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Verpackung & Kennzeichnung So flexibel wie der Mensch

Richtig anfassen: 3D-Scanner spielen bei den Verpackungsmaschinen von Gerhard Schubert eine wichtige Rolle.

Bild: Yvonne Montini, Stefan Skrziepietz, Frieder Daubenberger
12.05.2016

Das Unternehmen Gerhard Schubert kann auf 50 Jahre Tradition in der Herstellung von Verpackungsmaschinen zurückblicken. Im Gespräch mit P&A erklärt Gerald Schubert, welche Firmenkultur und Produktphilosophie das Unternehmen stark machen.

Der Verpackungsmaschinenhersteller Gerhard Schubert wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Quasi als verfrühtes Geburtstagsgeschenk hat das Unternehmen im Herbst die neue Montagehalle in Crailsheim in Betrieb genommen. Der 12.000 Quadratmeter große Neubau mit einer Investitionssumme von 16 Mio. Euro dient neben der zusätzlichen Fläche einer bestehenden Halle nun der Endmontage von TLM-Verpackungsmaschinen. Die 750 Mitarbeiter erwirtschafteten im vergangenen Jahr 174 Mio. Euro, in den vergangenen zwei Jahren investierte die Unternehmensgruppe 44 Mio. Euro – davon allein 30 Mio. Euro in den Verpackungsmaschinenbau in Crailsheim.

Schon früh war das Unternehmen, das sich heute selbstbewusst als „Marktführer auf dem Gebiet der digitalen Verpackungsmaschinen“ sieht, digital unterwegs. „Wir waren Ende der 70er-Jahre die ersten weltweit, die digitale Verpackungsmaschinen gebaut haben“, erklärt Gerald Schubert, geschäftsführender Gesellschafter Verkauf, der zusammen mit seinem Vater Gerhard, seinem Bruder Ralf und dem kaufmännischen Geschäftsführer Peter Gabriel das Unternehmen führt. So sorgten die Schuberts bereits 1981 auf der Interpack mit einem Roboter-Prototypen für Schlagzeilen. „Die Messebesucher, für die das ja alles neu war, haben teilweise darüber gelacht, weil sie nicht wussten, was sie davon halten sollten.“

Zumindest den Mitbewerbern dürfte das Lachen bald vergangen sein, denn mit ihrem frühen Start in die digitale Verpackungswelt haben sich die Crailsheimer einen Wettbewerbsvorteil gesichert, der, bis heute anhält. „Wir hatten Jahre mit bis zu 40 Prozent Wachstum und es hat in der Tat rund ein Jahrzehnt gedauert, bis andere eben denselben Weg beschritten haben wie wir“, berichtet Gerald Schubert.

Eher bodenständig gibt sich Gerald Schubert bei Produktentwicklung und -management. So richtig verschätzt, sagt er, habe man sich bei einer Entwicklung noch nie, allenfalls die Tragweite eines Produkts zu hoch geschätzt. „Wir laden nicht Unternehmensberater ein, sondern verlassen uns eher auf unsere Erfahrung, unser Bauchgefühl und die Gespräche mit den Kunden, wenn es um neue Entwicklungen geht. Und damit sind wir bisher immer gut beraten gewesen.“

Dass einige Unternehmen sich sehr nah an den Produkten von Gerhard Schubert orientieren, auch Ideen kopieren, sieht Schubert im Übrigen eher sportlich: „Wenn andere Firmen uns kopieren, dann freut uns das, weil es ein Zeichen dafür ist, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Als Marktführer sei es sogar schwieriger, innovativ zu sein, meint Schubert. "Da wir jedoch oft neue Aufgabenstellungen als erste erkennen, lösen wir das eben selbst, so wie wir es schon früh von unserem Vater gelernt haben."

Standort Deutschland kein Hindernis

Und diese Fairness ist auch ein Teil der Firmenphilosophie, die man herausstellt. Die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist gering, selbst in Krisenjahren wie 2008/2009 setzte man nur behutsam den Rotstift an und konnte ohne Entlassungen über die Krise kommen. Umgekehrt sei man, so Schubert, zwei Jahre später dann wieder froh gewesen, dass man noch alle dabei hatte. Das Gros der Mitarbeiter ist seit vielen Jahren an Bord, teilweise ein ganzes Berufsleben. 60 Lehrlinge arbeiten im Unternehmen. Der Firmenstil gilt als familiär und vertrauensvoll. Bis 2020 wolle man 1000 Teilmaschinen im Jahr fertigen, heute sind es rund 650, die jährlich die Werkshallen verlassen.

Der teure Standort Deutschland stellt dabei laut Schubert kein Problem für das Unternehmen dar – aufgrund des hohen Know-how-Niveaus der Mitarbeiter eher im Gegenteil. „Wir sind glücklich hier am Standort Deutschland und denken, dass wir diesen Grad an Automatisierung nicht realisieren könnten, wenn wir uns verzetteln und weltweit produzieren würden.“ Man messe – darin verlässt man sich nicht aufs Bauchgefühl – wie viele Arbeitsstunden das Unternehmen pro 1.000 Euro Umsatz einsetzt. Und da der Wert seit Jahren stetig nach unten gehe, habe man es die letzten Jahren immer geschafft, die steigenden Lohnnebenkosten durch einen höheren Grad an Effizienz und Automatisierung zu kompensieren.“

Auch wenn Schubert sein Werk in Crailsheim als „Herz des Unternehmens“ darstellt, hat sich über die letzten Jahrzehnte ein beachtliches Netzwerk rund um das Headquarter gebildet: eine Teilefertigung auf der Schwäbischen Alb, Schubert Systemelektronik in Tuttlingen, Vertriebs- und Serviceeinheiten in den USA und Englang, in Italien und Frankreich sowie Schubert Packaging Systems für komplette Verpackungsanlagen und als Beratungsdienstleister. Im Beratungsgeschäft ist die Schubert-Pharma-Tochter erfolgreich unterwegs.

Dogma: Standardisierung der Produktion

Ein Erfolgsgeheimnis von Gerhard Schubert ist eine radikale Standardisierung bei den Baugruppen, eine Vereinfachung und Variantenreduzierung. „Die Reduktion der Mechanik bei gleichzeitiger Steigerung der Flexibilität der Maschinen, ist unser Ziel. Wir haben nur sieben Baugruppen, die wir in hohen Stückzahlen fertigen. Und wir arbeiten daran, dass die Konstruktion einer typischen Maschine nicht mehr im Schnitt sechs Wochen braucht, sondern in wenigen Stunden möglich ist.“
Auch bei der Fertigung von Ersatzteilen träumt Schubert von Einfachheit. „Im Idealfall könnte es in ein paar Jahren so sein, dass ein Monteur mithilfe eines 3D-Druckers bestimmte Teile auf der Fahrt zum Kunden im Kofferraum herstellen kann.“

Die Philosophie dahinter: Das Flexibelste ist der Mensch und der verfügt über eine ganz einfache Mechanik, ist intelligent und wechselt die Werkzeuge – das sei genau das, was das Unternehmen mit seinen Maschinen auch mache. Unterm Strich könne man dem Kunden trotz hohen eigenen Entwicklungsaufwendungen durch diese Einfachheit niedrigere Lifecycle-Kosten bieten. Ein Kunde kann, wenn er heute eine Maschine erwirbt, diese in einigen Jahren umrüsten und für neue Verpackungen und Aufgabenstellungen fit machen – ein Vorteil, der mit klassischen Verpackungsmaschinen mit hohen sunk costs nicht realisierbar ist. „Bei uns benötigt er oft lediglich einen neuen Werkzeugsatz und kann weiterhin über Jahre produzieren.“

Warum man bei Schubert auf die Philosophie der einfachen Mechanik setzt, erklärt Gerald Schubert so: „Unser Vater ist Mechaniker. Er hat schon in den 80er-Jahren gesagt ‚wenn wir einen Roboter bauen, dann muss der so einfach sein, dass es keinen Informatiker oder Elektroingenieur braucht, um den zu programmieren‘.“ Und da es das auf dem Markt nicht gab, habe man die Steuerung selbst entwickelt.

Heute sieht er die einfache Bedienung und Umrüstung von Maschinen noch aus einem anderem Grund als wichtig an. In einigen Märkten, etwa in den USA, sei die Fluktuation des Personals weiter verbreitet und das Personal oft weniger ausgebildet als in Deutschland. Dadurch sei es für die Unternehmen ungleich schwerer, Mitarbeiter zu finden, die mit einer komplexen Maschine arbeiten könnten. „Es muss einfach sein, mit einem ausgeklügelten Diagnosesystem Fehler an der Maschine zu beheben und Teile vorbeugend nachzubestellen.“

Selbstständig umrüstende Maschinen

Auch dem allgegenwärtigen Trend hin zur Losgröße 1 trägt das Unternehmen Rechnung und bietet beispielsweise Maschinen an, die sich vollautomatisch umrüsten. „Wie weit das geht, lässt sich heute noch nicht absehen, aber sicher ist, dass die Unternehmen vor allem bei Konsumprodukten immer kleinere Chargen verpacken wollen, immer schneller umrüsten müssen.“ Und anders als in der Vergangenheit, als Gerhard Schubert auf Sekundärverpackungen spezialisiert war, kommen inzwischen immer mehr auch Primärverpackungen hinzu, ebenso Verpackungslinien, die bei anderen Herstellern typischerweise aus mehreren Verpackungsmaschinen bestehen würden.

Eine besondere Rolle spielen für Schubert das Transmodul, das schienenbasierte Transportsystem sowie 3D-Scanner als Bilderkennungssystem. Hier reichen die ersten Entwicklungen bis Mitte der 80er-Jahre zurück. Heutzutage erkennen die Scanner nicht nur Oberfläche, Form und Lage, sondern auch das Volumen. „Ein Greifarm greift dann in Sekundenbruchteilen mithilfe eines Algorithmus das nächstliegende Objekt heraus und verpackt es in die bereitstehende Verpackung oder oder auf das Gruppierer-Transmodul. Dabei arbeiten, je nach Anlage, zwischen zwei und 50 Roboter zusammen, ohne zu kollidieren oder sich gegenseitig zu stören.“ Auch hier findet derzeit eine Optimierung statt, die mehr Greifarme auf demselben Platz und dadurch eine Platzersparnis ermöglichen soll.

Virtualisierung mit „digitalem Zwilling“

Für die Zukunft sieht sich das Unternehmen gut gerüstet: „Wir verfügen über das Know-how und die Erfahrung, sind spezialisiert auf Endverpackung und Top Loading“, erklärt Schubert selbstbewusst. „Einen Roboter, eine Steuerung und ein optisches Erkennungssystem zusammenkaufen, das kann jeder. Aber bei der Peripherie, der anwendungsspezifischen Montage und nicht zuletzt dem ganzheitlichen Service, trennt sich die Spreu vom Weizen.“

In Zukunft wolle man das Zeitfenster von der Kaufentscheidung bis zur Inbetriebnahme auf ein Viertel reduzieren. Möglich wird das mit einem digitalen Zwilling, den es von jeder Maschine geben soll. „Das Projekt unter dem Namen 'digitaler Zwilling' treibt mein Bruder Ralf, der Informatiker der Famile, persönlich voran", erklärt Schubert, will aber Details noch für sich behalten. Doch klar ist bereits anhand des Projektnamens: Es dürfte um virtuelle Versionen von Maschinen gehen, die bereits vor ihrer physischen Existenz getestet, konfiguriert und programmiert werden können. Und auch hier wäre Schubert anderen Marktbegleitern wiederum einige Schritte voraus.

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  • 650 TCM-Teilmaschinen verlassen pro Jahr die Produktionshallen bei Gerhard Schubert in Crailsheim.

    650 TCM-Teilmaschinen verlassen pro Jahr die Produktionshallen bei Gerhard Schubert in Crailsheim.

    Bild: Frieder Daubenberger

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