Ein typischer Tag in der Schokoladenproduktion hat mit süßem Leben wenig zu tun: in die Produktion laufen, Messwert ablesen und aufschreiben, zur nächsten Messstelle gehen, wieder aufschreiben – und dann zur nächsten. Zurück an den Computer, alles in ein System eintippen. Einen Bericht von diesem System ausdrucken und in ein anderes System zur Weiterverarbeitung übertragen. So oder so ähnlich läuft es in der Bestandsverwaltung ab. Denn oft hat man bei der Planung der Prozessautomatisierung logistische Anforderungen nicht berücksichtigt. Es gestaltet sich dann umständlich, wenn man dennoch an Prozessinformationen gelangen will. Ganz schön bitter. Ein renommierter Schokoladenhersteller aus Belgien wollte das abstellen. Zusammen mit Endress+
Hauser hat er seine Bestandsverwaltung optimiert.
Der Schokoladenhersteller mit langer Tradition ist bekannt für seine kunstvoll geformten Pralinen. Für die werden nur feinste Zutaten verwendet, wie etwa hundert Prozent reine Kakaobutter oder Haselnüsse aus den besten Ernten. Diese wertvollen Zutaten müssen zuverlässig verfügbar sein und rezeptabhängig präzise zugegeben werden. Der Aufwand zur Produktionsplanung und Bestandsverwaltung ist recht hoch, da in der Herstellung viele Schritte manuell ablaufen. Auch die geplante Nachrüstung schien zunächst sehr aufwendig.
Ungefähr 50 Vorratsbehälter für Rohmaterialien und Zwischenprodukte, verteilt auf mehr als 25 Hektar, enthalten bereits Füllstandmessungen unterschiedlicher Hersteller. Die Daten werden in dezentralen, voneinander unabhängigen Steuerungssystemen erfasst. Für ein mögliches Bestandsmanagementsystem ist es schwierig an diese Informationen heranzukommen.
Auf Bestandsinformationen ohne Aufwand zugreifen
Mit der WirelessHart-Lösung von Endress+Hauser kann jedoch auf eine aufwendige Verkabelung verzichtet werden. Das System besteht aus den WirelessHart-Adaptern SWA70 und dem WirelessHart-Fieldgate SWG70 als zentralem Zugangspunkt zum drahtlosen Netzwerk. Die Adapter montierte man entweder direkt an den Messstellen oder etwas abgesetzt davon. Die abgesetzte Montage ist bei derartigen Installationen nicht nur dann sinnvoll, wenn direkt an der Messstelle der Platz nicht ausreicht. Oft kann man damit auch die Funkverbindung verbessern.
Da jeder Adapter als Empfänger und Sender arbeitet, können auch Signale von Adaptern weitergeleitet werden, die keine direkte Funkverbindung zum Gateway aufbauen können. Das vermaschte Netzwerk vereinfachte die Installation wesentlich. Der WirelessHart-Adapter kann sowohl den Schleifenstrom messen, als auch das überlagerte Hart-Signal auslesen, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Gerät von Endress+Hauser oder von anderen Herstellern handelt. So wird heute bei dem belgischen Produzenten nicht nur der eingestellte Prozentwert der Füllstandhöhe, sondern auch die tatsächliche Füllmenge der Zutaten in Kilogramm oder Liter erfasst.
Nach der Installation waren die Adapter zu konfigurieren: Die Identifikation und die Schlüssel des Gateways waren einzugeben, dann wurde automatisch das drahtlose Netzwerk aufgebaut, Kommunikationspfade und Zeitfenster festgelegt sowie den Messwerten ein Modbus-Register zugeordnet.
Bestandsverwaltung integriert
Für die Füllstandsdaten setzt der Schokoladenhersteller die Software SupplyCare von Endress+Hauser ein. Die Daten werden aus dem WirelessHart-Gateway via OPC von SupplyCare abgefragt. Mit SupplyCare können sämtliche Bestände zu jeder Zeit einfach visualisiert und eingesehen werden, dank des Zugriffs über Webbrowser von jedem Ort aus. Produktions- und Schichtleiter nutzen daher nun alle eine gemeinsame Datenbasis. Auf der können neue, effiziente Geschäftsprozesse entstehen.
Über den Bestandsverlauf und die Prognose sowie einen Vergleich der aktuellen Daten in SupplyCare mit den berechneten Werten aus SAP kann der Produktionsleiter Aussagen über die Genauigkeit der Produktionsplanung ableiten. Er kann damit einfach nachverfolgen, wie viel von welchen Zutaten benötigt wurden und somit die Bestellung der Zutaten wesentlich bedarfsgerechter vornehmen.
Entscheidend für den Erfolg des Projekts war die enge Zusammenarbeit zwischen dem Anbieter der Wireless-Technik und dem Hersteller der Schokoladenpralinen. In mehreren Workshops ermittelten die Mitarbeiter beider Firmen gemeinsam, wie das eigentliche Ziel aussehen sollte und welche Lösung dafür zu entwickeln war. In einem ersten Ansatz entstand daraus die drahtlose Übertragung und SupplyCare als zentrale Datenbasis.
Notfall-Lieferungen können vermieden werden
In einem weiteren Schritt können zukünftig die Bestandsdaten und Auswertungen direkt in SAP integriert werden, sodass weitere Schnittstellen entfallen und Aufwand gespart wird. Dann kann man beispielsweise automatisch Bestellvorgänge in Abhängigkeit von den Beständen und dem Auftragseingang auslösen.
Durch die neue Bestandsverwaltungssoftware SupplyCare hat sich der manuelle Aufwand fast um die Hälfte reduziert. Noch wichtiger ist die Genauigkeit der drahtlos gewonnenen Informationen über die Vorräte. Ebenfalls ein großer Vorteil ist, dass nun jeder Mitarbeiter des Pralinenherstellers Zugriff auf die gleichen Informationen hat. So können die Mitarbeiter fehlerhafte Entscheidungen vermeiden. Zum Beispiel wurden Notfall-Lieferungen komplett reduziert.
Mit optimierten Preisen in neue Märkte
Auch die Kosten durch optimale Ausnutzung der Vorräte konnten bedeutend reduziert werden. Jedes Jahr können dadurch beträchtliche Beträge eingespart werden. Zusätzlich kann man nun durch die genaue Zuordnung von Verbrauchswerten die Preise optimieren und dadurch neue Märkte erschließen. Mit WirelessHart fiel die Entscheidung zur Optimierung durch die verhältnismäßig einfache Erweiterung der bestehenden Infrastruktur.
