Elektronik, die in herkömmlichen Papierrecyclingverfahren entsorgt und sogar recycelt werden kann? Genau das ist das Ziel des EU-Projekts CircEl-Paper. Dafür werden funktionale Leiterplatten auf der Basis von Papiertechnologie entwickelt. Schon seit Jahren besteht großes Interesse an einer Lösung, die eine nachhaltige und kosteneffiziente Kreislaufwirtschaft auch für die Elektronik ermöglicht.
Forschungsansätze dazu gab es bereits, doch bisher wurde das noch nicht für komplexe Geräte und in einem großen komplementären Konsortium, das den kompletten Produktionsprozess abbilden kann, untersucht. Wenn der gesamte Lebenszyklus einer Leiterplatte berücksichtigt wird, kann das Projekt enorm positive Auswirkungen haben.
Verschiedene Materialien verkomplizieren Recycling
Das Recycling im Allgemeinen ist – zumindest in der EU – bereits gut etabliert, insbesondere für Papier. Beim Recycling von Elektroschrott gibt es jedoch noch erhebliche Defizite: Von den 12 Millionen Tonnen Elektroschrott, die 2019 in Europa anfielen, wurden nur 42 Prozent ordnungsgemäß gesammelt und recycelt, wie unter anderem aus den Berichten des Weltwirtschaftsforums hervorgeht. Weltweit wurden sogar 53 Millionen Tonnen produziert und nur etwa 17 Prozent des Abfalls wurden nachweislich gesammelt und ordnungsgemäß entsorgt, so der Global E-Waste Monitor 2020.
Und selbst wenn Elektroschrott im Recyclingprozess landet, gibt es noch ein weiteres Problem: In fast allen elektronischen Produkten sind elektronische Leiterplatten (PCBs) verbaut, die Sensoren, Chips, Kondensatoren, Widerstände und mehr enthalten. Diese Leiterplatten bestehen aus einem Glasfaser-verstärkten Kunststoff, kupferbasierten Schaltkreisen und verschiedenen Metallen. Da die Leiterplatten aus so vielen verschiedenen Materialien bestehen, ist ein vollständiges Recycling sehr komplex und teuer.
Das von den Verbrauchern am besten akzeptierte Recyclingverfahren findet sich beim Altpapier. Es ist auch eines der bewährtesten Recyclingverfahren. Um die Recyclingquote von elektronischen Bauteilen zu erhöhen, ist daher der Weg über das Papierrecycling am vielversprechendsten. Ziel des Projekts CircEl-Paper ist es, herauszufinden, ob und wie dies möglich ist, ohne die Leistung der Elektronik zu beeinträchtigen.
Papierbasierte Leiterplattentechnologie soll Abhilfe schaffen
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu recycelbaren Leiterplatten ist der Ersatz des weit verbreiteten Glasfaser-Polymer-Verbundmaterials FR4 durch ein Papiersubstrat. Für den ökologischen Fußabdruck würde dies eine Reduzierung der CO2-Äquivalente um bis zu 60 Prozent bedeuten. In einem vor zwei Jahren abgeschlossenen EU-Projekt wurden Papiere, Druckverfahren und verschiedene Funktionsmaterialien identifiziert, die sich für die Herstellung von gedruckter Sensorik auf Papiersubstraten auch in größerer Menge eignen.
Das neue Projekt CircEl-Paper geht hier einen großen Schritt weiter, sowohl was die Anwendungsmöglichkeiten als auch was die Betrachtung des gesamten Prozesses betrifft. Um die Leiterplattentechnologie in die Kreislaufwirtschaft zu überführen, wird jeder einzelne Prozessschritt untersucht. Darüber hinaus werden alternative Ansätze entwickelt, um den Anteil an Materialien zu erhöhen, die recycelbar, biobasiert, auf Sekundärrohstoffen basierend oder zumindest unbedenklich für die Umwelt sind.
Anhand von drei Anwendungsfällen aus den Bereichen Medizin, Logistik und Unterhaltungselektronik demonstriert das CircEl-Paper-Projektteam die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der papierbasierten Leiterplattentechnologie: Ein medizinischer Sensor zur Messung des Blutzuckerspiegels auf der Haut, eine Verpackung mit integriertem Zeit-Temperatur-Indikator (TTI) oder Grußkarten, die Musik abspielen, veranschaulichen die Leistungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Technologie.
Das internationale Konsortium, das seit September 2022 an dem Projekt arbeitet, deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab. Beteiligt sind namhafte Forschungseinrichtungen, akademische Partner und Produktionsunternehmen: das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung als Projektkoordinator, Joanneum Research in Österreich, das schwedische Forschungsinstitut RISE, der italienisch-französische Papierhersteller Fedrigoni, der französische Druckfarbenhersteller VFP Ink Technologies, der Leiterplattenhersteller Malmö Mönsterkort (MMAB Group) in Schweden sowie Grenoble INP, Graduate schools of Engineering and Management, University Grenoble Alpes.