Fachbeitrag Sparen bei der Extrusion

04.06.2013

Energiemanagementsysteme bieten nicht nur die Voraussetzung für den sogenannten Spitzenausgleich, sie verbessern auch die Wettbewerbsfähigkeit. Grundlage dafür ist eine entsprechende Zertifizierung nach DIN EN ISO 50001.

Um die Position deutscher energieintensiver Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu stärken, hat die Bundesregierung den sogenannten Spitzenausgleich eingeführt. Damit können die Energie- und Stromsteuern um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Voraussetzung dafür ist die Einführung eines zertifizierten Energiemanagementsystems sowie die kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz: von 2013 bis 2015 um jährlich 1,3 Prozent, ab 2016 um 1,35 Prozent. Unternehmen wird eine zweijährige Übergangsfrist für die Zertifizierung eingeräumt, um in diesem und dem kommenden Jahr ein entsprechendes System einzuführen. Spätestens bis Ende 2015 muss das System erfolgreich implementiert sein.

Der Kunststoffverarbeiter Simona hat bereits jetzt ein System nach DIN EN ISO 50001 eingeführt. Das Unternehmen zählt mit einer Jahresproduktion von 100 000 Tonnen zu den führenden Anbietern von thermoplastisch extrudierten Halbzeugen, Rohr- und Formteilen sowie Fertigteilen für Industrie, Ver- und Entsorgung, Mobilität und Life Sciences. Mit der Einführung des Energiemanagements sollte aber nicht nur die Voraussetzung für den Spitzenausgleich geschaffen werden, Ziel war auch eine umfassende Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Produktionskosten sollten langfristig gesenkt, Innovationen gefördert und die Lebensdauer betrieblicher Systeme verlängert werden. Dafür bietet ein Energiemanagementsystem eine gute Grundlage, da es transparent sämtliche Produktions- und Verbrauchsdaten bereitstellt.

Iterativer Verbesserungsprozess

Um die Energiedaten systematisch zu erfassen, hat Simona in entsprechende Messstellen für die Bereiche Strom, Gas, Dampf, Druckluft und Treibstoff investiert; die Auswertung erfolgt IT-gestützt. Ehemals wurden in Einzelfällen Verbrauchzahlen manuell in einer Tabellenkalkulation erfasst und anschließend in das System eingepflegt. Zur Verbesserung der Datenqualität und um Übertragungsfehler zu vermeiden, wurde dieser Prozess automatisiert und somit das Verbauchs-Controlling vereinfacht. Technische Fehler lassen sich früh erkennen und Präventivmaßnahmen einleiten. Die Auswertung der Verbrauchs- und Produktionskennzahlen weist auf Potenziale hin. Kostensenkend wirkt sich die Einführung eines Lastspitzen-Regelungssystems aus, mit dem hohe Stromspitzen vermieden werden.

Die Systemeinführung beim Kunststoffverarbeiter ist keine singuläre Maßnahme, sondern der Startpunkt für einen kontinuierlichen und umfassenden Verbesserungsprozess gemäß des Plan-Do-Check-Act-Prinzips. Maßnahmen zur Steigerung der Energie-effizienz werden nach der Einführung bewertet und der Prozess startet von vorn. Über die Vorgaben zum Erhalt des Spitzenausgleichs hinaus hat sich Simona zum Ziel gesetzt, während der nächsten drei Jahre jährlich 1,5 Prozent des Energiebedarfs einzusparen. Dazu sollen die intern eingesetzten Datenerfassungs- und Messsysteme weiter ausgebaut werden. In regelmäßigen internen Audits überprüfen unternehmseigene Experten die Wirksamkeit des neuen Systems, um dessen konsequente Weiterentwicklung sicherzustellen.

Analysen vor dem Audit

Vor dem Audit durch Tüv Süd wurden bei Simona umfassende Screening-Analysen hinsichtlich Energiebezug und -einsatz vorgenommen. Bewertet wurden neben dem Kernprozess - dem Extrudieren und anschließendem Pressen des Kunststoffgranulats - auch die im Unternehmen eingesetzten Spritzgießmaschinen, Temperöfen, Kältemaschinen und Kesselanlagen. Da als Energieträger neben Strom auch Gas, Dampf und Druckluft eingesetzt werden, ist der Grad der Komplexität besonders hoch. Zusätzlich zum Produktionsprozess wurden auch die nachgeschalteten Logistikprozesse im Hochregallager, der Treibstoffverbrauch der Gabelstapler sowie der Strombedarf der Verpackungsanlagen und Fördersysteme analysiert.

Welche Anforderungen das Unternehmen bereits erfüllt, prüften die Tüv-Auditoren durch eine Vorbeurteilung, zu der auch eine Standortbesichtigung zählte. Während der ersten Stufe des Audits stand die systemkonforme Dokumentation im Fokus der Bewertung. Die Auditoren nahmen in Stufe zwei die Zertifizierung vor: anhand des Abgleichs der Ziele, Kennzahlen, Prozesse und Daten des Unternehmens sowie anhand des Wissens und der Qualifikation der Mitarbeiter mit Blick auf den Umgang mit Energie.

Erfolgreiche Zertifizierung

Als alle Anforderungen erfüllt wurden, bescheinigte die Zertifizierungsstelle von Tüv Süd Management Service, dass Simona ein System nach DIN EN ISO 50001 eingeführt hat und anwendet. Das Zertifikat gilt für drei Jahre, danach muss eine Re-Zertifizierung erfolgen. Begonnen hatte Simona sein Vorhaben noch nach DIN EN 16001, diese Norm wurde 2011 durch die DIN EN ISO 50001 abgelöst, die vor allem die Verantwortung des Top-Managements stärker betont und die Ausweitung des betrieblichen Vorschlagswesens vorsieht. Während der Umstellung auf die neue Norm erhielten die Simona-Energiemanager die Berechtigung, auf alle relevanten Energiedaten zuzugreifen. Außerdem wurden die Prozesse zur Dokumentenlenkung angepasst, um eine detaillierte Nachverfolgung der Dokumentenhistorie zu gewährleisten.

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