Fachbeitrag Stromlücken überbrücken


Lücken schließen: Wasserstoffreserven können Energie genau dann freisetzen, wenn sie am dringendsten benötigt wird.

28.02.2013

Das Power-to-Gas-Verfahren speichert Energie, indem es Wasser mit Hilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Elektrolyseure, die gut mit einem volatilen Stromdargebot aus erneuerbaren Energien umgehen können, sind heute in der Entwicklung. Wie sie in einem Kombikraftwerk Stromlücken auffüllen können, soll ein Pilotprojekt zeigen.

Es ist eine Zahl, auf die Deutschland trotz aller Debatten und Unkenrufe stolz sein kann: Erneuerbare Energien leisten hierzulande heute bereits ein Viertel der gesamten Stromproduktion. Doch scheint die Sonne bekanntlich nicht immer über der Republik, und oft herrscht Ruhe vor dem Sturm.

Nichtsdestotrotz will kein Haushalt und kein Unternehmen seinen Stromverbrauch von der allgemeinen Großwetterlage abhängig machen. Kurzum: Energiespeicherkonzepte müssen flexibel auf das Angebot von erneuerbarer Energie reagieren. Soll die Energiewende gelingen, müssen leistungsfähige Stromspeicher entwickelt werden, die den aus erneuerbaren Energiequellen gewonnenen Strom dezentral speichern und bei Bedarf wieder abgeben.

Leistungsfähige Wasserstoff-Elektrolyseure gelten für das Gelingen der Energiewende als eine Schlüsseltechnologie. Diese sogenannten Power-to-Gas-Einheiten nehmen den Stromüberschuss von Photovoltaik-Anlagen und Windparks auf und wandeln ihn klimaneutral in den Energieträger Wasserstoff um. Dieser kann zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt mit Hilfe von Brennstoffzellen oder Blockheizkraftwerken (BHKW) dezentral wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden.

Alternativ kann der Wasserstoff dem Erdgasnetz zugeführt werden - entweder in Reinform als Beimischung von bis zu fünf Prozent oder nach einer sogenannten Methanisierung als synthetisch erzeugtes Erdgas. Damit lässt sich das weit verzweigte Erdgasnetz mit seinen gigantischen Speicherkapazitäten für die Einspeisung von überschüssiger Energie aus Wind- und Solarenergie nutzen. Das würde auch zu einer Entlastung beim Ausbau der Stromtrassen beitragen.

PEM- und alkalische Elektrolyse

Soweit die Theorie. In der Praxis setzen gerade Protonenaustausch-Membran-Elektrolyseure (PEM) in puncto Effizienz und Flexibilität neue Maßstäbe. Diese Geräte spalten Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff mit einem Ausgangsdruck von etwa 30 bar, wobei sich Kapazitäten und Druckniveau von Gerätehersteller zu Gerätehersteller unterscheiden. Neben der alkalischen Elektrolyse ist die PEM-Technologie bei der Speicherung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energiequellen mittels Wasserstoff eine der zukunftsträchtigsten.

Da die Energieerzeugung durch Sonne und Wind naturgemäß schwankend ist, muss ein Elektrolyseur mit Lastschwankungen umgehen können. Hier ist die PEM-Elektrolyse gegenüber der alkalischen Elektrolyse im Vorteil, denn während die alkalische Elektrolyse immer mit einer Grundlast laufen muss, kann die PEM-Elektrolyse gut auf Lastwechsel reagieren und einer wiederholt unterbrochenen Leistungsversorgung besser folgen. Sie arbeitet außerdem im unteren Teillastbereich und kommt so eher mit Temperaturwechseln zurecht. Auch im Kaltstart- und im Start-Stopp-Betrieb, wenn zum Beispiel plötzlich die Sonne scheint oder der Wind stärker weht, erreichen PEM-Elektrolyseure in der Startphase schnell die Betriebstemperatur und wandeln so zugeführte Energie effizient und flexibel in Wasserstoff um.

Aufgrund ihrer höheren Stromdichte sind kompaktere Bauweisen möglich und die PEM-Elektrolyseure sind dadurch fast überall einsetzbar. Im Gegensatz zu der alkalischen Elektrolyse, bei der das Umwälzen der als Elektrolyt dienenden Lauge Verunreinigungen im Wasserstoff verursacht, erzeugt die PEM-Elektrolyse sehr reinen Wasserstoff, der für die meisten Anwendungen nicht nachgereinigt werden muss.

Von der Industrie zum Wohnhaus

Heute kosten PEM-Elektrolyseure mit einer Speicherleistung von 18 Kilowatt noch sechsstellige Euro-Beträge. Aufgrund dieser Kosten kommen Power-to-Gas-Systeme derzeit in erster Linie für industrielle Anwendungen und für den Einsatz in Kombination mit großen Solar- und Windkraftwerken in Betracht. Es fest damit zu rechnen, dass sie mit zunehmender Verbreitung und einsetzender Massenproduktion langfristig auch für die dezentrale Nutzung in Wohnanlagen und Mehrfamilienhaushalten wirtschaftlich werden. Für die kommerzielle Nutzung sind sie schon heute durchaus attraktiv.

Geht man davon aus, dass ein Elektrolyse-System, bestehend aus einem Elektrolyseur, einem Speicher für Wasserstoff und einer Brennstoffzelle, heute über 100.000 Euro kostet, ergeben sich spezifische Strompreise für die Zwischenspeicherung des Stroms von über 1 Euro je Kilowattstunde. Somit ist diese Technologie für Eigenheimbesitzer noch etwa fünf Mal so teuer wie Strom aus der Steckdose. Dass sich das aber schnell ändern kann, hat die Photovoltaik vorgemacht: Hier konnten die Kosten für Anlagen in den letzten zehn Jahren um den Faktor fünf gesenkt werden. Gelingt dies auch bei der Wasserstofftechnologie, könnten Energiespeichersysteme mit dieser Technologie wirtschaftlich in Verbindung mit erneuerbaren Energien selbst in Einfamilienhäusern betrieben werden.

Die kleinen Speicherlösungen, wie sie nun auch vom Bund gefördert werden sollen, sind ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende und liefern wertvolle Erfahrungswerte. Ebenso wichtig sind jedoch innovative Wasserstoff- und Batteriespeicher mit Megawatt- und Gigawatt-Leistungen. Nur große, von den Netzbetreibern auch zentral steuerbare Speicher, ermöglichen zusammen mit einem Netzausbau bei einem zukünftig angestrebten Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energien bis 2050 die flexible Bereitstellung von Sonnen- und Windenergie.

Regionale Kombikraftwerke

Noch stehen PEM-Elektrolyseure, die für eine effiziente Umwandlung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien nötig sind, am Anfang ihrer Entwicklung. Doch die Technologie hat in Verbindung mit regionalen Kombikraftwerken schon heute ein klares Anwendungspotenzial für eine wirtschaftliche Nutzung. Insbesondere die Kombination von Elektrolyse und Biogasanlagen erscheint kurzfristig vielversprechend.

Hierzu plant GP Joule mit dem sogenannten Stromlückenfüller gerade ein erstes Pilotprojekt. Dabei wird Wasserstoff zusammen mit dem Biogas einer Biogasanlage im Verbrennungsmotor eines Blockheizkraftwerks wieder verstromt. Dafür kommt ein Generator mit einem Effizienzgrad von mehr als 40 Prozent zum Einsatz. Der Strom aus solchen regionalen Kombikraftwerken kann anschließend entweder vor Ort verbraucht oder aber in die Stromnetze eingespeist werden. Die Restenergie mit einem Wirkungsrad von 40 bis 60 Prozent steht in dieser Kraft-Wärme-Kopplung wiederum als nutzbare Wärme für Heizzwecke zur Verfügung und nutzt die bereits bestehende Wärmeinfrastruktur optimal.

Gerade in Regionen, in denen die Netzkapazitäten bei erhöhtem Wind- oder Sonnenaufkommen ausgereizt sind und es häufig zu Abschaltungen kommt, leisten regionale Kombikraftwerke mit „intelligenten“ Speicherlösungen also einen entscheidenden Beitrag zu einer effizienteren und steuerbaren Nutzung von erneuerbaren Energiequellen und damit zum Gelingen der Energiewende.

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