritte lokal aufzusetzen. Denn häufig stellen wir fest, dass es besonders im Bereich der diskreten Fertigung schwierig ist, die Daten aus der Fabrik zu erhalten. Nicht jeder wagt gleich den Schritt Richtung Cloud. Aber auch hierfür bieten wir eine Lösung an.

Döring:

Wir beobachten häufig, dass es zwei Initiatoren für ein IIoT-Projekt geben kann. Manchmal geht die Initiative zu einer IIoT-Lösung von dem Maschinenbauer selbst aus, teilweise ist der Endkunde der Antreiber, da er über standardisierte Kommunikationsmedien Daten aus seinen Anlagen gewinnen möchte. Letztendlich dreht sich auch hier alles um die Frage, wer welchen Mehrwert erreichen möchte.

Wie wichtig schätzen Sie Wireless allgemein ein, welche Bedeutung hat 5G für die Industrie?

Döring:

Das Thema 5G ist ein Thema, mit dem wir uns sehr stark beschäftigen. Wenn man sich heute die Wireless-Lösungen ansieht, die im Markt eingesetzt werden, haben diese größtenteils ihre Limitierungen: beispielsweise in der Geschwindigkeit, Reichweite, Anzahl der Teilnehmer, die ich verbinden kann, und Skalierbarkeit. Ein Echtzeitverhalten ist somit nicht vorhanden. Und diese Nachteile werden aus unserer Sicht mit der 5G-Übertragung komplett eliminiert. Das heißt, 5G ermöglicht als erstes System eine Echtzeitübertragung, die eine Verbindung einer Vielzahl von Geräten auf kleinstem Raum, eine hohe Netzstabilität, hohe Übertragungsraten und verschlüsselte Verbindungen ermöglicht. Diese ganzen Vorteile, die ich heute mit WLAN, Bluetooth oder anderen Wireless-Systemen nicht habe, werden erst mit 5G möglich. Und deshalb sehen wir hier auch ein großes Potenzial, dass in Zukunft Fabriken wirklich mit 5G vernetzt werden, um in Echtzeit zu kommunizieren. Man ist nicht mehr an die Verkabelung einzelner Geräte gebunden, stattdessen kann eine Vielzahl an Sensoren später nachgerüstet und sehr einfach in ein bestehendes Kommunikationsnetzwerk übernommen werden. 5G bietet somit erhebliche Vorteile gegenüber den bestehenden Wireless-Lösungen.

Als wie wichtig schätzen Sie das Thema Standardisierung und damit verbundene Initiativen wie OPC UA ein? Ist es für die Zukunft von Industrie 4.0 wichtig, hier weiter voranzukommen?

Bieber:

Standards sind ein sehr wichtiger Baustein für Industrie 4.0. Ein Großteil der Komplexität von Industrie-4.0-Projekten könnte deutlich reduziert werden, wenn an manchen Schnittstellen mehr Standards definiert werden würden. Als einen wichtigen Standard sehen wir hier OPC UA, der immer mehr in der Fabrikautomatisierung Fuß fasst, um eine nahtlose Kommunikation zwischen den Anlagen zur IT-Ebene zu ermöglichen. Allerdings ist OPC UA nicht der einzige Standard, der für die Implementierung von Industrie 4.0 erwähnt werden muss. Alternative Technologien wie MQTT werden ebenso von anderen Herstellern gepusht. Das bedeutet, auch in Zukunft wird es nicht nur den einen Standard am Markt geben.

Döring:

Aus Kundensicht wäre es mit Sicherheit wünschenswert, wenn es den einen Standard geben würde. Es gibt aber weiterhin verschiedene Bestrebungen in verschiedenen Organisationen, die an unterschiedlichen Themen arbeiten. Und wir bei HMS leben natürlich davon, seit vielen Jahren verschiedene Standards zu unterstützen und den Kunden einen einfachen Weg vorzugeben, wie er diese Standards einsetzen kann. Das ist ein Teil unseres Geschäftsmodells. Und wir gehen davon aus, dass wir damit auch noch in einigen Jahren erfolgreich sein werden.

Viele Unternehmen machen sich beim Thema IIoT Sorgen um die Sicherheit ihrer Daten. Bleibt man in einer Industrie-4.0-Welt noch Herr seiner Daten?

Döring:

Grundsätzlich muss man überlegen, wem die Daten gehören. Das muss zwischen Maschinenbauer und Anlagenbetreiber geregelt werden. Der Hersteller möchte Daten seiner Anlage während des Betriebs gewinnen, um seine Maschine weiter zu optimieren; der Betreiber möchte allerdings nicht, dass der Hersteller auf produktionsrelevante Daten zugreifen kann. Genau hier liegt die Herausforderung: Welche Daten stehen welchem Unternehmen zur Verfügung? In der Cloud liegen die Daten verschlüsselt ab und stehen nur dem Nutzer der Plattform zur Verfügung. Wir als Anbieter von IIoT-Lösungen haben keinen Datenzugriff.

Bieber:

Als technische Lösung bieten wir hier unseren HMS-Hub an; die Datennutzung kann aber auch über unser Edge-Gateway geregelt werden. Es wird anfangs festgelegt, welche Daten in die Cloud des Maschinenbauers gesendet und welche Werte über OPC UA fabrikintern weitergeleitet werden. Hier muss also eine Festlegung zwischen Maschinenbauer und Endanwender erfolgen. Unsere Aufgabe ist hierbei, dass beide den gemeinsam eingeschlagenen IIoT-Pfad vertrauensvoll gehen können. Dazu gehören Themen wie Datenkontrolle und Security.

Gerade in der Prozessindustrie ist der Schutz von Maschinen und Anlagen ein wichtiger Faktor. Wie nehmen Sie Kunden die Angst, dass durch die Vernetzung einer Anlage oder einen Fernzugriff die Maschine nicht gefährdet ist?

Döring:

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um seine Anlage zu schützen. Ein einfaches Beispiel: Man kann einen Fernzugriff auf eine Anlage so realisieren, dass vor Ort aktiv zugestimmt werden muss, um jemanden von außen in die Anlage zu lassen. Bei einem anderen Modell werden ausschließlich Daten gelesen – ohne dass von außen eine Manipulation vorgenommen werden kann. Die Möglichkeiten sind hier vielfältig.

Bieber:

Das Thema Security muss generell im Fokus liegen; unbefugte Angriffe oder Zugänge von außen müssen vermieden werden. Wir unterstützen die Security-Audits von Kunden, wir setzen auf Security-Zertifizierungen für unsere Cloud-Plattform. Wir beauftragen spezielle Sicherheitsdienstleister mit Sicherheitstests an unserer Plattform, somit können wir einen extrem hohen Sicherheitslevel garantieren. So können wir das Vertrauen unserer Kunden gewinnen und ihnen verdeutlichen, dass sie die volle Kontrolle über ihre Daten haben sowie geschützt vor Angriffen von außen sind.

Mit ihren Lösungen setzen Sie ja schon das Konzept der Namur Open Architecture (NOA) um …

Döring:

In der Namur Open Architecture geht es zum einen darum, offene Standards in die Prozesswelt zu bringen, zum anderen steht aber auch der Sicherheitsaspekt im Fokus, indem Systeme von Core-Prozessen separiert werden. Das ist genau der Weg, den die Namur als Vorschlag geht. Und dieser Weg kann vollumfänglich auch mit unseren Systemen realisiert werden.

Bildergalerie

  • „Unser Vorteil gegenüber anderen IIoT-Dienstleistern: Wir können mit unserem Know-how sowohl IT als auch OT abdecken“, sagt Thilo Döring, Geschäftsführer von HMS.

    „Unser Vorteil gegenüber anderen IIoT-Dienstleistern: Wir können mit unserem Know-how sowohl IT als auch OT abdecken“, sagt Thilo Döring, Geschäftsführer von HMS.

    Bild: HMS

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